Gespannt erwartet die Börse die Entscheidung des Technologiekonzerns Siemens über seine Tochter Healthineers. Am Donnerstag (13.11.) lädt der Technologiekonzern zum Kapitalmarkttag – und legt Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024/2025 vor.
Das Geschäftsjahr des Siemens-Konzerns endete bereits am 30. September. Kommenden Donnerstag (13.11.) wird das Management um CEO Roland Busch im Rahmen eines Kapitalmarkttags die Zahlen präsentieren und die Investoren über die neue mittelfristige Strategie zu informieren. Siemens befindet sich derzeit in einem Transformationsprozess, der das Unternehmen zu einem integrierten Technologiekonzern mit einem verstärkten Fokus auf digitale und softwarebasierte Aspekte macht. Im Zuge dessen führten die Münchener zwei milliardenschwere Übernahmen durch und erwarben die US-amerikanischen Unternehmen Altair und Dotmatics.
Die Akquisitionen sollen der zuletzt rückläufigen Sparte Digital Industries (DI) wieder zu einer positiven Entwicklung verhelfen. Unter diesem Namen bündelte der Konzern die Geschäftsaktivitäten in den Bereichen Industriesoftware und Automatisierung. Insbesondere das Automatisierungsgeschäft verzeichnete jedoch in jüngster Vergangenheit eine rückläufige Entwicklung. Diese ist auf die anhaltende Konjunkturabschwächung sowie eine verhaltene Investitionsbereitschaft in bedeutenden Industrien, wie dem Automobilsektor, zurückzuführen. Die Gewinne stützten sich zuletzt maßgeblich auf eine starke Nachfrage im Sektor der intelligenten Infrastruktur (SI).
Alle warten auf die Entscheidung über Healtineeers
Am Donnerstag wird jedoch neben den Zahlen ein Mega-Thema noch größere Aufmerksamkeit auf sich ziehen: die mit Spannung erwartete Entscheidung über die Zukunft der Medizintechniktochter Siemens Healthineers, die ebenfalls im Leitindex Dax gelistet ist. Die Sparte ist hochprofitabel und trägt seit Jahren zur Kompensation von Schwächen in anderen Konzernsparten bei. Healthineers stellt jedoch einen Satelliten dar, den mit dem übrigen Siemens-Universum keinerlei Synergien verbinden, während er gleichzeitig erhebliche Kapitalbindung verursacht.
Investoren fordern deshalb von Konzernchef Busch bereits seit geraumer Zeit die vollständige Trennung. Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas hatte die Mehrheitsbeteiligung bereits offen zur Disposition gestellt. Aufgrund der signifikanten Größe von Healthineers gestaltet sich eine Löslösung jedoch als schwierig. Siemens hält noch rund 70 Prozent der Anteile an der Medizintochter, deren Börsenwert sich auf 48,6 Milliarden Euro beläuft. Im aktuellen Geschäftsjahr hat die Konzernmutter bereits Anteile veräußert, um mit den Erlösen zum Teil die Übernahmen in anderen Sektoren zu finanzieren.
Bekommen Siemens-Aktionäre die Healthineers "geschenkt"?
Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete am Freitag unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen, dass Siemens einen Mehrheitsanteil an Healthineers als Sachdividende an seine Aktionäre verteilen könnte. Ein Knackpunkt dürfte dabei jedoch die steuerliche Behandlung sein. Berichten zufolge diskutieren das Unternehmen und seine Berater bereits mit den Steuerbehörden, auf welche Weise ein solcher Schritt ohne oder nur mit einer geringen Steuerbelastung für die Anleger zu bewerkstelligen wäre.
Die Siemens-Prognose ...
Inmitten der Aufregung um Healthineers geraten die Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr womöglich in den Hintergrund. Doch auch die werden gut sein, wenn man den Prognosen des Konzerns glaubt, an denen Siemens bislang unbeirrt festhielt: Man erwartet ein vergleichbares Umsatzwachstum von drei bis sieben Prozent – ohne Währungs- und Portfolioeffekte. Nur im Bereich Digital Industries wurde ein Rückgang prognostiziert. Das Ergebnis je Aktie vor Kaufpreiseffekten soll zwischen 10,40 Euro und 11,00 Euro betragen. Darin nicht enthalten sind Effekte im Zusammenhang mit den US-Zukäufen sowie aus dem Verkauf des Antriebsgeschäfts Innomotics. Die beiden milliardenschweren Neuerwerbungen dürften das Ergebnis je Aktie mit 40 bis 45 Cent belasten, hatte Thomas zuletzt angekündigt. Tritt die Prognose ein, ist zu erwarten, dass Siemens die Dividende erneut anhebt.
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Der langjährige Finanzvorstand wird im kommenden Jahr in den Ruhestand gehen. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ könnte auf der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch auch über seinen Nachfolger beschlossen werden. Auf die Aufseher wartet also ein strammes Sitzungsprogramm.
... und die Erwartungen der Analysten
Sollten sie die mehrheitliche Abspaltung von Healthineers beschließen und, wie von Analysten erwartet, danach nur noch 30 Prozent bei Siemens verbleiben, würde das „neue“ Siemens ungefähr 75 Prozent seines Umsatzes mit DI und SI erzielen. Der Rest entfiele zum größten Teil auf die Bahntechnik, die auf Investitionen in die deutsche Infrastruktur ausgerichtet werden solle. Die Experten der Investmentbank Jefferies erwarten, dass Siemens so die Umsatzeinbußen aus dem den Wegfall der konsolidierten Healthineers-Umsätze bis 2029 wettmachen könnte.
JPMorgan schlägt vor, dass Siemens den Rest seiner Healthineers-Aktien als Akquisitionswährung einsetzt, um sich wirklich vollständig von der Tochter zu trennen. Danach wären die seit Jahren laufenden Bemühungen, den früheren Mischkonzern deutlich zu vereinfachen, vorerst abgeschlossen. Die JPMorgan-Experten monieren zwar, dass es zeitweise zu langsam vorangegangen sei, jedoch habe die Transformation zu einem Unternehmen mit höheren Wachstumsaussichten, höheren Brutto- und operativen Margen und einem besser planbaren freien Mittelfluss geführt.
Für das vergangene Geschäftsjahr gehen Analysten in einem von Siemens selbst zusammengestellten Konsens davon aus, dass der Konzern seine Umsatz- und Gewinnziele erreicht hat. Für 2025/26 haben sie ein stärkeres Wachstum sowie eine weitere Gewinnsteigerung auf dem Zettel als der scheidende Finanzvorstand.
mit Material von dpa-afx
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