Am 17. Februar beginnt die Fastenzeit. Viele Menschen verzichten dann bis Ostern auf Alkohol oder Fleisch. Andere brauchen keinen Aschermittwoch, um über ihre Essgewohnheiten nachzudenken. "Die vegetarische und vegane Ernährungsform ist eine der bedeutendsten Lifestyle-Bewegungen unserer Zeit", stellt Philipp Henrich, Konsumexperte bei Statista, fest. Mehr als sechs Millionen Deutsche sind laut einer Studie des Portals Vegetarier, Tendenz steigend. Knapp eine Million verzichtet als Veganer gänzlich auf tierische Erzeugnisse. Hinzu kommt die weitaus größere Gruppe der Flexitarier - sie macht regelmäßig einen Bogen um Braten und Aufschnitt. Das Segment wächst kräftig: Zwischen 2017 und 2019 hat der Umsatz mit vegetarischen und veganen Produkten in Deutschland um knapp zwei Drittel auf rund 1,2 Milliarden Euro zugenommen.

Industrie und Handel richten das Angebot auf diesen Trend aus. "Die innovativsten Produkte entstehen dabei im Bereich des Fleischersatzes", erklärt Heinrich. Neben Erzeugnissen auf Soja- und Pilzbasis sieht er die mithilfe von Erbsenproteinen und Insekten hergestellten Alternativen auf dem Vormarsch. Und selbst In-vitro-Fleisch ist keine Zukunftsvision mehr. Anfang Dezember erlaubte Singapur als erstes Land der Welt den Verkauf von im Labor gezüchteten Chicken Nuggets. Die Genehmigung ging an Eat Just. Das kalifornische Start-up verwendet tierische Zellen, um daraus das Gewebe für die Hähnchenfleischstücke zu züchten. Noch ist das Verfahren sehr kostspielig und gleichzeitig der Argwohn vieler Konsumenten gegen In-vitro-Produkte ziemlich groß. Den US-Pionier ficht beides überhaupt nicht an. "Das ist ein Durchbruch für die Lebensmittelindustrie weltweit", freute sich Eat-Just-Chef Josh Tetrick über den positiven Bescheid aus Singapur.

Einen wässrigen Mund haben auch Investoren bekommen. Eat Just liegt im Portfolio von Eat Beyond. Seit der Erfolgsmeldung hat sich der Kurs dieser auf innovative Nahrungsmittelunternehmen spezialisierten Beteiligungsgesellschaft mehr als verfünffacht. Im Prospekt macht die erst seit November gelistete Holding aus Vancouver keinen Hehl daraus, dass ihre finanziellen Mittel und operativen Möglichkeiten im Vergleich zu den großen Adressen des Sektors begrenzt sind. Umso mehr gilt es, die aussichtsreichen Start-ups frühzeitig zu erkennen.

Neben Eat Just spricht The Very Good Food für den guten Riecher des Managements. Der Fleischersatzspezialist gab im vergangenen Jahr ein erfolgreiches Börsendebüt und hat mittlerweile eine Kapitalisierung von rund 388,6 Millionen Euro erreicht. Leider hält Eat Beyond weniger als ein Prozent an dem Start-up, ist selbst aber mit immerhin 50 Millionen Euro bewertet. Insofern ist weder diese Beteiligung noch das aussichtsreiche Eat-Just-Engagement ein zwingender Grund dafür, jetzt einzusteigen. Anleger sollten den Hot Stock aber auf die Watchlist setzen.

Mit Macht ins Kühlregal

Sowohl an der Börse als auch im Lebensmittelhandel spielt das namensverwandte Unternehmen Beyond Meat in einer anderen Liga. Der seit Mai 2019 notierte Hersteller von auf Erbsenproteinen basierenden Burger-Patties, Hackfleisch und Bratwürsten bringt es auf eine Kapitalisierung von knapp neun Milliarden Euro. Weltweit sind die Artikel von Beyond Meat an mehr als 120 000 Verkaufsstellen zu haben. Dazu zählt der US-Supermarktriese Walmart genauso wie die Fast-Food-Kette Taco Bell oder zeitweise der heimische Discounter Aldi. Zuletzt konnte der Chef, Ethan Brown, einen Deal mit Pepsico verkünden. Die Partner wollen Snacks und Getränke auf Basis pflanzlicher Proteine entwickeln und anschließend über das globale Vertriebsnetz des Brausekonzerns vermarkten.

Mittelfristig dürfte dieser Deal das enorme Wachstum der Kalifornier zusätzlich anschieben. Schon jetzt liegt Beyond Meat beim Ansturm der Fleischalternativen auf das Kühlregal sehr gut im Rennen. Wir bleiben daher bei unserer Kaufempfehlung für den ziemlich üppig bewerteten Nasdaq-Titel.

Mit einem geplanten Joint Venture sorgte Anfang des Jahres Fermentalg für Furore. Der Umweltkonzern Suez möchte das Know-how des Unternehmens bei der Nutzung von Mikroalgen für die CO2-Abscheidung nutzen. Nach dieser Nachricht hat sich die Fermentalg-Aktie zwischenzeitlich verdreifacht und unser Kursziel übertroffen. Wenngleich die Franzosen mit ihren aus Algen gewonnen Omega-3-Fettsäuren und Proteinen am Puls der Zeit sind, dürfte das Potenzial des Micro Caps vorerst ausgeschöpft sein.

Dagegen könnte die Frosta-Aktie vor einem Sprung nach oben stehen. Der Spezialist für Tiefkühlprodukte verzichtet seit Langem bewusst auf Zusatzstoffe und setzt immer mehr auf ressourcensparende Verpackungen. Seit vergangenem Herbst haben die Bremerhavener eine auf Gemüse, Hanfmehl und Leinöl basierende Alternative zum Fisch im Sortiment. Wenn Frosta am 25. Februar die Bilanz für 2020 vorstellt, dürfte der vegane Vorstoß zwar Thema sein. Einen kräftigen Wachstumsschub hat dem Unternehmen in der Corona-Pandemie jedoch der florierende Absatz von "echten" Fischstäbchen und anderen Fertiggerichten beschert. Wir trauen dem Nebenwert, angeschoben von starken Zahlen, den Vormarsch in Richtung 100-Euro-Marke zu.

Eine nachhaltige Anlagelösung

Ein diversifiziertes Investment in den Wandel der Lebensmittelindustrie bietet der Sustainable Future of Food ETF (WKN: A2P 876). Im Referenzindex sind Firmen enthalten, die die Ressourcen schonen, alternative Proteine liefern und die Transformation des Sektors mit technischen Innovationen vorantreiben. Mehr als 40 Aktien schaffen es aktuell durch das Auswahlverfahren. Neben Schwergewicht Beyond Meat zählen dazu der Aromenhersteller Symrise und Stora Enso, ein finnischer Spezialist für papierbasierte und kompostierbare Verpackungen. Von den EU-Branchenriesen ist einzig Danone im Index enthalten. Aus gutem Grund: Während sich die Konkurrenten nur langsam auf den "Biotrip" machen, setzte der Molkereikonzern bereits 2016 mit einem milliardenschweren Zukauf auf pflanzenbasierte Milchalternativen. Das Konzept geht auf: Mit einem Plus von 16 Prozent übertrifft der ETF von Rize die Performance des breiten europäischen Nahrungsmittelsektors seit der Emission um rund den Faktor vier.