Der Ausblick für Emerging-Markets-Anleihen ist zweifellos nicht mehr derselbe. Trumps Wahlsieg hatte einen flächendeckenden Ausverkauf zur Folge, Währungen werteten ab, die Unsicherheit an den Märkten stieg deutlich. Zerbrechen werden EM-Anleihen an Trump jedoch nicht: Die Volkswirtschaften wachsen weiterhin stark, die Produktionsindizes des verarbeitenden Gewerbes steigen, und viele Schwellenländer stehen insgesamt besser da als bei früheren Ausverkäufen.

Die weitere Entwicklung lässt sich dennoch nur schwer vorhersagen, solange wir nicht wissen, was Trump im Amt tun wird und welche seiner Wahlkampfversprechen tatsächlich ernst gemeint sind. Die Märkte sind noch damit beschäftigt, den deutlichen Anstieg der Renditen auf US-Staatsanleihen zu verdauen, sodass EM-Papiere kurzfristig weiterhin Zinsschwankungen ausgesetzt sein werden. Viele Papiere scheinen durch den Ausverkauf nach den Wahlen günstig, allerdings ist in den Kursen die derzeitige Ungewissheit eingepreist - vor allem in Bezug auf Handelsabkommen. Der Staub wird sich irgendwann ebenso legen wie Trumps schrille Rhetorik - sein Ziel hat er schließlich erreicht.

Trotzdem zeigt sich hier und da auch der Hardliner Trump. Während die mexikanischen Maurer noch Däumchen drehen, macht Präsident Trump Ernst mit seiner Ankündigung, aus dem Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership (TPP), eines der wichtigsten Projekte Obamas, auszusteigen.

Die Pull-Faktoren der Schwellenländer sind nach wie vor intakt, auch im kommenden Jahr wird die Wirtschaft wachsen. Die Risikoaufschläge der Indizes für Staatsanleihen in Hartwährung liegen rund 100 Basispunkte über dem Niveau von Mitte 2013 - bevor die Zentralbanken zum "Tapering" ansetzten. Wenn die externen Risiken abklingen, dürften EM-Papiere daher auch wieder Käufer finden.

Andererseits haben sich EM-Währungen unter der Last des schwächeren Wachstums und der Aufwertung des US-Dollar in den vergangenen fünf Jahren weitestgehend angepasst. Aufgrund der derzeitigen Währungsschwäche sind kurzfristige Zinssenkungen weniger wahrscheinlich - jedoch sollte die Aussicht auf Zinssenkungen in Ländern wie Brasilien, Argentinien und Russland nicht völlig ad acta gelegt werden.

Russland hat den zusätzlichen Vorteil einer spürbaren Entspannung der Beziehungen zu den USA. Länder wie Brasilien oder Indien konnten ihr Leistungsbilanzdefizit seit den Tagen der "Fragilen Fünf" im Jahr 2013 deutlich reduzieren und ihre Defizitfinanzierung erheblich verbessern. Sollte Trump mit seiner Handelspolitik Mexiko und China ins Visier nehmen, wären diese Länder kaum betroffen. Daher sollte die anhaltende Währungsschwäche den Einstieg besonders bei solchen Währungen attraktiv machen, die unverschuldet in Trumps Handelskriege hineingezogen wurden.

Allerdings bestehen weiterhin Risiken. Sollte das US-Finanzministerium China auf Trumps Anweisung hin als Währungsmanipulator brandmarken lassen, könnten bestimmte Währungen weiter in Mitleidenschaft gezogen werden. Die chinesische Regierung würde dann bei der Festsetzung des Wechselkurses mehr Markteinfluss zulassen, eine Abwertung als Folge wäre unvermeidlich.

Eine wichtige Rolle wird auch das Wirtschaftswachstum in China spielen, das bisher stabil ist und bis zum Parteitag im Oktober 2017 auch bleiben dürfte. Bisher ist noch immer unklar und wird aufmerksam verfolgt, ob Trump Handelszölle gegen China verhängt. Sollte es tatsächlich so weit kommen, ist allerdings mit deutlich geringeren Zöllen als den im Wahlkampf versprochenen 45 Prozent zu rechnen. EM-Anleihen haben schon in der Vergangenheit viel durchgemacht und werden auch den jüngsten Schock überleben - auch wenn dieser eine gewisse Zeit anhalten dürfte. Es ist mit weiteren Drehungen und Wendungen zu rechnen. Anleger sollten jedoch die Chancen, die sich dabei ergeben, nicht außer Acht lassen.

Kevin Daly ist als Fondsmanager auf Schwellenländer-Anleihen spezialisiert. Bevor er 2007 zu Aberdeen kam, arbeitete er zehn Jahre für die Ratingagentur Standard & Poor’s in London und Singapur. Aberdeen Asset Management ist ein globaler Asset Manager, der seit 1991 an der London Stock Exchange gelistet ist. Aktuell verwaltet das Unternehmen mit mehr als 2700 Mitarbeitern ein Vermögen von rund 361 Milliarden Euro.