Die Lockdowns in Europa haben zuletzt den Ölpreis für die Sorte Brent Crude kräftig unter Druck gebracht. Von Marktbeobachtern wird wegen des wirtschaftlichen Einbruchs infolge Corona ein starker Rückgang der Nachfrage nach dem schwarzen Gold erwartet.

Zudem belastete die Aussicht auf einen Wahlsieg von Joe Biden in den USA den Ölpreis, weil er Elektroautos und den Ausbau der erneuerbaren Energien kräftig fördern will. Auch unter Donald Trump wurden indes weniger Kohlestrom und Öl verbraucht, der Anteil grüner Energien erhöhte sich. Unabhängig vom Wahlausgang ist somit mit geringerem Ölverbrauch zu rechnen.

Überdies wollte Biden als Präsident auch mit dem Iran über ein neues Atomabkommen verhandeln. Bei einer Einigung mit den USA dürfte das Land bis zu zwei Millionen Barrel Öl am Tag mehr produzieren. "Dafür gibt es gegenwärtig auf dem Weltmarkt aber wegen der Rezession keine Abnehmer", sagt Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoffresearchs bei der Commerzbank.

Libysche Überraschung

Es gibt aber noch mehr Gründe, warum in den nächsten Monaten eher von einem schwachen Ölpreis auszugehen ist. Vor allem der Waffenstillstand in Libyen spielt hierbei eine Rolle. Das Land konnte, anders als vom Großteil der Experten erwartet, seine Ölproduktion rasch hochfahren. Diese stieg innerhalb weniger Wochen von 100.000 auf 800.000 Barrel pro Tag. Viele Beobachter halten es nun für möglich, dass Libyen bald das Niveau von 1,3 Millionen Barrel täglich wie vor dem Krieg erreichen wird. "Das ist eine große Überraschung", sagt Weinberg, da damit gerechnet worden war, dass viele Förderanlagen und Häfen zerstört seien.

Doch nicht nur das afrikanische Land, sondern auch andere Ölnationen haben zuletzt ihre Produktion kräftig erhöht. So soll das größte westeuropäische Ölfeld Johan Sverdrup in Norwegen im November wohl eine rekordhohe Produktion von 470.000 Barrel täglich erreichen. Russland hat die Produktion im Oktober ebenfalls auf nun 9,98 Millionen Barrel täglich ausgeweitet.

Hohe Förderung am Zuckerhut

Zu allem Überfluss vermeldet auch Brasilien noch hohe Fördermengen. Trotz des Corona-bedingten Einbruchs in der ersten Jahreshälfte und der jüngsten Wartungsarbeiten ist die Produktion in den ersten drei Quartalen um neun Prozent gestiegen und dürfte im Gesamtjahr höher ausfallen als geschätzt. Da auch in Brasilien die Nachfrage recht schwach bleibt, lässt dies Spielraum für Exporte.

Angesichts so vieler schlechter Nachrichten verpuffen gute Neuigkeiten, etwa dass Indien mehr Öl importiert, weil wegen Corona mehr Menschen dort mit dem Pkw statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

Selbst falls die OPEC ihre Förderkürzungen, die Ende des Jahres eingeengt werden sollen, wie bisher beibehält, dürfte das angesichts des hohen Angebots und der geringen Nachfrage global nicht ausreichen, um den Ölpreis zu stützen. Rob Amenta, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter NN Investment Partners, ist pessimistisch: "Ich gehe davon aus", so der Experte, "dass der Ölmarkt noch zwei Jahre problematisch bleiben wird."

Auf einen schwächelnden Preis von Brent Crude Öl setzen Investoren mit dem Mini-Future-Short-Zertifikat (ISIN: DE 000 MC6 Y4H 8) von Morgan Stanley mit Hebel 1,8. Die Knock-out-Barriere bei 57,20 US-Dollar liegt zurzeit 44 Prozent entfernt.