Nilang Mehta hat sein Büro zwar in Hongkong, doch über die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in seinem Geburtsland Indien weiß er bestens Bescheid. Auch die Unternehmen des Subkontinents kennt der Fondsmanager des umgerechnet 1,5 Milliarden Euro schweren HSBC GIF Indian Equity genau. Immer wieder besucht er die Firmenchefs vor Ort und informiert sich über deren Zukunftspläne. Die intensive Analyse von Politik, Ökonomie und Businessplänen ist unverzichtbar, um das Kapital der Anleger zu vermehren.

"Wir investieren überwiegend in Value-Titel, also Aktien, die unter ihrem fairen Wert notieren", erklärt Mehta. Das könne dazu führen, dass der Fonds schlechter abschneide als der Vergleichsindex. Die Unterschiede sind aber nicht riesig. Im vergangenen Jahr schaffte der Fonds auf Eurobasis über 25 Prozent, der Vergleichsindex schnitt drei Prozentpunkte besser ab.

Modi treibt an



Die Chancen für das Jahr 2018 schätzt Mehta vorsichtig optimistisch ein. In mehreren indischen Bundesstaaten finden Wahlen statt. Deren Ergebnisse, die möglicherweise erste Hinweise liefern auf den Ausgang der indischen Parlamentswahlen im kommenden Jahr, könnten an der Börse in Mumbai Kursschwankungen auslösen. Mehta will dann sein Fachwissen in Bezug auf Unternehmen einsetzen und günstige Gelegenheiten zum Kauf nutzen.

Denn an den langfristigen Börsenchancen des in diesem Jahr mit voraussichtlich 7,4 Prozent und im kommenden Jahr mit 7,8 Prozent wachsenden Schwellenlands wird sich seiner Meinung nach nicht viel ändern: "Egal welche Partei aus langfristiger Sicht die Regierung stellt, die Reformrichtung bleibt mehr oder weniger unilateral zwischen den Parteien. Unterschiede kann es aber im Tempo der Reformdurchführung geben", sagt der Manager.

Dem aktuellen Ministerpräsidenten kann man mangelnden Reformeifer sicherlich nicht vorwerfen. Narendra Modi hat unter anderem eine ganze Reihe von Geschäftsbereichen für ausländische Investoren geöffnet. Zu seinen bislang wichtigsten Reformprojekten zählt jedoch die im vergangenen Jahr verabschiedete "Goods and Service Tax". Die nun in allen 29 Bundesstaaten geltende Mehrwert-steuer soll den Binnenhandel stärken und die Staatseinnahmen erhöhen. "Nach Startschwierigkeiten funktioniert mittlerweile das neue Steuersystem sehr gut", sagt Fondsmanager Mehta.

Auch von den Folgen der Demonetisierung hat sich Indien allmählich wieder erholt. Im November 2016 wurden über Nacht rund 86 Prozent des sich im Umlauf befindlichen Bargelds abgeschafft. Die Maßnahme sollte unter anderem die Schattenwirtschaft erschweren, die derzeit ungefähr 30 Prozent der indischen Wirtschaft abbildet. Dem Staat entgehen dadurch aber dringend notwendige Steuer-einnahmen, die er beispielsweise zur Verbesserung der Infrastruktur nutzen kann.

Staatseinnahmen dank Digitalisierung



Unter den Top-Ten-Positionen des Fonds finden sich Unternehmen, die vom Aufschwung profitieren beziehungsweise zu dessen Dynamik wesentlich beitragen sollten. Reliance Industries etwa, Indiens größter börsennotierter Konzern, will zusammen mit anderen global aufgestellten Unternehmen wie beispielsweise Siemens rund neun Milliarden Euro zur Errichtung eines Industriekomplexes im Bundesstaat Maharashtra investieren.

Das IT-Unternehmen Infosys wiederum profitiert von politischen Reformen beziehungsweise Anstrengungen der Regierung, Sozialbetrug durch Nichtbedürftige zu verhindern. Der Konzern entwickelte ein biometrisch gestütztes Digitalisierungssystem, von dem sich Bewerber um staatliche Leistungen erfassen lassen müssen. Für Infosys ist das eine riesige Einnahmequelle und die dank des Erkennungssystems Aadhaar ermöglichten Einsparungen für den Staat sollen bei rund neun Milliarden Euro liegen.