Wo sonst stimmgewaltige Tenöre das Publikum in ihren Bann ziehen, stellten kürzlich einige der bekanntesten US-Hedgefondsmanager ihre neuesten Investmentideen vor: Das Lincoln Center in New York, unweit des Central Parks gelegen, war Schauplatz der Ira-Sohn-Konferenz, deren Erlös der Kinderkrebsforschung zugute kommt.

Passend zum Ort der Veranstaltung, bekamen die 3000 zahlenden Gäste in der Konzerthalle nicht nur trockene Fakten und Bewertungskennziffern serviert. Die Hedgefondsprofis wussten durchaus mit Strahlkraft, Wortgewandtheit und Charme zu überzeugen. Sie machten Witze und legten sogar Tanzeinlagen zur Musik hin.

Larry Robbins von Glenview Capital Management beruhigte gleich zu Beginn der Veranstaltung die Gäste. Der Hedgefondsmanager verglich die Schwankungen an der Börse mit einer Bootsfahrt in schwerer See. "Folgen Sie den anderen Booten. Lassen Sie sich nicht von den Wellen verunsichern", sagte der 46-Jährige. Angst, Unsicherheit und Zweifel würden sich am Aktienmarkt abwechseln. Für hohe Wellen könnten Öl, China, Präsidentschaftswahl, Zinspolitik oder Zika-Virus sorgen.

Er räumte ein, dass besonders die Werte in seinem Fonds unter Druck stehen. "Die Aktien sind unten - wir sitzen das aus." Warum? Robbins: "Wenn Sie etwas besitzen, bei dem die fundamentalen Daten gut sind, aber der Aktienkurs schlecht, behalten Sie einfach die Position." Robbins setzt auf Konzerne, die ihr Kerngeschäft in den USA haben und als defensiv gelten. Glenview Capital Management verwaltet rund zehn Milliarden Dollar.

Zu Robbins’ Favoriten zählt der Pharmahersteller Abbvie. Im Oktober war die Aktie abgestürzt, nachdem die US-Gesundheitsbehörde FDA vor zwei neuen Medikamenten gegen Hepatitis C gewarnt hatte. Seitdem jedoch befindet sich Abbvie auf Erholungskurs, Vorstandschef Richard Gonzalez kauft emsig Aktien über die Börse zurück und verwöhnt die Anteilseigner mit üppigen Ausschüttungen. Die Dividendenrendite beträgt 3,7 Prozent.

Der Elektronikkonzern Flextronics, der seinen Sitz in Singapur hat und als Auftragsfertiger Techgiganten wie Amazon oder Apple beliefert, sei bei den Börsianern ebenfalls in Ungnade gefallen. Dabei übertreffe das Unternehmen seit einigen Quartalen regelmäßig die Erwartungen der Analysten, sagt Robbins, der knapp zehn Prozent des Grundkapitals besitzt.

Am schlimmsten erwischt hat es aus seinem Portfolio jedoch Brookdale Senior Living. Innerhalb von zwölf Monaten halbierte sich der Kurs. Der Seniorenheimbetreiber muss die Kosten für die Übernahme eines Konkurrenten verdauen, die Wall-Street-Gemeinde ergriff die Flucht. Doch Robbins bleibt gelassen und sieht das als Chance für Neueinsteiger.

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Einhorns "Big Short"



David Einhorn, Gründer und Präsident von Greenlight Capital, stellte den Baumaschinenhersteller Caterpillar als Investmentidee vor - allerdings auf der Short-Seite. Das heißt, er setzt auf fallende Kurse. Das Ergebnis je Aktie werde von 8,50 Dollar (2012) auf nur noch 3,50 Dollar im laufenden Jahr sinken, warnt Einhorn. Und das sei noch nicht das Ende der Talfahrt. Erst im Jahr 2018 sieht er den Tiefpunkt bei zwei Dollar je Aktie erreicht.

Schuld an dem Rückgang sei, dass die Bergbaubranche unter strikten Ausgabenkürzungen leide. Kohle und Eisenerz seien in einer ruinösen Verfassung. Das Baugewerbe wandle sich, immer mehr Maschinen würden gemietet statt gekauft. In der Energie- und Eisenbahnsparte sei die Nachfrage ebenfalls eher durchwachsen. Einhorn glaubt, dass sich die Caterpillar-Aktie bis 2018 halbieren wird.

Zuversichtlich ist er hingegen für General Motors. Der Detroiter Autobauer sei an der Börse lediglich mit dem fünffachen Gewinn bewertet und habe damit eine der günstigsten Aktien am US-Markt. Die Sorge, das GM wegen des Fahrdiensts Uber weniger Autos verkaufen könnte, sei übertrieben. Hoffnung macht ihm China, wo General Motors inzwischen einen Marktanteil von 15 Prozent für sich reklamiert. Trotz der aktuell problematischen Konjunkturlage im Reich der Mitte traut Einhorn GM dort jährliche Wachstumsraten von sechs Prozent zu. Zudem geht er davon aus, dass sich die Zahl der ausstehenden Aktien dank der aggressiven Rückkaufpolitik in den kommenden Jahren um ein Viertel reduzieren könnte: "GM hat eine gute Historie mit Blick auf Aktienrückkäufe und Dividenden."

