Sicher hätte der neue Vorstandschef von Beiersdorf die DAX-Rückkehr des Konsumgüterkonzerns gerne mit brillanten Quartalszahlen garniert. Doch Anlass für Freudensprünge gibt das aktuelle Zahlenwerk nicht: Zwischenbilanz und Ausblick sind zwar solide, erfüllen die Erwartungen vieler Analysten aber nicht. Den Hersteller von starken Marken wie Nivea und Tesa ficht das nicht an, er konkretisierte seine Jahresziele und blickt verhalten optimistisch auf 2022.

Seit dieser Handelswoche gehört Beiersdorf wieder zum Kreis der wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, nachdem der Konzern den DAX im Zuge der Indexreform im Frühjahr verlassen musste. Es ist die erste Veränderung seit der DAX-Erweiterung von 30 auf 40 Werte im September. Beiersdorf ersetzt Deutsche Wohnen, der Immobilienkonzern wurde vom Konkurrenten Vonovia übernommen und ist somit aus dem Index gefallen.

Für Beiersdorf ist die DAX-Rückkehr per se eine gute Nachricht: Sie erhöht die Visibilität des Titels. Wichtig sind Indexänderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden (ETFs), dort muss entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was wiederum Einfluss auf die Aktienkurse der jeweiligen Titel haben kann.

Für den neuen Mann an der Spitze des Hamburger Konzerns haben sich damit bereits ohne sein Zutun wichtige Weichen gestellt. Seit Mai sitzt Vincent Warnery im Chefsessel. Der Franzose gehört dem Beiersdorf-Vorstand seit Februar 2017 an und war für die Marken Eucerin, Hansaplast und La Prairie zuständig. Zuvor war er bei Konkurrenten wie Procter & Gamble und L'Oréal tätig.

Von seinem Vorgänger Stefan De Loecker, der Beiersdorf im Frühjahr ohne Angabe von Gründen verlassen hatte, erbte Warnery das Investitionsprogramm Care+. Damit soll konzernweit unter anderem das Wachstum im Geschäft mit Hautpflegeprodukten angekurbelt und die Digitalisierung beschleunigt werden. Ob das nachhaltig funktioniert, muss sich noch zeigen. Goldman-Sachs-Analyst Olivier Nicolai etwa ist skeptisch: Er moniert, das Investitionsprogramm bringe mittelfristig kein starkes organisches Umsatzwachstum mit sich.

Die jüngste Zwischenbilanz scheint ihm recht zu geben. Der Konsumgüterkonzern konnte die hohen Erwartungen ans Umsatzwachstum nicht erfüllen. Dabei stieg der Umsatz in den ersten neun Monaten dieses Jahres organisch um zwölf Prozent auf 5,8 Milliarden Euro und übertraf damit sogar das Vorkrisenniveau von 2019. Zu verdanken sei dies der nach der Pandemie zurückgekehrten Reiselust der Bürger, sagt Warnery. Sie habe die Nachfrage nach Sonnencremes und Pflegeprodukten angekurbelt. Rückenwind habe auch der Nachfrageboom nach Klebstoffen seitens der Industrie gebracht.

Umsatzziele präzisiert

Der Vorstand konkretisiert seine Umsatzziele für das laufende Gesamtjahr: 2021 sollen die Erlöse organisch um acht bis zehn Prozent steigen - das ist weniger, als zuvor von Analysten berechnet wurde. Die operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) soll 2021 unverändert auf dem Niveau des Vorjahres verharren, in dem 11,8 Prozent erreicht wurden. Die Aktie verlor nach Vorlage der Zwischenbilanz etwa drei Prozent.

Zum Umsatzplus der ersten neun Monate trugen die beiden großen Sparten bei: Der Consumer-Bereich mit Marken wie Nivea, Eucerin, Coppertone oder La Prairie wuchs um 10,4 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Die Klebstoffsparte Tesa stieg um 19,4 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro. Der Zuwachs sei vor allem durch den Bereich Direct Industries im Electronics-Geschäft in China getrieben worden.

Marktanteile gewann Beiersdorf laut eigenen Angaben vor allem in Lateinamerika. Dies sei vor allem der stärkeren Fokussierung auf digitale Kanäle und der Einführung neuer Produkte zu verdanken. Im Bereich Consumer sei das E-Commerce-Geschäft in den ersten neun Monaten über alle Marken und Regionen hinweg um 38 Prozent gewachsen.

Im kommenden Jahr will Beiersdorf mit Eucerin Sun den US-amerikanischen Markt betreten. Die seit Jahresbeginn amtierende Finanzchefin Astrid Hermann ist zuversichtlich, dass 2022 etwas besser wird. "Wir streben ein leichtes Wachstum der Ebit-Umsatzrendite gegenu¨ber dem Vorjahr an", sagte sie bei Vorlage der Zwischenbilanz.

Steigende Preise bei Rohstoffen sollen mit Einsparungen und Preiserhöhungen für die eigenen Produkte kompensiert werden. Dass das gelingen kann und die Strategie Care+ der richtige Weg ist, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen, sollte das neue Team an der Beiersdorf-Spitze nun zügig unter Beweis stellen.

Es ist Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und zu zeigen, dass der Traditionskonzern seinen Platz in der ersten Börsenliga aus eigener Kraft verdient.

Für große Sprünge fehlt die Fantasie. Beiersdorf gilt zwar als zuverlässiger Dividendenzahler, doch die Ausschüttung stagniert seit 2010 bei 70 Cent, die Quote ist mit 28 Prozent recht mau. Empfehlung: Beobachten