Der Blick in einen Tresor der Deutschen Bundesbank beeindruckt. Tausende Goldbarren, die als Währungsreserven für Krisenzeiten dienen, lagern in den schwer gesicherten Räumen. Fast 270 000 Barren nennt die Bundesbank ihr Eigen - ein Bestand von 3367 Tonnen. Die Hälfte ­davon befindet sich in Frankfurt, das übrige Edelmetall ist verteilt auf Tresore in London und New York. Mit dieser Menge zählt Deutschland zu den größten Goldeigentümern der Welt.

Zur Vorsorge für Krisenzeiten nutzen auch viele Privatanleger das gelbe Metall. Kein Wunder also, dass im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus die Nachfrage der Investoren nach Gold hoch ist. Das zeigt sich insbesondere in den Beständen der Gold-ETFs. Diese folgen dem Preis des Edelmetalls und sind mit Barren hinterlegt, um die Ansprüche der Anteilseigner zu sichern. Allein seit dem 5. März wuchs der Bestand der von der Nachrichtenagentur Bloomberg verfolgten Gold-ETFs um 53 Tonnen. Ihr Gesamtvolumen bewegt sich mit 2700 Tonnen auf Rekordniveau. Seit Jahresbeginn ist den Produkten bereits mehr als die Hälfte der Summe zugeflossen, die im gesamten Jahr 2019 auflief.

Die hohe Nachfrage der langfristig orientierten Anleger ist ein entscheidender Treiber für den Goldpreis. Der übertraf am vergangenen Montag im Tagesverlauf erstmals seit Ende 2012 die Marke von 1700 US-Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm). Aktuell steht er bei rund 1580 Dollar und damit in der Nähe seines Siebenjahreshochs. In Euro gerechnet hatte er am 24. Februar ein neues Allzeithoch erreicht. An diesem Tag ­notierte das Edelmetall zum Handelsschluss bei 1529 Euro. Weil die Gemeinschaftswährung seither gegenüber dem US-Dollar aufgewertet hat, hat sich der Goldpreis auf Eurobasis aber wieder etwas von diesem Rekordstand entfernt.

Auch das Verhalten der spekulativen Anleger beeinflusst den Preis. Diese wetten mithilfe von Futures auf steigende oder fallende Notierungen. Mitte Februar waren die Anleger, die auf einen höheren Preis spekulieren, so deutlich in der Überzahl wie seit zweieinhalb Jahren nicht. Der US-Aufsichtsbehörde CFTC zufolge ist dieser Optimismus bis zum 3. März zwar zurück­gegangen. Doch zuletzt könnte sich der Trend erneut umgekehrt haben, mutmaßen Experten. Zahlen, die über die Zeit bis zum 10. März Auskunft geben, wurden erst nach Redaktionsschluss veröffentlicht.

Die Ausbreitung des Virus stärkt den Goldpreis gleich in mehrerlei Hinsicht. Zum einen suchen die Investoren Anlagemöglichkeiten, die als sicherer Hafen gelten. Gold erfüllt in den Augen vieler diesen Zweck. Es dient als Zuflucht in Zeiten, in denen die Aktienmärkte einbrechen und die Wirtschaft schwächelt, als Schutz vor Extremrisiken.

Der Goldpreis profitiert aber auch auf einer anderen Ebene vom Virus. Um die Wirtschaft zu stützen, haben die Notenbanken weltweit damit begonnen, ihre Leitzinsen zu senken. Bereits Anfang März hatte die US-Notenbank Federal Reserve in einem außerplanmäßigen Schritt ihr Zinsniveau um einen halben Prozentpunkt reduziert.

"Niedrige Zinsen beflügeln traditionell den Goldpreis", erklärt Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus. Denn im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren gewinnt Gold an Attraktivität, Experten sprechen von niedrigeren Opportunitätskosten. "Das Edelmetall zahlt selbst keine Zinsen, dieser Nachteil fällt somit geringer aus", sagt Zumpfe. "In Zeiten negativer Zinsen wird es sogar zu einem Vorteil: Gold kostet auch keine Zinsen." Das anhaltende Niedrigzinsniveau gilt als einer der Haupttreiber der Goldhausse, die den Preis 2019 um fast 19 Prozent steigen ließ. Das Argument niedriger Zinsen kommt nun mit neuer Stärke daher.

