Die Bank of America sieht in Gold nicht nur ein klassisches „Safe Haven“-Asset, sondern die vielleicht am meisten unterschätzte Rallye-Chance für das kommende Halbjahr.
Der Goldpreis hat 2025 eine historisches Rallye hingelegt und in der vergangene Woche den Meilenstein von 4000 Dollar geknackt. Geht es nach den Strategen der Bank of America, könnte der Traumlauf ungebrochen weitergehen.
Chefstratege Michael Hartnett sieht für das Edelmetall in einer neuen Studie ein spektakuläres Kursziel: 6.000 US-Dollar je Unze bis Frühjahr 2026. Das entspräche einem weiteren Kurssprung von rund 50 Prozent gegenüber dem gerade erst aufgestellten Rekordhoch.
Kapitalströme zeigen Trendwende
Während die Finanzmärkte zuletzt von einer Flucht in Geldmarktfonds dominiert waren – deren Volumen laut Bank of America inzwischen ein Rekordniveau von 7,4 Billionen Dollar erreicht hat – zieht auch Gold zunehmend Kapital an. Allein in der Woche bis zum 8. Oktober flossen dem Edelmetall 2,1 Milliarden US-Dollar zu. Zwar sind das die geringsten Zuflüsse seit drei Wochen, doch sie zeigen, dass Investoren Gold wieder verstärkt als Absicherungsinstrument entdecken.
Zum Vergleich: Geldmarktfonds verzeichneten Zuflüsse von 72,9 Milliarden Dollar, Anleihen 25,6 Milliarden, Aktien 20 Milliarden und Krypto 5,5 Milliarden Dollar. (Die Studiendaten beziehen sich auf den Zeitpunkt vor dem Krypto-Flashcrash am vergangenen Freitag.) Die Edelmetallmärkte stehen damit in einem Umfeld wachsender makroökonomischer Unsicherheiten wieder stärker im Fokus.
BofA-Strategiechef Hartnett: „Debasement Trade“ als Treiber
Hartnett verweist darauf, dass kaum jemand derzeit strategisch in Gold engagiert ist: Bei den Privatkunden der Bank of America macht Gold gerade einmal 0,5 Prozent des Vermögens aus, bei institutionellen Investoren sind es 2,3 Prozent. Das bedeutet: Der Markt ist bei weitem nicht überlaufen.
Hartnett verweist vor allem auf drei zentrale Faktoren, die den Goldpreis in den kommenden Monaten weiter antreiben könnten. Zum einen könnte eine mögliche Neubesetzung des Fed-Vorsitzes im kommenden Jahr die Weichen für eine lockerere Geldpolitik stellen. Zum anderen dürften groß angelegte Konjunkturprogramme und Bailouts – von Hartnett als „Boom/Bubble-Politiken“ bezeichnet – die Kaufkraft des US-Dollars weiter schwächen.
Hinzu kommt die Aussicht auf eine Neubewertung von Gold, ähnlich wie in den Jahren 1934 und 1973, als die USA den Goldpreis im Zuge wirtschaftspolitischer Neuaufstellungen massiv anhoben. Diese Gemengelage spricht für das, was Hartnett den „Debasement Trade“ nennt: Anleger setzen verstärkt auf Gold, um sich gegen eine gezielte oder indirekte Entwertung des US-Dollars abzusichern.
Historische Parallelen: 300 Prozent Anstieg in 43 Monaten
Noch eindrucksvoller wird Hartnetts Szenario mit Blick auf die Historie: In den vergangenen vier großen Gold-Haussephasen stieg der Goldpreis durchschnittlich um rund 300 % – und das jeweils in einem Zeitraum von etwa 43 Monaten. Überträgt man dieses Muster auf die aktuelle Rallye, ergibt sich ein mögliches Kursziel von 6.000 US-Dollar pro Unze bis zum Frühjahr 2026.
„Geschichte ist kein Garant für die Zukunft“, schreibt Hartnett, „aber die Muster früherer Bullenmärkte sind bemerkenswert konsistent.“
Gold im makroökonomischen Kontext
Ein bemerkenswerter Aspekt: Im Juni 2022 entsprachen 15 Barrel Öl einer Unze Gold – aktuell sind es 61 Barrel. Eine solche Divergenz hat es in dieser Größenordnung nur selten gegeben. Während Ölpreise unter Druck stehen, klettert Gold in neue Höhen. Das spricht für eine Verschiebung im globalen Kapitalfluss: weg von klassischen Rohstoffen, hin zu wertstabilen Assets.
Gleichzeitig könnten fallende Ölpreise (Hartnett erwartet ein mögliches Absacken auf 50 Dollar je Barrel) die Inflation dämpfen – und den Spielraum für geldpolitische Lockerungen vergrößern. Eine solche Gemengelage war in der Vergangenheit oft der Nährboden für Gold-Rallyes.
Noch kaum überkauft – das spricht für weiteres Potenzial
Die Bank of America betont, dass der Markt trotz der Rekordstände noch nicht überhitzt ist. Der geringe Anteil an Gold in den Portfolios institutioneller und privater Investoren deutet darauf hin, dass ein signifikanter Nachfrageschub noch bevorstehen könnte – insbesondere, wenn sich die wirtschaftspolitischen und geopolitischen Spannungen weiter zuspitzen.
Während viele Marktteilnehmer kurzfristig auf Tech- oder Krypto-Rallyes schauen, könnte sich in den kommenden Monaten der eigentlichen Bullenmarkt bei Gold abspielen.
Gold als strategische Versicherung
Ob Hartnetts spektakulärer 6.000-Dollar-Call eintritt, bleibt offen. Doch die makroökonomische Lage – hohe Schulden, potenzielle geldpolitische Wende in den USA, geopolitische Unsicherheiten – schafft ein Umfeld, das Gold strukturell begünstigt.
Für langfristige Anleger bedeutet das: Gold bleibt eine strategische Versicherung gegen Währungsabwertung und Systemrisiken – und könnte sich zugleich als Renditetreiber in einem zunehmend volatilen Umfeld erweisen.
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