Der Impfstoff-Pionier Moderna, der einst mit BioNTech um das wirksamste Covid-Vakzin wetteiferte, kämpft mit sinkenden Einnahmen und enttäuschenden Studienergebnissen. Noch lebt er von seinem Geldpolster aus Pandemie-Zeiten. Doch die Aktionäre fragen sich, ob das Geld reichen wird.
Der einstige Börsenliebling Moderna (MRNA) steht gewaltig unter Druck. Während der Corona-Pandemie hatte der US-Biotechkonzern Milliarden mit seinem mRNA-Impfstoff verdient. Anfang 2022 lagen rund 20 Milliarden US-Dollar in der Kasse, das waren sogar mehr als beim deutschen Haupt-Konkurrenten BioNTech. Doch seit 2023 verbrenne das Unternehmen jährlich Milliarden, warnte jüngst das US-Börsenmagazin "Barron's".
Das Management von Moderna gibt sich optimistisch: Ende 2025 sollen noch sechs Milliarden Dollar übrig sein, ab 2028 will Moderna wieder Gewinne schreiben – ohne neues Kapital aufzunehmen. Doch die Börse glaubt nicht recht daran: Die Aktie hat in diesem Jahr mehr als 40 Prozent verloren und notiert mittlerweile sogar gut 90 Prozent unter ihrem Höchststand aus 2021. Zuletzt verbrannten die Amerikaner 0,9 Milliarden Dollar Cash in jedem Quartal.
Duchwachsene Quartalszahlen
Die Zahlen, die Moderna am Donnerstag vor Börsenstart herausgab, bestätigen die Befürchtungen: Der Umsatz brach im 3. Quartal 2025 um 45 Prozent auf nur noch gut eine Milliarde Dollar ein. Auch auf Sicht von neun Monaten bedeuten 1,266 Milliarden Dollar Umsatz einen Rückgang um 44 Prozent. Für das Gesamtjahr peilt Moderna einen Umsatz zwischen 1,5 und 2,2 Milliarden Dollar an. Zum Vergleich: 2022 lag dieser noch bei über 18 Milliarden Dollar.
Entsprechend der wegbrechenden Umsätze brach der Cashflow erneut ein: Der Cashbestand verringerte sich, wie im Vorquartal, erneut um rund 900 Millionen Dollar auf nun 6,6 Milliarden. BioNTech hatte am Montag ein Cashpolster von mehr als 16 Milliarden Dollar gemeldet – und keine Cashabflüsse im Q3.
Dass die Moderna-Aktie am Donnerstag trotzdem vorbörslich um fast sieben Prozent zulegen konnte, (Stand 15:00 Uhr MESZ), liegt daran, dass der operative Verlust im Quartal nur 260 Millionen Dollar ausmachte. Laut FactSet hatten Analysten zuvor einen Quartalsverlust von 902 Millionen Dollar erwartet. Auf neun Monate gesehen steht damit nun ein Nettoverlust von knapp zwei Milliarden Dollar zu Buche, 440 Millionen weniger als im Jahr 2024. Damals stand Moderna Ende September mit 2,4 Milliarden Dollar in den Miesen.
Wie lange reicht das Geld?
So stellen sich nun immer mehr Investoren die Frage: Reicht das Geld noch, bis Moderna den nächsten Treffer landet? Rechnet man die aktuelle Cashburn-Rate von 0,9 Milliarden Dollar im Quartal hoch, wäre Anfang 2027 Schluss. Allerdings sind insbesondere klinische Tests der Phase III teuer, so dass die Kasse auch schon früher leer sein könnte.
Noch lebt das Unternehmen von seinem Pandemie-Vermögen. Doch die Corona-Sonderkonjunktur ist vorbei. Moderna muss nun sehr bald beweisen, dass es mit seiner mRNA-Technologie auch jenseits von Covid-19 dauerhaft Geld verdienen kann. Ohne neue Verkaufserfolge oder Fortschritte in der Forschung könnte der anhaltende Mittelabfluss bedrohlich werden.
Weniger Nachfrage, schwache Pipeline
Auch der deutsche Konkurrent BioNTech hat zu kämpfen und lebt derzeit von seiner Substanz. Die Mainzer haben deshalb ein hartes Sparprogramm aufgelegt, um den Geld-Abfluss zu bremsen. Doch während BioNTech gleichzeitig erste, kleine Erfolge bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Krebs vorweisen kann, stoppte Moderna im Oktober nach enttäuschenden Studiendaten die Entwicklung seines Impfstoffs gegen das Cytomegalovirus (CMV). Es galt als eines der ambitioniertesten Nachfolgeprojekte für die Covid-19-Impfstoffe. Auch im bisherigen Kerngeschäft ist die Nachfrage mittlerweile nur noch schwach. Der Konkurrent und BioNTech-Partner Pfizer meldete in diesem Bereich jüngst einen Umsatzrückgang von 20 Prozent, weil viele Menschen inzwischen auf weitere Booster verzichten.
Auch Modernas neuer RSV-Impfstoff „mRESVIA“ konnte sich bislang nicht gegen die Konkurrenz von GlaxoSmithKline (GSK) und Pfizer durchsetzen. Insgesamt bleibt Moderna damit weit hinter den Erwartungen zurück.
Fokus auf Krebsforschung
Moderna richtet sich nun neu aus; weg vom Impfstoffhersteller, hin zu einem mRNA-Spezialisten in der Onkologie. Damit folgend die Amerikaner in gewisser Weise der Starregie von BioNTech. Zuletzt startete eine Frühstudie für das Hautkrebs-Medikament mRNA-2808.
Besonders viel Aufmerksamkeit liegt auf dem individualisierten Krebsimpfstoff mRNA-4157, der gemeinsam mit Merck entwickelt wird. Erste Studiendaten zeigten positive Effekte bei Hautkrebspatienten. Sollte das Projekt erfolgreich sein, könnte Moderna langfristig eine zweite, tragfähige Geschäftssäule aufbauen.
Fazit
Die Pandemie-Milliarden von Moderna schmelzen wie Eis in der Sonne, neue Impfstoffe floppen, und die Anleger verlieren Geduld. Der große Hoffnungsschimmer bleibt die Krebsforschung. Gelingt dort der technologische Durchbruch, wäre das für die Amerikaner ein Befreiungsschlag. Bis dahin bleibt die Aktie ein hochriskantes Langfrist-Investment. Wer auf mRNA-Impfstoffe gegen Krebs setzen will, findet in BioNTech derzeit vermutlich die weniger riskante Alternative. Auch wenn die Mainzer ebenfalls noch keine finalen Erfolge vorweisen können, dürften sie angesichts ihres mehr als doppelt so hohen Kassenbestands vermutlich den längeren Atem haben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BioNTech, Moderna Inc.