Zeit der Gegensätze


Die Viruskrise bremst den Goldpreis aber auch. Insbesondere in Asien ist die Nachfrage nach physischem Gold eingebrochen. "Viele Juweliere hatten ihre Geschäfte geschlossen, potenzielle Goldkäufer haben aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus ihre Wohnungen nicht verlassen", berichtet Daniel Briesemann, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Er verweist auf Meldungen, nach denen die indischen Goldimporte im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent zurückgegangen sind, nachdem sie sich bereits im Januar mehr als halbiert hatten. "China und Indien machen zusammen über die Hälfte der weltweiten Goldnachfrage aus", erklärt er. Der hohe Goldpreis in lokaler Währung tut sein Übriges, um die Zurückhaltung der Käufer zu verstärken.

Dennoch überwiegen die Faktoren, die den Goldpreis stärken. Dass die Notierungen nicht noch höher gestiegen sind, führen Experten auf eine weitere Folge der Epidemie zurück. Der Einbruch der Aktienmärkte seit dem 24. Februar dürfte viele Anleger unter Druck gesetzt und zu einer Reihe von Zwangsverkäufen bei Gold geführt haben. "Wir denken, dass Gold verkauft werden musste, um anderweitige Verluste - vor allem an den Aktienmärkten - auszugleichen und um Nachschusspflichten am Futures-Markt nachzukommen", sagt Briesemann. Der Analyst verweist damit auf sogenannte "margin calls", mit denen Spekulanten, die auf steigende Aktienkurse gewettet haben, ihre nunmehr verlustreichen Positionen ausgleichen müssen. "Dies hat Gold unseres Erachtens in Schach gehalten." Unter dem Strich rechnen Experten im Mittel mit einem moderat steigenden Goldpreis. Viele prognostizieren zum Jahresende einen Stand von ungefähr 1650 Dollar pro Unze - was gut vier Prozent über dem aktuellen Preis liegt. Einige sind optimistischer. "In einem Umfeld, das von negativen Zinsen geprägt ist, wird Gold gefragt bleiben", sagt Heraeus-Händler Zumpfe. "Wir schließen für dieses Jahr einen Anstieg bis auf 1750 Dollar nicht aus." Die US-Investmentbank Goldman Sachs hält sogar 1850 Dollar für möglich.

Heftige Ausschläge


Wer sich in Gold engagieren möchte, sollte sich bewusst sein, dass das Edelmetall gerade zurzeit hohen Schwankungen unterliegt. Seine Volatilität stieg in den vergangenen Tagen auf den höchsten Stand seit vier Jahren. Im Zuge des Börsencrashs geriet an einigen Tagen auch Gold unter die Räder und verlor deutlich. Die negative Korrelation, die häufig zwischen Aktien und Gold ­besteht, galt in den vergangenen drei Wochen nur eingeschränkt. Bestes Beispiel: Als Christine Lagarde am Donnerstag über die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank informierte, brachen Aktien und Gold gleichzeitig ein. Die Anleger hatten von den europäischen Währungshütern kraftvollere Maßnahmen erwartet, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft abzumildern. Ob Gold aus Enttäuschung über die ausgebliebene Zinssenkung nachgab oder weil erneut Anleger ihre Kursverluste am Aktienmarkt kompensieren mussten, bleibt offen. Fakt ist, dass auch Gold momentan nervös auf Marktereignisse reagiert.

Anleger sollten deshalb nicht blindlings oder in übertriebenem Maß einsteigen, sondern ihrer langfristig bestimmten Portfolioaufteilung treu bleiben. Als Faustregel gilt, dass fünf bis zehn Prozent des Vermögens in Edelmetalle investiert werden können. "Eine allgemein gültige Regel gibt es aber nicht", stellt Zumpfe fest. "Der Anteil hängt vom individuellen Risikoprofil und auch der Erwartungshaltung des Anlegers ab."

Wer Gold kaufen möchte, hat mehrere Möglichkeiten. Für einige kann es interessant sein, das Edelmetall physisch zu besitzen. Andere sind mit einem Wertpapier, das dem Goldpreis folgt, ausreichend versorgt.

