Nicht nur für viele DAX-Investoren verlief das Börsenjahr 2018 denkbar schlecht, auch die Aktionäre der Deutschen Post musste eine herbe Talfahrt verkraften. Mit gut 40 Prozent Verlust zeigten die Papiere des Logistikers eine deutlich schlechtere Performance als der Gesamtmarkt. Auch im Vergleich zu den direkten Konkurrenten entwickelte sich der DAX-Wert unterdurchschnittlich. Die Gewinnwarnung nach dem ersten Quartal und die Kostenprobleme im Brief- und Paketgeschäft schreckten vor dem Hintergrund der Konjunktursorgen sowie dem Handelsstreit Investoren ab. Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Seit dem Tief von Ende 2018 steht der Kurs wieder 15 Prozent höher. Bis zum Hoch aus 2017 fehlen noch etwa 45 Prozent. Die Post-Aktie bietet somit viel Nachholpotenzial gegenüber dem Gesamtmarkt. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass der gebeutelte Logistiker verlorenes Terrain zurück erobern wird.

Gleich von mehreren Seiten spüren die Bonner wieder leichten Rückenwind. Global gesehen enttäuschten zuletzt zwar viele Konjunkturdaten, eine Rezession zeichnet sich aber nicht ab. Der Handelsstreit zwischen den USA und China könnte bereits Ende März beendet sein - ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor würde dann wegfallen.

Kräftige Portoerhöhung im Sommer?



Auf dem Heimatmarkt verschiebt sich zwar die ursprünglich für April angesetzte Portoerhöhung möglicherweise in den Sommer. Dennoch dürfte der Logistiker sehr zufrieden sein: Dank einer neuen Verordnung des Wirtschaftsministeriums könnte ab dem Sommer das Porto für einen Standardbrief sogar um knapp 29 Prozent steigen. Bisher hatte die Bundesnetzagentur dem Unternehmen nur einen Aufschlag von 4,8 Prozent auf den aktuellen Tarif zugestanden. Im internationalen Vergleich wären die Briefe aber auch dann noch nicht teuer, nach Post-Angaben werden im europäischen Durchschnitt rund 0,94 Euro fällig. Eine Entscheidung könnte Mitte März vorliegen.

Immer stärker sollten in den kommenden Wochen und Monaten auch die Effekte aus den eingeleiteten Kostensenkungs- und Optimierungsmaßnahmen ihre Wirkung entfalten. Zudem betreibt die Post ein konzernweites Chancen- und Risikomanagement, um bei Abweichungen von den Vorgaben schnell mit Kapazitäts- und Kostenanpassungen gegensteuern zu können. Die aktuell anfallenden Sanierungskosten drücken zwar auf die Rentabilität, wie die Zahlen zum dritten Quartal zeigten. Allerdings sind dies Sondereffekte, die nur zeitlich befristet anfallen. Grundsätzlich bleiben die Aussichten daher gut, Megatrends wie Outsourcing und Globalisierung befeuern das Frachtwachstum. Gerade für den Paketbereich sind die Perspektiven dank der anhaltend hohen Wachstumsraten im Bereich E-Commerce bestens.

Solide Bewertung und hohe Rendite



Zu den Fortschritten im Turnaround-Plan sowie den Preiserhöhungen wird sich Konzernchef Frank Appel sicherlich auch bei der Vorstellung des Geschäftsberichts 2018 am 7. März äußern. Analysten rechnen mit Umsatzerlösen im vergangenen Jahr von 61 Mrd. Euro sowie einem Konzern-Ebit von 3,1 Mrd. Euro. Für 2019 werden rund 63 Mrd. Euro Umsatz prognostiziert bei einem Ebit von 3,9 Mrd. Euro. Analysten haben in den vergangenen Monaten ihre Gewinnschätzungen unverändert gelassen: Für 2019 liegt die Messlatte bei 2,22 Euro je Aktie, 2020 werden 2,50 Euro erwartet. Mit einem 2020er-KGV von 11 liegt die Aktie im Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Positiv sticht die Dividende hervor mit 1,15 Euro für 2018, was zu einer Dividendenrendite von 4,2 Prozent führt. Die Hauptversammlung ist für den 15. Mai angesetzt.

Einschätzung der Redaktion

Flankiert werden die sich aufhellenden Aussichten im operativen Bereich durch die Charttechnik. Seit Ende 2018 zeigt das Kursbild eine Serie steigender Tiefpunkte. Zuletzt kletterte der Kurs über die Hürde bei rund 27 Euro, ein aufsteigendes Dreieck wurde abgeschlossen. Die nächste Zielmarke stellt der 200-Tage-Durchschnitt (violett) bei 28,60 Euro dar, darüber verlaufen weitere Orientierungsmarken bei 29 und 32 Euro. Die Einschätzung bleibt positiv, solange der Kurs nicht mehr unter den Abwärtstrend um 26 Euro zurück fällt. Anleger, die etwas mehr Spielraum lassen möchten, platzieren den Stopp bei 23,10 Euro.



Bisher hat die Aktie nur einen Teil der deutlichen Verluste wieder aufgeholt und bietet noch reichlich Nachholpotenzial. Sollte die Weltwirtschaft wieder freundlichere Signale senden, dürften die eingeleiteten Effizienzmaßnahmen verbunden mit der Portoerhöhung den Aktionären viel Freude bereiten. BÖRSE ONLINE empfiehlt die Aktie daher weiter zum Kauf.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n-tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. www.index-radar.de