Der Chiphersteller Infineon zeigt sich voller Optimismus - bei Anlegern scheint das nicht anzukommen, denn die Aktie notiert deutlich im Minus. Dabei können sich die Zahlen für das erste Quartal sehen lassen: Eine hohe Nachfrage nach Mikrochips hat dem Halbleiterkonzern zum Auftakt seines Geschäftsjahres Rückenwind gegeben. Von Oktober bis Dezember steigerte das Münchener Unternehmen das operative Ergebnis aller Segmente gegenüber dem Vorquartal um 16 Prozent auf 717 Millionen Euro, wie Infineon am Donnerstag mitteilte. "Infineon hat einen gelungenen Start in das Geschäftsjahr 2022 hingelegt. Wir konnten Umsatz und Segmentergebnis weiter deutlich steigern", so Infineon-Chef Reinhard Ploss am Donnerstag in Neubiberg bei München.

Der Umsatz kletterte um fünf Prozent auf 3,15 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorquartal. Betrachtet man den Vorjahreszeitraum ist das sogar ein Plus von 20 Prozent. Wachstumstreiber bleibt die Automobil-Sparte, die etwa 40 Prozent des Konzernumsatzes ausmacht. Das Segmentergebnis stieg um 16 Prozent auf 717 Millionen Euro. Damit lagen Umsatz und operativer Gewinn sowohl über der Prognose des Unternehmens als auch den Erwartungen der Analysten.

Unter dem Strich belastete ein erhöhtes Steueraufkommen das Ergebnis. Der Gewinn belief sich im ersten Quartal des Geschäftsjahres auf 457 Millionen Euro und damit etwas weniger als im Quartal zuvor.

Der Halbleiterbedarf sei durch Digitalisierung und Umstellung der Autoindustrie auf Elektroautos nach wie vor deutlich höher als das Angebot. Die Liefersituation bleibe in einigen Bereichen bis weit ins Jahr angespannt, so der DAX-Konzern. Infineon stockt deshalb ihre Investitionen auf, um den Bedarf zu decken: im laufenden Geschäftsjahr bis Ende September will der Chiphersteller 2,4 Milliarden Euro ausgeben.

Prognose angehoben


Der Chipkonzern hob am Donnerstag bei der Zahlenvorlage seine Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende 30. September) um 300 Millionen auf 12,5 bis 13,5 Milliarden Euro an. Auch beim operativen Gewinn erwartet Infineon mehr, nachdem der Konzern die Erwartungen im ersten Quartal übertroffen hatte.

Grundlage für die neue Prognose sei ein Euro-Kurs von 1,15 US-Dollar, hieß es nun. Bislang hatte Infineon mit 1,20 Dollar kalkuliert. Damit bleibt bei den in Dollar gestellten Rechnungen mehr in der Gewinn- und Verlustrechnung von Infineon hängen. Der DAX-Konzern erzielt rund zwei Drittel seiner Erlöse in Dollar. Bei der Analystenkonferenz zu den Zahlen sagte Ploss, dass die höhere Prognose vor allem auf den schwächeren Euro zurückgeht. Die neuen Ziele für den Umsatz und die operative Marge ergeben rechnerisch einen operativen Gewinn von knapp 2,9 Milliarden Euro. 2020/21 hatte Infineon bei einem Umsatz von elf Milliarden Euro operativ rund 2,1 Milliarden Euro verdient.

Unsere Einschätzung zur Infineon-Aktie


Am Tag der Bekanntgabe der Q1-Zahlen machen Anleger einen deutlichen Bogen um die Infineon-Aktie. Das Papier notiert mit mehr als vier Prozent im Minus bei gut 35 Euro. Infineon zählt damit zum schwächsten Papier im deutschen Leitindex DAX. Damit knüpft die Aktie an die zum Jahresbeginn begonnene Kursschwäche an.

Die Analysten der Credit Suisse schreiben, der angehobene Ausblick könnte sich als konservativ erweisen. Ein Händler sagte, teilweise gebe es Sorgen, "die Zyklus-Spitze könnte bei Infineon bald erreicht werden". Zudem verwiesen Marktbeobachter auf die Aussagen des Infineon-Chefs Reinhard Ploss, dass die Liefersituation in einigen Anwendungsbereichen noch weit in das Kalenderjahr hineinreiche.

In den jüngsten Handelswochen bröckelte der Kurs vom einstigen Rekordhoch bei 43,46 Euro im November 2021 bis auf zeitweise 34 Euro ab. Das dürfte nicht allzu sehr überraschen: Technologiewerte sind derzeit bei Anlegern nicht sonderlich gefragt und fliegen aus den Depots.

Wir haben unseren Stopp für die Infineon-Aktie bei 35 Euro gesetzt - der Kurs notiert genau auf dieser Ebene. Wir sagen deshalb: lieber erst einmal abwarten.

ak/dpa-AFX/rtr