"In 2020 wird dieser Trend ausgeprägter sein", sagte Mattes. Befristete Arbeitsverträge liefen aus, bei sinkender Produktion sei Kurzarbeit an der Tagesordnung. Auf den wichtigen Exportmärkten China und USA wie auch in Europa rechnet der Verband der Automobilindustrie (VDA) wegen des weltweiten Handelskonflikts, dem Brexit und schärferen Klimavorgaben mit einer längeren Durststrecke.

Audi und Daimler haben bereits die Streichung von insgesamt etwa 20.000 Stellen in den kommenden Jahren angekündigt. Auch bei vielen Zulieferern fallen Stellen weg - durch den Wandel zu E-Autos und die sinkenden Nachfrage nach Fahrzeugen mit Dieselmotoren vor allem bei Betrieben, die auf den Verbrennungsantrieb spezialisiert sind.

In den vergangenen beiden Jahren hat der Zollstreit der USA mit China die exportabhängige deutsche Autoindustrie getroffen. Die Pkw-Ausfuhren seien um 20 Prozent gesunken, die Produktion fast so stark geschrumpft. Die Gefahr von US-Zöllen auf Importe sei längst nicht ausgestanden, sagte Mattes. "Es ist zur Zeit ruhig darum, aber es ist noch nicht vom Tisch." Die neue EU-Kommission müsse gedrängt werden, mit den USA zu verhandeln. US-Präsident Donald Trump hat die schon lange angedrohten 25 Prozent Einfuhrzoll auf Autos aus Europa bisher nicht verhängt. Doch Handelsminister Wilbur Ross zufolge hält sich die US-Regierung diese Möglichkeit weiter offen.

Am weltgrößten Pkw-Markt in China werde die Nachfrage auch im kommenden Jahr schrumpfen, wenn auch nicht mehr so stark wie zuletzt, prognostizierte der VDA. In Europa werfe die schärfere CO2-Regulierung ihre Schatten voraus, der Absatz werde deshalb 2020 um zwei Prozent sinken. "Konjunkturell haben wir, nach langer Wachstumsphase, Gegenwind", sagte Mattes. Sowohl im laufenden als auch im kommenden Jahr fehlten Wachstumsimpulse in großen Märkten. Dies bekämen Zulieferer noch heftiger zu spüren als die Hersteller.

Auch der Heimatmarkt, der in diesem Jahr noch um vier Prozent auf 3,57 Millionen Neuzulassungen wächst, wird nach Einschätzung der Branche 2020 den Rückwärtsgang einlegen. Der VDA prognostiziert ein Minus von vier Prozent. Die ausländischen Hersteller sind noch pessimistischer für Deutschland. Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) prognostizierte einen Rückgang um sechs Prozent.

STEUERN SENKEN, KEINE NEUEN KLIMAZIELE


Bei schwächeren Märkten steckt die Autoindustrie auch noch in einem fundamentalen Strukturwandel hin zu Elektromobilität mit enorm hohen Investitionen. "In vielen Unternehmen ist die Anspannung zu spüren", sagte Mattes. Die Politik müsse den Automobilstandort deshalb wetterfest machen und die Rahmenbedingungen am Industriestandort Deutschland verbessern. Die Unternehmenssteuern sowie Steuern und Abgaben auf Strom müssten sinken, der Solidaritätszuschlag für alle gestrichen werden. Besorgt ist die Autoindustrie mit Blick auf die neue EU-Kommission auch darüber, dass der angekündigte "European Green Deal" noch schärfere Reduktionsziele für das Klimagas Kohlendioxid (CO2) vorsehen könnte. "Brüssel darf nicht durch noch härtere EU-Klimaziele die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Europa gefährden", warnte Mattes.

Die Autobauer setzen unterdessen darauf, dass dank der beschlossenen höheren Förderung von Autos mit alternativen Antrieben das noch kleine Segment der E-Autos im kommenden Jahr stark wachsen wird. Schon in diesem Jahr steige der Absatz von E-Autos und Wagen mit Hybridmotoren um zwei Drittel auf rund 300.000 Neufahrzeuge. Der Marktanteil erhöhe sich damit von fünf auf 8,5 Prozent und werde im kommenden Jahr auf zwölf bis 15 Prozent weiter ansteigen, erklärte der VDIK. "Elektroautos fahren 2020 mit Macht und Stückzahl aus der Nische heraus", sagte VDIK-Präsident Reinhard Zirpel in Frankfurt. Auch bei den deutschen Herstellern sei die Elektro-Modelloffensive in vollem Gange, betonte Mattes. Bis 2023 werde das Angebot auf mehr als 150 Modell verdreifacht.

rtr