Als Ross Beaty den Vortragsraum mit leichter Verspätung betritt, begrüßt der Milliardär jeden einzelnen Teilnehmer der Diskussionsrunde persönlich mit Handschlag. Rund zwei Dutzend Fondsmanager, vermögende Privatinvestoren und Medienvertreter sind an diesem ­Januar-Tag der Einladung zur Lunchpräsentation gefolgt. Wie jedes Jahr um diese Zeit stattet der Rohstoffexperte Zürich einen Besuch ab, bevor es weitergeht zum Weltwirtschaftsforum nach Davos.

Erst am Tag zuvor hatte Beaty an der Resource Investment Conference in Vancouver teilgenommen. Doch Müdigkeit ist dem Rohstoffveteranen nicht anzumerken. Im Gegenteil: Mit seinen Ausführungen zum Goldmarkt zieht Beaty die Zuhörer schnell in seinen Bann. Er ist überzeugt davon, dass Gold 2015 seinen Boden gefunden und mit dem charttechnischen Ausbruch ein Jahr später einen nachhaltigen Aufwärtstrend gestartet hat. Dafür sprächen auch die massiven Zukäufe der weltweiten Notenbanken, denen ein Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik und den ausufernden Staatsschulden wohl nur durch einen Anstieg der Inflation oder eine Abwertung des US-Dollars gelingen könne, so Beaty. Beide Szenarien würden einen weiteren Anstieg des Goldpreises unterstützen. Auf der Angebotsseite könnte die Produktionsspitze bereits hinter uns liegen. Sehr geringe Explorationsbudgets in den vergangenen Jahren und immer weniger Neuentdeckungen großer Vorkommen lassen die heute bekannten Goldreserven zusehends schrumpfen. "Verkaufen Sie Aktien von Goldminen deshalb nicht zu früh", lautet der Rat des Investors, der für den Goldpreis auf US-Dollar-Basis neue Allzeithochs erwartet.

Sein Wort hat Gewicht, schließlich zählt Beaty zu den erfolgreichsten Investoren und Unternehmern im Rohstoffsektor. 1985 gründete der Kanadier mit Equinox Resources seine erste Rohstoffgesellschaft - mit großem Erfolg: Nach der Entwicklung von gleich drei Goldminen verkaufte Beaty das Unternehmen 1994 an Hecla Mining. In den Folgejahren gründete, entwickelte und verkaufte Beaty acht weitere Rohstoffunternehmen - darunter Lumina Copper, die später in sechs eigenständige Gesellschaften aufgeteilt und in mehreren Etappen veräußert wurde. Sehr zur Freude der Aktionäre, denn so wurde ein Shareholder Value von knapp zwei Milliarden US-Dollar geschaffen.

Mehrfach wurde Beaty mit Branchen-­Awards ausgezeichnet, etwa zweimal als Mining Person of the Year und 2010 mit dem prestigeträchtigen Viola MacMillan Award. 2015 folgte die Aufnahme in die Resource Hall of Fame. Den vielleicht größten Erfolg seiner Karriere feierte ­Beaty mit der Gründung von Pan American Silver im Jahr 1994. Als der Silberpreis Ende der 90er-Jahre sank und Silberunternehmen unter Druck standen, nutzte die Gesellschaft das günstige Preisniveau zum Kauf einiger Minen und Silbervorkommen. Eine Strategie, die sich bezahlt gemacht hat: Gemessen an den nachgewiesenen Ressourcen der Projekte ist Pan American Silver heute das größte Silberunternehmen der Welt. Wenn in wenigen Jahren weitere Projekte den Betrieb aufnehmen, dürfte die Gesellschaft auch der weltweit größte Produzent von Silber sein. Das Unternehmen bringt einen Börsenwert von mehr als sechs Milliarden kanadischen Dollar auf die Waage. Im vergangenen Jahr legte der Aktienkurs um rund 50 Prozent zu.

Ein Herz für Gold ...


