(neu: Aktienkurs und Analystenstimmen)

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Wirkstoffforscher Evotec hat trotz coronabedingter leichter Verzögerungen bei Meilensteinzahlungen und Vertragsabschlüssen die Umsatz- und Gewinnprognose für 2020 bestätigt. Die Covid-19-Pandemie habe weiter keine wesentlichen Auswirkungen auf die finanzielle und strategische Entwicklung, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Hamburg zur Vorlage der Halbjahreszahlen mit. An der Börse nahmen die Anleger derweil Gewinne mit.

Die Aktie verlor bis zum frühen Nachmittag am MDax -Ende knapp sieben Prozent auf 22,98 Euro, allerdings hatte das Papier am Vortag auch mehr als sieben Prozent hinzugewonnen. Dies ist nicht ungewöhnlich: Evotec-Papiere schwanken mitunter recht stark.

Bei den Konzernerlösen aus den Verträgen mit Kunden rechnet das Unternehmen im laufenden Jahr weiter mit 440 bis 480 (2019: 446,8) Millionen Euro. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll von 123 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf 100 bis 120 Millionen Euro sinken. Analysten hatten damit gerechnet, dass die Prognose bestätigt wird.

Evotec arbeitet als Auftragsforscher für andere Unternehmen und akademische Einrichtungen (Segment EVT Execute). Zudem baut der Konzern sein zweites Standbein rasant aus, in dem auf eigene Faust oder gemeinsam mit Partnern an neuartigen medikamentösen Therapien geforscht wird (Segment EVT Innovate). Hier hatte es in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder Erfolgsmeldungen zu neuen Partnerschaften gegeben. Außerdem hatte sich Evotec verstärkt in Forschungsarbeiten ohne Partner engagiert, in die nun im laufenden Jahr aufgrund vielversprechender eigener Entwicklungen noch mehr Geld gesteckt werden soll als bisher geplant.

Die F&E-Aufwendungen im Bereich EVT Innovate sollen 2020 bei etwa 45 Millionen Euro und damit fünf Millionen Euro höher als bisher geplant liegen. 2019 hatte das Unternehmen 37,5 Millionen Euro für die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich ausgegeben. In den ersten sechs Monaten zogen die F&E-Aufwendungen in diesem Segment um rund 15 Prozent auf 21,6 Millionen Euro an.

Konzernweit blieben die Kosten für Forschung und Entwicklung von Januar bis Ende Juni mit knapp 30 Millionen Euro stabil. Der Umsatz zog im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent auf 231 Millionen Euro an. Das operative Ergebnis sei unter anderem wegen verzögerter Meilensteinzahlungen sowie Vertriebs- und Verwaltungskosten um 19 Prozent auf 47,3 Millionen Euro gesunken.

Die Zahlen seien im Rahmen der Erwartungen ausgefallen, schrieb Analyst Bruno Bulic von der Baader Bank. Er verwies darauf, das allein die Meilensteinzahlungen im ersten Halbjahr 2019 sieben Mal so hoch ausgefallen seien wie nun.

Igor Kim vom Bankhaus Lampe sprach derweil von einem robusten Kerngeschäft. Der einzige Knackpunkt seien die wegen Covid-19 in spätere Quartale verschobenen Meilensteine gewesen, woraus eine niedrigere Ebitda-Marge resultiere. Dieser Effekt sei aber erwartet worden und sehr wahrscheinlich nur vorübergehend, zeigte sich der Experte überzeugt. Da Evotec die ausstehenden Meilensteine nun im zweiten Halbjahr erhalten dürfte, sollten sich die Margen wieder erholen.

In der aktuellen Covid-19-Pandemie mischt unterdessen auch die US-Tochter Just-Evotec Biologics in der Forschung nach einem Wirkstoff mit. Sie bekam Ende Juli einen Auftrag des US-Verteidigungsministeriums für die Entwicklung von Antikörpern zur Behandlung oder Prävention der Krankheit.

Die Evotec-Aktie gehörte auch wegen der zügig wachsenden Partnerschaften bis Mitte vergangenen Jahres zu einem der Lieblinge der Investoren. Nachdem sie jahrelang zwischen einem und fünf Euro hin- und hergependelt war, zog der Kurs zwischen Ende 2016 und Mitte 2019 bis auf 27 Euro an - das Niveau konnte die Aktie aber unter anderem wegen des Corona-Crashs im Februar und März dieses Jahres, in dem der Kurs bis auf 17,17 Euro gefallen war, nicht halten.

Von Bloomberg befragte Experten trauen dem Papier in den kommenden Monaten weitere Gewinne zu. Das durchschnittliche Kursziel der acht erfassten Analysten liegt bei 28,50 Euro. Vom Niveau, dass die 1999 an die Börse gebrachte Aktie im Zuge des Dotcom- und Biotech-Booms zu Beginn des Jahrtausends erreicht hatte, wäre sie aber auch beim Erreichen dieses Kursziels noch meilenweit entfernt.

Kurz bevor die Blase damals platzte, kostete die Aktie mehr als 100 Euro - vom Rekordtief von 54 Cent im Jahr 2009 konnte sich das Papier allerdings deutlich lösen./zb/tav/mne/jha/

Quelle: dpa-Afx