Alternativen zu Gold


Um das Vermögen zu diversifizieren, können Anleger auch auf andere Edelmetalle zurückgreifen. In Betracht kommen Silber, Platin und Palladium. Die drei Metalle haben in den vergangenen vier Wochen allerdings eine völlig andere Richtung als Gold eingeschlagen. Ihre Notierungen sanken teils deutlich. Auf Jahressicht hingegen sieht das Bild wiederum völlig anders aus. Palladium hat in den vergangenen zwölf Monaten eine Preisexplosion sondergleichen erlebt. ­Silber und Platin haben sich dagegen in diesem Zeitraum nur leicht verändert. Investitionsmöglichkeiten eröffnen sich bei den drei Metallen dennoch.

Münzen und Barren


Absicherung gegen Extreme

Anleger, die sich vor schweren Systemkrisen schützen wollen, sollten Gold physisch ­erwerben. Zur Auswahl stehen Barren oder Münzen. Unter Kostenaspekten sind Erstere vorzuziehen. Weil aufwendige Prägearbeiten entfallen, gibt es bei ihnen im Regelfall mehr Gold fürs Geld. Münzen eignen sich dagegen besser als Zahlungsmittel und können damit eher eingesetzt werden, wenn es Probleme mit der Währung gibt. Gängige Prägungen wie Krügerrand sind zu bevorzugen, weil sie weithin bekannt sind.

Für beide Investments gilt: Je schwerer der Barren oder die Münze ist, desto geringer fällt der Aufschlag aus, den Händler gegenüber dem tagesaktuellen Goldpreis erheben. Bei Barren oder Münzen mit sehr geringem Gewicht kann dieser Aufschlag unverhältnismäßig hoch sein.

Barren oder Münzen sollten nur bei seriösen Edelmetallhändlern gekauft werden. Beim jüngsten Vergleichstest von €uro am Sonntag schnitten die Anbieter Anlagegold24, ESG Edelmetall-Service, Philoro Edelmetalle und Pro Aurum besonders gut ab. Sie ermöglichen den Goldkauf sowohl in Filialen als auch im Internet.

Gegenüber anderen Edelmetallen wie Silber oder Platin hat Gold den Vorteil, dass beim Erwerb zu Anlagezwecken keine Umsatzsteuer anfällt. Bei der Veräußerung sind etwaige Gewinne steuerfrei, wenn der Kauf mehr als ein Jahr zurückliegt.

Bis zu einem Betrag von 2000 Euro können Barren und Münzen bei Barzahlung anonym gekauft werden. Wer größere Summen ­anlegen will, muss seine Personalien beim Händler hinterlassen.

Nach Gelegenheiten schürfen


Minenaktien haben Potenzial, entwickeln sich ­allerdings volatil. Fonds streuen das Kapital der Anleger, die ­Expertise der Manager reduziert zusätzlich das Risiko. Von Jörg Billina

Kisladag ist die größte Goldmine der Türkei. Abgebaut wird das Edelmetall von ­Eldorado Gold. Das kanadische Unternehmen will in diesem Jahr bis zu 280 000 Unzen allein in Kisladag fördern. Eine Unze entspricht in etwa 31 Gramm. Um ein Gramm Gold in Kisladag zu gewinnen, müssen zwölf Tonnen Eisenerz aufbereitet werden. Die Mine arbeitet profitabel. Neben der Türkei ist Eldorado Gold in Griechenland, Rumänien und Kanada aktiv. Auch mit diesen Minen verdient das Unternehmen Geld. Die mittelfristigen Gewinnperspektiven von Eldorado und vielen anderen Unternehmen der Branche fallen gut aus. Der Ölpreis - wesentlicher Teil der Förderkosten - ist stark gesunken. Der Goldpreis dagegen dürfte weiter steigen. Mit Zinssenkungen versuchen die Notenbanken, die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus so gering wie möglich zu halten. In der Regel profitiert Gold von geldpolitischen Lockerungen. Diese drücken die Renditen sicherer Staatsanleihen immer weiter nach unten. Gold wirft keine Zinsen ab - der Vorbehalt der Investoren lässt sich längst auch gegenüber sicheren Anleihen ins Feld führen.

