Wenn in den kommenden Jahren unsere Sinneseindrücke immer stärker mit atemberaubend realistischen Bildern und hilfreichen Daten verschmelzen, wird nicht nur für die Unterhaltungsindustrie eine neue Ära anbrechen. Mixed Reality könnte in Arbeitswelt und Alltag, im Sport ebenso wie in der Industrie, im Handel und in der Gesundheitsvorsorge ein neues Zeitalter der klugen und genussvollen Kommunikation mit künstlichen Welten begründen.

Mixed Reality ist in gewisser Weise eine Weiterentwicklung von Virtual Reality und verspricht zusätzliche Einsatzmöglichkeiten. Unter vermischter Realität werden Systeme zusammengefasst, die die natürliche Wahrnehmung eines Nutzers mit einer künstlichen Realität vermischen. Neben der hauptsächlich computererzeugten virtuellen Realität sind dies insbesondere Systeme der erweiterten Realität und Virtualität.

Hierzu eine kurze Begriffserklärung:

•Empirische Realität erfährt etwa ein Mensch, der zum Einkaufen in den Supermarkt geht.

•Virtuelle Realität (VR) wird in einem Computerspiel dargestellt, das über einen VR-Helm gespielt wird und nicht auf die reale Außenwelt des Benutzers reagiert.

•Erweiterte Realität (Augmented Reality) steckt etwa in Brillengläsern, auf deren Innenseite ein Computer den Einkaufszettel des Benutzers projiziert, und zwar so, dass beim Benutzer der Eindruck entsteht, der Einkaufszettel sei an die Wand des Supermarkts geschrieben. Die Wirklichkeit wird hier um virtuelle Informationen angereichert.

•Erweiterte Virtualität kommt zum Beispiel in einem Computerspiel zum Einsatz, das über einen VR-Helm gespielt wird und die Türsprechanlage auf die Kopfhörer überträgt, wenn es an der Tür klingelt. Die Virtualität wird hier um reelle Informationen angereichert.

•Mixed Reality deckt das gesamte "Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum" mit Ausnahme von "nur Realität" und "nur Virtualität" ab. Wissenschaftler sprechen auch von "Immersion", also der Verschmelzung des eigenen (realen) Körpers mit der aus Daten, Tönen und Bildern konstruierten virtuellen Welt. Die Schlüsseltechnologie in den neuen Mixed-Reality-Brillen ist das sogenannte "Inside-Out-Tracking". Es ermöglicht, dass Headsets und Steuergeräte ohne zusätzliche Ortungshardware für die Ermittlung der Nutzerposition auskommen. Stattdessen sind die zur Positionierung benötigten 3-D-Kameras und andere Sensoren in der Brille selbst eingebaut. Der Eindruck, Teil der künstlichen Wirklichkeit zu sein, wird dadurch ungleich realistischer.

Diese neuartigen Umgebungen kann die Gesellschaft sich zunutze machen und damit Produktionsprozesse, das Einkaufen im Internet oder Trainingsmethoden im Hochleistungssport optimieren. Die Grafik auf Seite 35 macht deutlich, wie breit das Spektrum an Einsatzmöglichkeiten ist und wo Umsatzchancen gesehen werden.



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Plattform der Zukunft



"Windows Mixed Reality" (WMR) ist eine von Microsoft entwickelte Plattform für die Entwicklung von Augmented-Reality-Anwendungen. Mit WMR versucht Microsoft zwei zentrale Probleme in den Griff zu bekommen: Eines ist der Formfaktor, da die Geräte optisch abwechslungsreich und recht eigenständig gestaltet sind. Dass die Vorderseite wie ein Visier nach oben geklappt werden kann, ermöglicht einen schnellen Wechsel zwischen den Realitäten (beziehungsweise den Spielebenen) und steigert den Nutzungskomfort. Das Zweite ist der einfache Aufbau der Mixed-Reality-Box: Externe Sensoren sind nicht mehr notwendig, lediglich ein Kabel führt zum Rechner.

Auch die Auflösung konnte Microsoft etwas steigern und damit einen wesentlichen Kritikpunkt an den aktuellen Geräten eliminieren. Windows Mixed Reality könnte in der Branche die Innovationszyklen verkürzen, wenn technische Verbesserungen auf dem Microsoft-Portal nachgeschoben werden, sobald sie verfügbar sind.

Neuer Anker



Für seine "Moonshots" bekannt ist auch Alphabet. 2012 ist der Konzern mit der Einführung seiner Datenbrille Google Glass gründlich gefloppt. Das hält die Verantwortlichen allerdings nicht davon ab, den nächsten Versuch zu wagen. Mit der nächsten Brillen-Generation will Alphabet durchstarten. Und dabei geht es um immer mehr Pixel-Volumen und um künstliche Intelligenz als digitalem Assistenten in diversen Geräten. Alphabet hat gerade eine leicht überarbeitete Version der mobilen VR-Stoffbrille Daydream vorgelegt. Zumindest Augmented-Reality-(AR)-Anwendungen werden ab sofort in den Smartphones verbaut. Hier geht es dem Unternehmen um den direkten Wettbewerb mit Apple. Möglicherweise hat der Suchmaschinengigant sogar eine Killer-AR-App im Gepäck, die auf bestehende Google-Services wie Maps oder Earth zurückgreift. Ein mögliches Highlight im Mixed-Reality-Portfolio sind die autarken Datenbrillen, die schon im November auf den Markt kommen sollen.

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Große Zukunft



Mixed Reality möchte auf dem Unterhaltungsmarkt das einlösen, was der Hype um Virtual Reality vergeblich versprach: ein übergangsloses Eintauchen in virtuelle Welten, Datenvisualisierungen und andere Dienste als praktische Alltagshelfer. Auch in Deutschland wird sich das Segment innerhalb der kommenden fünf Jahre zu einem prosperierenden Markt mit satten Zuwachsraten von jährlich knapp 40 Prozent entwickeln.

Deutsche Unternehmen werden im Jahr 2020 knapp 850 Millionen Euro in Virtual- und Mixed-Reality-Lösungen investieren. Vom künftigen Wachstum profitieren gleichermaßen Gerätehersteller, etablierte IT-Lösungsanbieter und innovative Start-ups. Aus dem Hype kann eine substanzielle Innovation werden, die auch Anleger für sich nutzen können.