Der Ausverkauf an den Rentenmärkten geht in eine neue Runde: Dies trieb die Rendite der europaweit richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihen am Mittwoch erstmals seit einem Dreiviertel Jahr wieder über die Marke von einem Prozent. Dadurch wurde der Euro für Anleger wieder attraktiver. Er stieg auf bis zu 1,1384 Dollar. Dax und EuroStoxx50 erholten sich etwas von ihren Kursverlusten der vergangenen Tage und gewannen jeweils etwa ein Prozent auf 11.120 beziehungsweise 3485 Punkte.

Börsianern zufolge zeigt das rund eine Billion Euro schwere Anleihe-Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Ankurbelung der Konjunktur erste Erfolge. "Das wirtschaftliche Umfeld hat sich eindeutig verbessert, und die Angst vor einer für die Konjunktur schädlichen Deflationsspirale schwindet", sagte ein Händler.

Das für die EZB-Geldpolitik wichtige Inflationsbarometer stieg am Mittwoch auf ein Sieben-Monats-Hoch. Damit signalisierte der sogenannte Five-Year-Five-Year-Forward, dass Anleger - beginnend in fünf Jahren - die Inflation über einen Zeitraum von fünf Jahren bei 1,8380 Prozent und damit nahe der EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent sehen. Ein vorzeitiges Ende der EZB-Bondkäufe sei dennoch nicht zu erwarten, betonten die Analysten der Essener National-Bank in einem Kommentar. "Der Aufschwung ist weiterhin fragil."

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Für Gesprächsstoff sorgte außerdem das erneute Hick-Hack um Griechenland. Es blieb unklar, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit dem Athener Regierungschef Alexis Tsipras wie geplant am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels in Brüssel über die jüngste Reformliste beraten. Eine Einigung würde nach Monaten des Feilschens den Weg für weitere Hilfen an Griechenland freimachen. Der Mittelmeer-Anrainer steht sonst vor der Pleite. Anleger an der Athener Börse blieben skeptisch: Der Leitindex gab 0,8 Prozent nach. Gleichzeitig stieg die Rendite der zweijährigen griechischen Bonds um mehr als einen halben Prozentpunkt auf 26,267 Prozent.

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GERRY WEBER FALLEN UM 33 PROZENT - SMA GEWINNEN 25 PROZENT



Im deutschen Nebenwerte-Index MDax machte Gerry Weber mit einem Rekord-Kursrutsch von 33 Prozent von sich Reden. Mit 19,91 Euro waren die Papiere der Modefirma zeitweise so billig wie zuletzt vor dreieinhalb Jahren. Firmenchef Ralf Weber kassierte die Jahresziele ein und begründete dies unter anderem mit hohen Expansionskosten und anhaltenden Rabattschlachten. Im Sog von Gerry Weber fielen die Titel des Konkurrenten Tom Tailor zweitweise auf ein Rekordtief von 9,36 Euro.

SMA Solar schossen dagegen um bis zu 25 Prozent in die Höhe - so stark wie nie zuvor. Auslöser war die angekündigte Zusammenarbeit des Solarindustrie-Zulieferers mit Siemens bei Bau und Wartung von Photovoltaik-Großkraftwerken.

Gefragt waren auch Wincor Nixdorf, deren Papiere sich um bis zu zwölf Prozent verteuerten. Insidern zufolge will der US-Geldautomatenhersteller Diebold den schwächelnden Konkurrenten übernehmen. Ein Wincor-Sprecher wollte Gespräche weder bestätigen noch dementieren, sondern sagte: "Wir befinden uns nicht in Merger- oder Übernahme-Verhandlungen."

An der Londoner Börse hievten Hoffnungen auf eine geringere Steuerlast Standard Chartered an die Spitze des Auswahlindex FTSE. Einem Bericht der "Times" zufolge soll die geplante Bankenabgabe nur auf Grundlage des Großbritannien-Geschäfts und nicht der Konzernbilanz berechnet werden. Standard Chartered, die vor allem in Asien aktiv ist, würde hiervon besonders stark profitieren. Ihre Aktien gewannen 5,7 Prozent.

Reuters