Aus dem operativen Geschäft bei Pan American Silver hat sich Beaty indes schon länger zurückgezogen. Als Chairman übt er nur noch eine Kontrollfunktion aus. Seine gesamte Energie steckt die Minenlegende seinen eigenen Worten nach nun in die Entwicklung von Equinox Gold. Mit dem Goldproduzenten will er die Strategie und den Erfolg von Pan American Silver wiederholen.

Dass die Gesellschaft den Namen seiner allerersten Rohstofffirma trägt, ist ebenso wenig ein Zufall wie die Tatsache, dass sich sein Projekt auf Gold konzentriert. "Ich liebe Goldunternehmen", bekräftigt Beaty und lässt bei seinem Vortrag keinen Zweifel daran aufkommen, wie ernst es ihm mit seinem vielleicht letzten großen Projekt ist. Mittel- bis langfristig will Beaty Equinox Gold zu einem der ganz großen Goldproduzenten entwickeln. Er glaubt fest daran, "dass bis dahin nicht auch 25 Jahre wie bei Pan American Silver vergehen". Um im Zeitplan zu bleiben, tritt die Gesellschaft kräftig auf das Gaspedal. Durch den Zusammenschluss mit Leagold Mining Anfang des Jahres wird sich die Goldproduktion 2020 voraussichtlich von 201 000 Unzen auf 700 00 Unzen vervielfachen. Die Unternehmen rechnen zudem mit Synergieeffekten zwischen zehn und 20 Millionen kanadische Dollar. Mit einer geplanten Goldproduktion von einer Million Unzen im Jahr 2021 würde Equinox Gold endgültig in die Riege der größten Goldproduzenten aufrücken. "Eine Million ist keine magische Zahl, sie spricht aber für eine hohe Skalierbarkeit, für ein stabiles Business und führt zu einer höheren Bewertung der Aktie", sagt Beaty. Gerade für Fonds würde die Aktie damit zunehmend interessant.

Kein Wunder, dass zahlreiche Anleger wegen Beatys Erfolgsbilanz genauer hinsehen, wann immer sich der Unternehmer positiv zu einer Gesellschaft äußert oder sogar eigenes Geld in ein Investment steckt. Wie zuletzt etwa bei Lumina Gold. Mit knapp 20 Prozent der Unternehmensanteile ist Beaty Großaktionär des kanadischen Explorationsunternehmens mit einem Projekt in Ecuador. Es soll noch im Laufe dieses Jahres verkauft werden. Das Cangrejos-Projekt der Gesellschaft nimmt Platz 13 unter den weltweit größten noch nicht entwickelten Goldlagerstätten ein. Der Zeitpunkt für einen Ausstieg könnte passen. Denn Ecuador könnte für die Branche zunehmend interessant werden, nachdem es Lundin Gold gelungen ist, die Produktion beim Fruta-del-Norte-­Projekt aufzunehmen.

... und für die Umwelt


Doch nicht nur im Minengeschäft ist ­Beaty aktiv. Der Vater von einem Sohn und vier Töchtern ist bekannt dafür, auch soziale Verantwortung zu übernehmen. 2008 etwa startete er seine Geothermiefirma, die drei Jahre später zu Alterra Power fusionierte und heute neun Geothermie-, Wind-, Solar- und Wasserkraftwerke in Kanada, Island und den USA betreibt. Mit einem Millionenbetrag unterstützt seine Sitka Foundation jährlich mehr als 70 Umweltorganisationen. Über Millionenspenden freuten sich in den vergangenen Jahren unter anderem das kanadische Naturkundemuseum in Ottawa und die Queen’s University für Forschungszwecke im Bereich der Frischwasserversorgung. Seine Bemühungen werden auch außerhalb der Branche wahrgenommen: 2017 erhielt Ross Beaty den Order of Canada, die höchste Auszeichnung Kanadas für Zivilpersonen. Am 1. Juli 1967 begründet, ehrt die Auszeichnung Kanadier, die ihre Heimat mit ihrem Lebenswerk nachhaltig verändert haben.