Die EZB um Chefin Christine Lagarde erhöht die Zinsen wie erwartet in der Euro-Zone um weitere 0,25 Prozentpunkte. Doch kann die Europäische Zentralbank damit die Börsen unverhofft zu neuen Rekordhochs führen? Denn Aktien, Gold, Euro und Kryptowährungen jubilieren nach der Entscheidung.

Die EZB hat im Kampf gegen die hartnäckige Inflation im Euroraum erneut die Zinsen erhöht. Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag in Frankfurt, wie schon im Mai und im Juni die Schlüsselsätze um einen viertel Prozentpunkt anzuheben. Das ist bereits die neunte Anhebung in Folge. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Sommer 2022 mit ihrem rasanten Straffungskurs begonnen. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt damit auf 3,75 Prozent von 3,50 Prozent. Zum weiteren Vorgehen teilte die EZB zudem mit: "Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die EZB-Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2-Prozent-Ziel zu erreichen."

So reagieren die Aktien an der Börse, DAX, Euro, Gold, Silber und Kryptowährungen auf die Zins-Entscheidung der EZB

Schon im Vorfeld der Zins-Entscheidung hatte der DAX heute kräftig zugelegt. Um 1,2 Prozent ging es bis auf 16.330 Punkte hoch. Nach der Entscheidung von Lagarde zeigt sich der DAX weiter stark, verharrt aber vorerst auf dem aktuellen hohen Niveau. Gegen 15:30 befindet sich der DAX bei plus 1,45 Prozent und 16.363 Punkten. Damit ist der deutsche Leitindex bereits wieder ziemlich nah an einem neuen Rekordhoch.

Der TecDAX konnte sogar sehr stark um 2,6 Prozent zulegen und setzt damit seinen Aufwärtstrend fort. Nach der Zins-Entscheidung geht es nochmals etwas nach oben. Mittlerweile liegt der TecDAX bei plus 3,1 Prozent.

Die US-Futures zum Dow Jones, S&P 500 und zur Tech-Börse Nasdaq100 zeigten sich vorbörslich (Börsenöffnung in den USA um 15:30 deutscher Zeit) sehr stark. Der Dow Jones legte um 0,35 Prozent zu, der marktbreite S&P 500 um 0,7 Prozent und die Nasdaq um 1,2 Prozent.

Auch der Euro war gegenüber dem US-Dollar schon gestern Abend gestiegen, weil es in den USA aktuell so aussieht, als würde es keine weitere Zinserhöhung mehr geben. Weil dann der Euro durch weitere Zinserhöhungen der EZB stärker wird, gewinnt der Euro gegenüber dem Dollar auch heute schon um starke 0,43 Prozent auf 1,1137 Dollar. Überraschenderweise wird der Euro schwächer und fällt auf plus 0,15 Prozent zurück. Inzwischen ist der Euro sogar 0,65 Prozent im Minus. Dies hat wohl den Hintergrund, dass Experten mit einer Zinspause in Europa im Herbst rechnen. Dies würde den Euro nicht stärker gegenüber dem Dollar machen, wie vorher erwartet worden war.

Auch die Kurse der Edelmetalle Gold und Silber hatten sich heute leicht stärker gezeigt. Doch durch den stärkeren Dollar fallen Gold und Silber stark. Gold gibt 1 Prozent ab und Silber 2 Prozent.

Die Kryptowährungen profitieren ebenfalls zunächst von einem schwächeren Dollar. Doch dann fielen Bitcoin und Ethereum nach einem guten Stück im Plus plötzlich auf die Nulllinie zurück. Kryptowährungen sind bei einem starken Dollar immer unter Druck und profitieren von einem schwachen Dollar.

Auch die Fed hat die Zinsen schon angehoben

Bereits gestern hatte die US-Zentralbank Fed die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 5,25 bis 5,50 Prozent angehoben. Lesen Sie hier mehr dazu: Letzte Zinsanhebung? So überraschend reagieren Aktien an der Börse auf die nächste Erhöhung der Fed

Das sagt die EZB zur weiteren Zins-Entwicklung

Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus werde der EZB-Rat auch künftig "einen datengestützten Ansatz" verfolgen. Zwar ist der Kampf gegen die hohe Inflation noch längst nicht gewonnen, doch der Zinsgipfel kommt für die Währungshüter aus Sicht von Volkswirten nun in Sichtweite. Die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft war im Juni zwar auf 5,5 Prozent gesunken von 6,1 Prozent im Mai. Von Entwarnung kann aber noch nicht gesprochen werden. Denn die Teuerung liegt immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Stabilitätsziel der Notenbank von 2,0 Prozent Inflation.

Sorge bereitet den Währungshütern auch die Entwicklung der Kerninflation - ein Inflationsmaß, das die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert. Die Kernrate war im Juni auf 5,5 Prozent gestiegen von 5,3 Prozent im Mai. Andererseits muss die EZB auch aufpassen, dass sie mit ihrem rasanten Straffungskurs die ohnehin schon schwächelnde Konjunktur im Euroraum nicht vollständig abwürgt. Wie sich Lagarde auf der in kürze stattfindenden Pressekonferenz angesichts dieser Gemengelage zum weiteren Zinskurs äußert, wird daher mit Spannung erwartet.

In den USA hat die US-Notenbank am Mittwoch ihren geldpolitischen Schlüsselsatz um einen viertel Prozentpunkt angehoben auf die neue Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Für die nächste Zinssitzung im September hielten sich die US-Währungshüter um Notenbankchef Jerome Powell aber alle Türen offen. Sowohl eine Anhebung als auch eine Pause ist Powell zufolge denkbar.

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(Mit Material von Reuters)