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Die Billionenwette



Chamath Palihapitiya, der die Risikokapitalfirma Social Capital führt, lobte Amazon in den höchsten Tönen. Der E-Commerce-Riese könne in zehn Jahren als erster Konzern drei Billionen Dollar in zehn Jahren wert sein. Allein die Sparte Onlinehandel habe das Potenzial, eine Billion zu erreichen. "Amazon Prime", der Club für loyale Kunden, sorge hierbei für Rückenwind. Die Webdienste mit der Datenwolke Cloud würden die IT-Welt revolutionieren, Amazon-Chef Bezos reduziere kontinuierlich die Preise und erhöhe gleichzeitig die Dienstleistungen in der Cloud. Die Webdienste könnten laut Palihapitiya einen Wert von 1,5 Billionen Dollar erreichen. "Die Amazon-Story fängt gerade erst an", schwärmte der in Sri Lanka geborene Manager. "Jeff Bezos hat die beständigste Firma der Welt aufgebaut." Palihapitiya kennt die Branche bestens: Bevor er Risikokapitalgeber wurde, war er in führenden Positionen bei AOL und Facebook tätig.

Aktivist Jeff Smith von Starboard Value hat in den vergangenen 14 Jahren 162 Verwaltungsratsmitglieder in 50 Firmen ausgewechselt. Sein neuestes Ziel ist die Pharmafirma Depomed. Das Unternehmen habe sehr viele Wachstumsquellen, etwa Schmerzmittel für Gürtelrose, Migräne und Krebsleiden. Doch bemängelt Smith die geringe Größe. Ihm fehlen die Skaleneffekte, insofern sei die Übernahme durch einen Konkurrenten der beste Weg. "Depomed ist ein gutes Ziel für einen Käufer. Synergien lassen sich leicht heben, sie können zu einer Ergebnisverdopplung führen", betonte Smith.

Voriges Jahr habe Horizon Pharma ein Übernahmeangebot zum Kurs von 33 Dollar unterbreitet, doch Depomed habe die Offerte abgelehnt. Ihm leuchte das nicht ein. Nun notiere die Pharma-Firma bei nur noch 16 Dollar. Sie habe nicht einmal das Gespräch mit dem Kaufinteressenten gesucht, kritisierte Smith. Anschließend habe das Objekt der Begierde versucht, die Aktionärsrechte zu begrenzen. Hartnäckig verfolgt Smith den Plan, Depomed zu einem Deal zu zwingen.

Westrock ist eine Verpackungsfirma, mit der Smith einvernehmlich zusammenarbeitet. Sie stellt Cornflakes-Boxen, Getränkekartons für Milch und Säfte sowie Pumpsprüher aus Plastik her. Das Unternehmen habe wertvolle Immobilien in Charleston/South Carolina, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Die Dividendenrendite sei mit 4,1 Prozent attraktiv und ausbaubar, weil die Ausschüttungsquote nur 35 Prozent betrage. "Es ist noch immer eine Value-Aktie, finden wir. Papierboxen und Verpackungsmaterial werden nicht so schnell vom Markt verschwinden." Westrock reduziere die Kosten, kaufe Aktien zurück, stoße Immobilien ab und habe einen attraktiven freien Cashflow. Smiths Kursziel für Ende nächsten Jahres liegt bei 71 Dollar, was nahezu einer Verdopplung entsprechen würde.

Der junge Newcomer Dave Rosen begann seine Karriere bei Blackstone, wo er sich auf Restrukturierungen spezialisierte. Anschließend wechselte er zu Kenmare Capital und Point 72. Noch im laufenden Jahr will er seine eigene Firma Rubric Capital gründen. Rosen, der als langfristiger Value-Anleger gilt, empfahl die Spezialchemiefabrik Kraton Performance Polymers. Das Unternehmen stelle elastische Plastikfilme her, die in Windeln verwendet würden. Wegen eines kostspieligen Joint Ventures sei der Cashflow von Kraton negativ, könne aber ins Positive drehen.

Das Reisebewertungsportal Tripadvisor hat mit Nick Danaher von Blue Ridge Capital einen großen Fan. Der Kurs könne sich verdoppeln oder gar verdreifachen. Danaher: "Jeden Tag wird der Content auf der Website tiefer und breiter." Tripadvisor sei in der Lage zu den höheren Bewertungskennziffern von den beiden Rivalen Priceline oder Expedia aufzuschließen. "Vorstandschef Stephen Kaufer denkt und agiert langfristig. Die Wall Street mag ihn überhaupt nicht." Die Aktie weise deshalb eine der höchsten Leerverkaufsquoten auf, was bei guten Nachrichten viel Potenzial für eine Gegenbewegung bedeute.

Nick Tiller von Precocity Capital legte den Zuhörern Royal Dutch Shell ans Herz. Die Dividendenrendite von sieben Prozent spreche für das Papier. Er glaubt, der Kurs könne sich verdoppeln. Er rechnet damit, dass die Nachfrage nach Öl noch bis 2030 wächst. Der Boom des Elektroautoherstellers Tesla werde daran nichts ändern. Shell habe British Gas für 50 Milliarden Dollar gekauft, die Synergien seien viel höher als die offiziell angepeilten 7,5 Milliarden Dollar. Dank des Deals entfallen nur noch 50 Prozent des Geschäfts auf Öl, der Rest auf das aussichtsreichere Erdgas.