Medizintechnik steht oft im Schatten von Biotech und Pharma. Zu Unrecht: Der BB Adamant Medtech & Services zählte im vergangenen Jahr zu den besten Aktienfonds überhaupt. Cyrill Zimmermann, Leiter Healthcare Funds & Mandates bei BB Adamant Healthcare, über die aktuellen Entwicklungen im Sektor.

€uro am Sonntag: Medizintechnikaktien waren in den letzten Jahren enorm erfolgreich an der Börse. Was steckt dahinter?

Cyrill Zimmermann: Ein stabiles Umfeld und kontinuierliches Wachstum. In den letzten Jahren haben wir praktisch nie Enttäuschungen gesehen. Die Firmen haben über beinahe ein Jahrzehnt ein jährliches Wachstum von fünf Prozent geliefert, in gewissen Indikationen auch etwas mehr. Und die Medizintechnik ist weniger anfällig für politische Diskussionen im Hinblick auf zu hohe Preise als Pharma und Biotech.

Kann das so weitergehen? Die Bewertungen sind inzwischen schon recht hoch.

Aktuell liegt das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis im S & P 500 bei 14 bis 15. Die Prämie für den Medtech-Sektor liegt bei rund 25 Prozent. Historisch waren wir eher bei 15 bis 20 Prozent. Es ist schon recht teuer, aber nicht überbewertet. Als Investoren müssen wir sicherlich selektiv vorgehen. Aber es gibt aus dem Bereich Digital Health spannende Entwicklungen in der Robotik, Sensortechnik und Telemedizin, die nachhaltig für weiteres Wachstum sorgen.

In den vergangenen Jahren galt stets die Kardiologie als das große Zugpferd im Sektor.

Das gilt auch weiterhin. Bei Herzklappen hält der Trend zu Eingriffen per Katheter unvermindert an. Gerade konnte Edwards Lifesciences zeigen, dass auch bei Patienten mit geringem Risiko der Einsatz der Aortenklappe über Katheter besser und preiswerter ist als eine OP am offenen Herzen. Das wird Edwards mit Sicherheit zusätzliche Marktanteile bringen. Als Nächstes kommen die Mitralklappen per Katheter. Wir schätzen, dass Edwards damit dieses Jahr 400 Millionen Dollar einnehmen wird. Das wird auch ein Milliardenprodukt. Die Kathetertechnologie wird sich langfristig auch in anderen Indikationen etablieren.

Zum Beispiel?

Die japanische Firma Asahi ­Intecc arbeitet unter anderem an Lösungen bei Hirnschlag.

Spüren asiatische Medtech-­Firmen den Handelskonflikt?

In beschränktem Maß. Viele Firmen in China sind überhaupt nicht betroffen. Dort greift zunehmend "China first", schließlich ist das ein Markt mit 1,4 Milliarden Menschen. China, Indien und Indonesien sind von der Bevölkerung her zusammen zehnmal so groß wie die USA. In einer Generation zählen wir in China 500 Millionen über 60-Jährige, die für nachhaltiges Wachstum auch von lokalen Gesundheitsfirmen sorgen.

Aber Innovation findet auch in der Medizintechnik hauptsächlich in den USA statt.

Das stimmt, und das spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des Fonds wider. Aber wenn man zum Beispiel das Thema Telemedizin anschaut, sieht es schon anders aus. Die größte US-Telemedizinfirma ­Teladoc macht etwa zwei Millionen Konsultationen pro Jahr. Ping An Healthcare kommt in China aktuell auf 500.000 Konsultationen pro Tag. In der Regel bekommen die Kunden da nach zehn Minuten eine Diagnose, der Arzt wird durch künstliche Intelligenz unterstützt.

Ist das nicht auch ein Feld, auf dem zunehmend Techriesen aktiv sind? Bei einem großen Herzkongress hat gerade Apple eine Studie mit der Watch vorgestellt.

Klar, auch Google hat ja Partnerschaften zum Beispiel mit Dexcom. Wir sind da aber insgesamt skeptisch. Für mich ist das, was Apple und Co da machen, nicht unbedingt Healthcare, das ist ­Lifestyle. Wenn es um die Umsetzung echter Therapien geht, wenn man Zulassungen braucht oder mit Krankenkassen verhandelt, da sind Spezialisten nötig.

Die können sich Google und ­Apple doch einfach einkaufen?

Das werden sie wohl im Lauf der Zeit machen, wenn sie merken, dass sie an ihre Grenzen stoßen. Wir sind dafür positioniert.