Rutscht der DAX bald wieder in einen Bärenmarkt? Wir verraten, worauf Anleger jetzt achten müssen und was kommende Woche bei Aktien und an der Börse wichtig wird.

Nach den Zinsentscheidungen der großen Notenbanken dürfte sich der Blick der Aktienanleger wieder auf die Lage der Wirtschaft richten. Signale der US-Notenbank auf eine längere Phase mit hohen Zinsen hatten den Börsen in der alten Woche zugesetzt: der DAX verlor bei einem Stand von rund 15.560 Punkten mehr als zwei Prozent. Von seinem Ende Juli erreichten Allzeithoch trennen den deutschen Leitindex damit rund 1000 Punkte.

Doch Experten zufolge könnten die Anleger nach dem ersten Schreck wieder Mut schöpfen. "Obwohl eine straffere US-Notenbankpolitik schon seit Wochen wieder als Gift für die Konjunktur gehandelt wird, werden sich die negativen Auswirkungen für die Börsen in Grenzen halten", sagt Sven Streibel, Chef-Aktienstratege der DZ Bank. Die weiterhin robust laufende US-Wirtschaft stütze mittelfristig die Aktienmärkte auf beiden Seiten des Atlantiks. "Der Dax sollte sogar stärker profitieren, weil die USA ein Hauptabsatzmarkt für die Exportchampions der deutschen Wirtschaft sind." Das gelte insbesondere, solange die schlechten Konjunkturnachrichten aus China anhielten. Entscheidend für den Anleger sei die Resilienz der Unternehmensgewinne, sagt Streibel.

Rutscht der DAX jetzt wieder in einen Bärenmarkt?

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DAX Chart

Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Bärenmarkt zu definieren. Erstens wird gerechnet, wie weit eine Aktie oder ein Index von seinem letzten lokalen Hoch entfernt ist. Sackt eine Aktie oder ein Index um mehr als 20 Prozent gegenüber dem letzten lokalen Hoch ab, so spricht man von einem Bärenmarkt. Dies ist beim DAX aber noch nicht der Fall. Denn der deutsche Leitindex befindet sich erst etwas mehr als fünf Prozent unter dem Rekordhoch. 

Doch man kann für die Feststellung eines Bärenmarktes auch auf die wichtige 200-Tage-Linie blicken. Diese stellt den Durchschnitt der vergangenen 200 Börsentage dar und zegt somit, wie der Trend verläuft. Befindet sich eine Aktie oder ein Index unter der 200-Tage-Linie, so ist dies kein gutes Zeichen. Am Freitag rutschte der DAX unter die 200-Tage-Linie und signalisierte somit Schwäche. Allerdings passierte es in der Vergangenheit öfter mal, dass der DAX für ein paar Tage unter die 200-Tage-Linie rutschte und dann wieder Oberwasser bekam. Deswegen sollten Anleger das jetzt noch nicht überbewerten. Doch es bleibt auf jeden Fall brenzlig. 

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Die Wirtschaft bleibt stark angeschlagen

Ob sich die Stimmung in der von Exportflaute, Konsumschwäche und Industrierezession gebeutelten deutschen Wirtschaft im September weiter verschlechtert oder es wieder aufwärts geht, dürfte der gleich zu Wochenbeginn anstehende Ifo-Geschäftsklimaindex zeigen. Der vierte Rückgang des wichtigen Konjunkturbarometers im August hatte Sorgen genährt, dass die Wirtschaft wieder in die Rezession rutschen könnte.

Die Marktforscher der GfK blicken am Mittwoch auf Basis ihrer aktuellen Verbraucherumfrage bereits auf die Konsumstimmung für Oktober. Die Chancen, dass sich die Laune angesichts hoher Inflation und Rezessionsängsten noch in diesem Jahr nachhaltig erholen kann, schwinden laut GfK mehr und mehr.

Die Konjunkturprognose der führenden deutschen Forschungsinstitute folgt am Donnerstag. Viele Ökonomen erwarten für 2023 mittlerweile ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts, so dass auch die Institute ihre Prognose kappen dürften. Im Frühjahr hatten sie eigentlich ein Plus bei der Wirtschaftsleistung für dieses Jahr von 0,3 Prozent veranschlagt.

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Inflationssorgen bleiben

Das Thema Preisentwicklung bleibt für die Börsen ebenfalls ein heißes Eisen. Die deutschen Preise für September werden am Donnerstag vorgelegt, einen Tag später folgen die für den Euroraum. Hier dürfte die Europäische Zentralbank genau hinschauen, ob der Preisauftrieb nachhaltig nachlässt und sich mittelfristig auf das Ziel der EZB von 2,0 Prozent zubewegt. Nach der jüngsten Zinserhöhung spekulieren die Finanzmärkte darauf, dass das Ende der Fahnenstange erreicht sein könnte.

Zugleich hatte EZB-Chefin Christine Lagarde jüngst einen eher düsteren Konjunkturausblick gegeben und einen Aufschwung nicht vor 2024 in Aussicht gestellt. Anleger können eventuelle Abweichungen in ihrer Tonlage am Montag abgleichen, wenn sie in einer Anhörung vor dem Wirtschafts - und Währungsausschuss des Europaparlaments sprechen wird. "Eine Politik der Zinserhöhungen zu Beginn einer Rezession fortzusetzen, erscheint ziemlich unbedacht", fasst Eric Vanraes, Portfoliomanager bei Eric Sturdza Investments, zusammen. "Aber zu behaupten, dies sei die letzte Erhöhung, wenn die Inflation noch nicht eingedämmt ist und Rohöl wieder mit der 100 Dollar Marke pro Barrel flirtet, kann bedeuten, die Rechnung ohne den Wirt zu machen."

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