Bankenexperte Hans-Peter Burghof im Interview mit BÖRSE ONLINE: Schwere Vorwürfe gegen die Bankenaufsicht – Kritik an hochriskantem Geschäftsmodell

Hat Missmanagement hat die Pfandbriefbank in eine schwere Krise geführt? Hat die Bankenaufsicht versagt? Muss der Staat das Institut erneut retten, das aus der ebenfalls staatlich aufgefangenen Hypo Real Estate hervorging? Antworten dazu gibt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Uni Hohenheim. Der gebürtige Bad-Kreuznacher gilt als einer der renommiertesten Bankenexperten Deutschlands. Der heute 60jährige analysierte bereits die Finanzkrise 2008, die der PBB-Vorgängerbank Hypo Real Estate zum Verhängnis wurde.

Börse Online: Die Pfandbriefbank (PBB) hat milliardenschwere Kreditrisiken im angeschlagenen US-Gewerbeimmobiliensektor. S&P hat das Rating heruntergestuft, die Aktie ist abgestürzt, und Shortseller setzen auf weiteren Kursverfall. Wie gefährlich ist die Lage?

Hans-Peter Burghof: Die Zahlen bei der PBB haben sich zuletzt verschlechtert. Weil sich die Bank zudem fast ausschließlich auf Finanzierungs-Leasing konzentriert und damit ein sehr fokussiertes Geschäftsmodell betreibt, hat sie auch ein sehr ausgeprägtes Risiko. In diesem Zusammenhang finde ich es bemerkenswert und verwunderlich, dass die PBB nicht von der Zinswende der Notenbanken profitiert hat. Das könnte schon ein Hinweis darauf sein, dass hier nicht ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

Welche Fehler hat das Management begangen?

Eine gute Bank ist auch gut diversifiziert, lautet eine Grundregel des Bankgeschäfts. Mit ihrem Geschäftsmodell ist die PBB aber quasi ein „Ein-Produkt-Unternehmen“. Die Bankeigentümer und Manager können dabei von Spezialisierungsvorteilen, einer geringeren Komplexität und einem stärkeren Marktauftritt profitieren, gehen aber auch ein höheres Risiko ein. Aber die Bankenaufsicht prüft auch die Geschäftsmodelle der Banken und hätte wegen dieses Risikos korrigierend eingreifen können. Viele Banken haben derzeit Schwierigkeiten mit ihrem Immobilienfinanzierungsgeschäft. Doch die meisten Banken sind eben breiter aufgestellt und damit nicht so risikoanfällig.

Könnte die Bank bei weiterer Zuspitzung der Lage einen staatlichen Rettungsschirm benötigen?

Die Eigenkapitalquoten der PBB sind noch ziemlich hoch und das Rating ist weiterhin im Investmentgrade-Bereich, wenn auch untersten Rand. Ich sehe derzeit keinen Bedarf für einen staatlichen Rettungsschirm. Wenn die Märkte allerdings zunehmend Zweifel an der Kapitalisierung der Bank haben, dann müsste sich die Bank tatsächlich Gedanken über eine Kapitalerhöhung machen. Das Problem ist, dass sie in einem solchen Umfeld des Misstrauens eine Kapitalerhöhung nur schwer umsetzen kann.

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