Analyse vor Ort


Auch wenn in den vergangenen Tagen im Zuge des Börsenabsturzes Goldminenwerte unter Druck gekommen sind: Sie bieten Potenzial, auch weil sie sich meist besser als physisches Gold entwickeln. Der Kurs von Eldorado Gold legte innerhalb eines Jahres um 50 Prozent zu. Doch um die Chancen und Risiken eines Unternehmens zu erkennen, bedarf es umfassender Expertise. Über diese verfügen Walter Wehrli und Erich Beat Meier. Der von ihnen gemanagte Fonds Konwave Gold Equity legte innerhalb eines Jahres um 22 Prozent zu und liegt auch auf Sicht von fünf Jahren vorn. Wehrli und Meier analysieren die infrage kommenden Werte gründlich und immer wieder vor Ort. Im Lauf eines Jahres besuchen sie rund 100 Firmen. Neben den üblichen Investmentkriterien Bewertung, Cashflow sowie Verschuldung prüfen sie auch das Länderrisiko. Gold wird nicht selten in Staaten gefördert, die politisch als riskant eingestuft werden. Unterstützt werden die Manager von Top-Geologen, welche die Qualität der Minen beurteilen. Das starke Abschneiden des Fonds auf Sicht von einem Jahr erklärt sich unter anderem mit der Untergewichtung von Oceana Gold. Die Gewinne des Unternehmens litten unter der Produktionsaussetzung der Didipio-Mine auf den Philippinen. Einen positiven Beitrag zur Wertentwicklung steuerte neben Eldorado Gold auch Detour Gold bei.

Wehrli und Meier gehen von einem nachhaltigen Goldbullenmarkt aus. Ihrer Meinung nach halten immer mehr Investoren steigende Zinsen für ausgeschlossen. Die Notenbanken könnten nicht mehr auf den Pfad der normalen Geldpolitik zurückkehren, ohne dass der Markt völlig kollabiert. Das spreche für Gold und Goldminenaktien.

Auch der Earth Gold Fund hat sich dank des Wissens seiner beiden Manager gut geschlagen. Joachim Berlenbach arbeitete elf Jahre lang in der Bergbauindustrie in Südafrika, auch Georges Lequime verfügt über lange praktische Erfahrung als Bergbauingenieur. Berlenbach geht davon aus, dass der Goldpreis im Zuge steigender Nachfrage insbesondere seitens der Notenbanken in den kommenden zehn Jahren auf rund 2000 Dollar steigen kann. "Die Zentralbanken Chinas, Russlands, Kasachstans und anderer Länder wollen ihre Währungsreserven diversifizieren und bauen Dollarbestände ab." Ebenso interessierten sich institutionelle und private Investoren zunehmend für Gold.

"Ein Preisniveau von 2000 Dollar pro Unze wird auch benötigt, damit sich ­Investitionen in die notwendige Erschließung neuer Minen lohnen. In den bestehenden Lagerstätten geht der Goldgehalt zurück", sagt Berlenbach. Neue Minen befinden sich jedoch nicht selten in sehr abgelegenen Gegenden. In die zum Abbau notwendige Infrastruktur muss daher massiv investiert werden. Erst ab 2000 Dollar wagten die Unternehmen, die Risiken einzugehen.

Im Portfolio des 45 Titel umfassenden Earth Gold Fund finden sich vermehrt Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung wie Teranga Gold oder Endeavour Mining. "Small und Mid Caps entwickeln sich im Aufschwung stärker als die Dickschiffe der Branche." Die Risiken verschweigt er nicht: "Wenn der Goldpreis wieder sinkt, fallen auch die Verluste höher aus. Der Hebel wirkt nach oben, aber auch nach unten."

Fantasie durch Übernahmen


In der Tabelle der zehn besten Goldfonds rangiert auf Platz 7 der von Blackrock aufgelegte BGF World Gold. Der von Evy Hambro und Tom Holl gemanagte Fonds ist über fünf Milliarden Dollar schwer und zählt damit zu den volumenstärksten der Anlageklasse. Das schränkt die Auswahl der Aktien ein. Hambro und Holl können kaum in Nebenwerte investieren. Im Portfolio finden sich daher überwiegend hochkapitalisierte Minenwerte wie Newmont Corporation oder Barrick Gold. Die Titel sind zwar nicht mehr allzu günstig, an nachhaltiger Kursfantasie fehlt es dennoch nicht. Unter anderem dürfte es in der Branche vermehrt zu Über­nahmen kommen.