Der KPMG-Fachmann  über fiskalische Fallstricke bei Gold-Anlageprodukten Von Stefan Rullkötter

Geschieht dies grammgenau wie bei Xetra-Gold und Euwax Gold II, sind realisierte Kursgewinne nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei. Der nun veröffentlichte Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 sieht jedoch vor, dass ab 2021 Erträge aus ETCs stets zu versteuern sind.

Börse Online: Wird es einen "Bestandsschutz" für Gold-ETCs geben, die Anleger bereits länger als ein Jahr im Depot haben?
Christian Fischler: Aktuell sehen die Pläne des Bundesfinanzministeriums vor, dass die geänderte Vorschrift für "sonstige Kapitalforderungen" auf Kapitalerträge anzuwenden ist, die ab 1. Januar 2021 zufließen. Auf das Anschaffungsdatum des Wertpapiers wird dabei nicht abgestellt, sodass es auch keinen Bestandsschutz für die Gold-ETCs gibt, die Anleger bereits aktuell im Depot halten. Damit würde ab dem 1. Januar 2021 auch ein Veräußerungsgewinn eines Gold-ETCs, der aktuell bereits im Depot gehalten wird und möglicherweise bereits außerhalb der Jahresfrist ist, abgeltungsteuerpflichtig.

Wären rückwirkende Änderungen zulässig?
Eine solche Anwendungsregelung ist nicht unproblematisch, weil sie im Ergebnis eine steuerliche Rückwirkung entfaltet und Privatanleger ihre Anlageentscheidung für Gold-ETCs in der Vergangenheit möglicherweise auch mit Blick auf die steuerliche Behandlung getroffen haben.

Welche Möglichkeiten gibt es, um die Steuerfreiheit für Erträge aus ETCs zu retten?
Hier müssen Anleger und ihre Steuerberater genau hinschauen: Anleger, die ihre Gold-ETCs bereits mehr als ein Jahr halten, könnten diese nach aktuellem Stand noch bis Ende 2020 steuerfrei verkaufen. Alternativ wäre auch eine Einlösung - also die Ausübung des Lieferanspruchs auf physisches Gold - denkbar. Dies ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2018 nicht als Veräußerung zu besteuern (Az. IX R 33/17).

Also Alt-ETCs bis Ende 2020 verkaufen?
Hier ist Vorsicht geboten: Nicht für alle Anleger ist eine solche Veräußerung oder Einlösung automatisch vorteilhaft, insbesondere wenn die bisherige Wertentwicklung nicht positiv war und Verluste realisiert würden. Im Übrigen gelten solche Überlegungen ­ohnehin nur für solche Gold-ETCs, die nicht schon bislang der 25-prozentigen Abgeltungsteuer unterlagen.

Sind auch mit Goldbarren und -münzen erzielte Gewinne bald immer zu versteuern?
An der Besteuerung von physischem Gold soll sich durch das Jahressteuergesetz 2020 nichts ändern. Veräußerungsgewinne bleiben bei Goldbarren und -münzen nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei.

Wird es in puncto Gold-ETCs noch Änderungen am Jahressteuergesetz 2020 geben?
Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber seine Pläne und auch den vorgeschlagenen Wortlaut der Änderung noch einmal überdenkt beziehungsweise überarbeitet. Die Änderung zielt darauf ab, für eine kleine, sehr spezielle Gruppe von Produkten die Besteuerung als Kapitaleinkünfte zu ändern und den Begriff der "Kapitalforderung" hierfür entsprechend zu modifizieren. Sie provoziert damit aber eine Vielzahl von steuersystematischen Abgrenzungsfragen.

Was spricht sonst noch gegen die vom Finanzministerium geplante Steueränderung?
Im Entwurf für das Jahressteuergesetz 2020 wird erneut die vom Bundesfinanzhof bereits mehrfach bestätigte juristische Einordnung außer Acht gelassen, dass es sich bei diesen Produkten steuerlich gerade nicht um eine Kapitalforderung handelt. Eine Änderung am Gesetzesentwurf wäre im Übrigen nicht zuletzt auch hinsichtlich einer angemessenen Übergangsregelung geboten.