Jede Serie geht einmal zu Ende: Erstmals seit mehr als zwei Jahren hat der Internetriese Alphabet mit seinen Quartalszahlen die Erwartungen der Wall Street verfehlt. 25,71 Dollar Nettogewinn je Aktie hatten Analysten laut Bloomberg-Konsens einkalkuliert - der Konzern lieferte 24,62 Dollar. Viel hat also nicht gefehlt. In dem aktuellen Umfeld aber reichte das, um die Aktie unter Druck zu setzen. An den US-Börsen verlor sie am Morgen nach der Bekanntgabe der Zahlen mehr als drei Prozent.

Im Gegensatz zu anderen prominenten Techs wie Microsoft und Apple ist das vor allem durch Werbeeinnahmen getriebene Geschäft bei Alphabet stärker von der allgemeinen Wirtschaftslage geprägt. Analysten verweisen insbesondere auf Youtube. Das Videoportal, lange der Wachstumsstar im Alphabet-Konzern, lieferte statt den von Analysten erwarteten 7,4 Milliarden Umsatz lediglich 6,9 Milliarden. Die kritische Frage ist, ob es sich dabei um die üblichen zyklischen Schwankungen handelt oder um strukturelle Probleme. Der Krieg in der Ukraine belastet vor allem in Europa das Werbegeschäft. Da Apple seinen Nutzern mehr Möglichkeiten zum Schutz der eigenen Daten gegeben hat, ist es für die Werbeindustrie grundsätzlich schwerer geworden, gezielt Anzeigen und Videos zu platzieren. Gleichzeitig verschärft die Konkurrenz durch TikTok den Wettbewerb. Zu den positiven Faktoren gehört das Geschäft mit Werbung aus der Reiseindustrie, das sich nach dem Corona-Crash inzwischen weiter erholt.

Unter dem Strich konnte Alphabet solide Zahlen vorweisen: Der Umsatz stieg im Quartal um 23 Prozent und lag damit im Rahmen der Erwartung. Der Nettogewinn schrumpfte von 17,9 auf 16,4 Milliarden, vor allem aber aufgrund von Sondereffekten. Der operative Gewinn stieg um 22 Prozent.

Verlustreiche Wetten

Zwei Nebengeschäfte im Konzern versprechen langfristig Kurspotenzial. Im Cloud-Geschäft ist Alphabet ähnlich wie Amazon und Microsoft Dienstleister für Firmen, die ihre IT-Systeme auslagern. Alphabet ist in diesem Geschäft noch relativ klein. Der Umsatz wuchs im vergangenen Quartal aber deutlich um 44 Prozent. In den "anderen Wetten" sind Projekte etwa zum autonomen Fahren gebündelt. Beide Bereiche erwirtschafteten zusammen im Quartal einen operativen Verlust von 1,9 Milliarden Dollar. Für die Aktie spielen Cloud und die anderen Wetten derzeit noch eine Nebenrolle.

Bemerkenswert ist die Einschätzung der Wall Street zu Alphabet: In der Bloomberg-Datenbank gibt es ausnahmslos Kaufempfehlungen für die Aktie. Das kann man als Beleg für die Stärke des Konzerns interpretieren, zeigt aber auch, dass die Erwartungen hoch sind. Angesichts der vielen Risiken für die Weltwirtschaft stufen wir Alphabet als zyklischen Wert derzeit lediglich als Halteposition ein.

Abwärts: Alphabet ist fundamental ein starkes Unternehmen, aber zyklisch. Charttechnisch ist die Aktie angeschlagen. Halten.