"Die ETF-Anbieter tun alles, um die Bedürfnisse der wichtigsten Investorengruppen zu erfüllen", berichten die Unternehmensberater von PriceWaterhouseCoopers (PWC) in ihrer Marktstudie "ETF 2020". Eines der heißesten Wachstumsfelder: Smart Beta-ETFs, also börsengehandelte Indexfonds (ETF) die auf einer neuen Art von Indizes beruhen. Nahezu die Hälfte der von PWC weltweit befragten Produktentwickler und Strategen der Fondsgesellschaften und -vermittler sehen in diesem Bereich das wichtigste Innovationsfeld.

Der Grund: Immer mehr Anleger würden Indizes bzw. ETFs suchen, die die enthaltenen Werte nicht mehr nach deren Marktkapitalisierung gewichten, sondern nach anderen Kriterien, etwa nach Volatilität, Dividendenrendite oder Bonität. Bereits in den vergangenen Jahren kamen die ersten solcher Smart-Beta-ETFs auf den Markt. Jetzt zeigen die Fondsgesellschaften, dass noch mehr geht. Die neueste Generation dieser cleveren ETFs stößt auch in den bisher vernachlässigten Anleihen-Bereich vor.

"Standard bei Indizes ist heute die Gewichtung anhand der Marktkapitalisierung", erklärt Konrad Sippel, leitender Produktmanager beim Indexanbieter Stoxx. Durch diese Art der Indexkonstruktion werde die Entwicklung eines Marktes relativ exakt abgebildet. Jedoch: "Aus Anlegersicht ist diese Art der Gewichtung nicht unbedingt optimal", erklärt Sippel. Indizes mit einer anderen Gewichtung könnten manchmal höhere Erträge bringen.

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Smart-Beta-ETF sind bei Anlegern gefragt



Vor allem bei Renten-ETFs kann die Gewichtung nach Marktkapitalisierung nicht nur weniger Rendite, sondern auch mehr Risiko mit sich bringen. So haben etwa in den großen Staatsanleihen-Indizes genau die Länder das größte Gewicht, die besonders viel Geld an den Kapitalmärkten aufgenommen haben. Anleger investieren mit solchen ETFs also ausgerechnet in die Staaten mit den höchsten Schulden und kaufen sich so womöglich ein höheres Ausfallrisiko ein.

Zudem: Am globalen Rentenmarkt stellen einige wenige Staaten den Großteil des Marktvolumens. Ungefähr 80 Prozent des weltweiten Anleihen-Marktes stellen Anleihen aus nur sechs Staaten. Gut die Hälfte der verfügbaren Anleihen kommt aus den Vereinigten Staaten und Japan. Wer nach dem Volumen gewichtet, läuft also Gefahr, große Klumpenrisiken einzugehen.

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Die nächste Generation der Anleihen-ETF



Immer mehr ETF-Anbieter arbeiten vor diesem Hintergrund jetzt an der Weiterentwicklung der Renten-ETFs. Das Ziel ist dabei meist weniger die Maximierung der Rendite, sondern vielmehr die Minimierung der Risiken. Die ersten Smart-Beta-ETFs im Rentenbereich verfolgten dabei noch vergleichsweise einfache Strategien. So investiert etwa der Amundi Govt. Bond Highest Rated EuroMTS ETF (FR0010930636) nur in Eurozone-Staatsanleihen mit Top-Rating. Der iShares Euro Corporate Bond Interest Rate Hedged ETF (DE000A1J7CL2) investiert in Unternehmensanleihen, sichert jedoch das Zinsänderungsrisiko mit einer Short-Position in Staatsanleihen ab.

Der Amundi ETF Govt Bond Lowest Rated EuroMTS IG ETF (FR0010892190) zielt dagegen eher auf etwas höhere Rendite. Dieser ETF enthält deshalb nur die Eurostaatsanleihen mit dem schlechtesten Rating, allerdings nur innerhalb des Investment-Grade-Bereichs. Anleihen mit noch geringerer Bonität, etwa aus Griechenland oder Portugal, dürfen nicht in diesen ETF hinein.

Noch einen ordentlichen Schritt weiter geht seit diesem Frühjahr der bislang eher für Rohstoff-ETCs bekannte britische Anbieter ETF Securities. Für ihre neuen Anleihen-ETFs haben sich die Briten die Schweizer Investmentboutique Lombard Odier mit ins Boot geholt. Auf Basis eines Modells der Anleihenexperten von Lombard Odier entstanden ETFs für Staats- und Unternehmensanleihen. In Küzre soll noch ein ähnlich konstruierter ETF für Anleihen der Schwellenländer in lokaler Währung an den Markt kommen.

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Neue ETFs berücksichtigen fundamentale Daten



Bei allen dieser neuartigen ETFs bestimmt ein mehrstufiger, quantitativer Bewertungsprozess die Zusammensetzung des Fondsportfolios. Lombard Odier wendet nach eigener Aussage das Verfahren schon seit einiger Zeit mit Erfolg an. Die Schweizer Anleihenexperten bewerten dabei anhand mehrerer Fundamentaldaten die Kreditwürdigkeit der Schuldner. Vornehmstes Ziel dabei ist, vor allem diejenigen Kreditnehmer zu identifizieren, die ihre Schulden mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zurückzahlen werden.

Bei den Staatsanleihen-ETFs fließen Wirtschafsdaten wie der aktuelle Verschuldungsgrad, die Höhe der Steuereinnahmen oder die soziale und politische Stabilität in die Bewertung ein. Bei den Unternehmensanleihen wird die Kreditwürdigkeit der Emittenten anhand verschiedener Kriterien beurteilt, außerdem spielen die Liquidität der Anleihen und die Höhe der Rendite eine Rolle. Einmal pro Monat wird diese Bewertung durchgeführt. Anschließend wird gegebenenfalls das ETF-Portfolio anhand der neuen Ergebnisse verändert.

Die beschriebene Methode führt zu einem Portfolio, das sich in der Regel deutlich von dem eines breiten Anleihen-Index unterscheidet. So kommen etwa japanische Anleihen im ETFS Lombard Odier IM Global Government Fundamental ETF (IE00BSVYHQ11) nur noch auf ein Gewicht von weniger als fünf Prozent. Im Barclays Global Government Index belegen Papiere aus Japan dagegen rund ein Viertel des Portfolios. Anleihen der Schwellenländer werden in dem globalen ETFS Lombard Odier IM ETF rund 30 Prozent Anteil zugestanden. Im Barclays-Weltindex haben sie nur etwa fünf Prozent. Ähnlich groß sind die Unterschiede bei den Unternehmensanleihen-ETFs. Im ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Fundamental ETF (IE00BSVYHV63) kommen Anleihen der Banken auf etwa zwölf Prozent Gewicht, im Barclays Global Aggregate Corporate Index belegen sie annähernd 40 Prozent.

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Sinnvolle Gewichtungsmethode



Die unterschiedliche Gewichtung der Branchen und Länder mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, doch die Methode macht durchaus Sinn. Im Endeffekt agiert nämlich Lombard Odier damit antizyklisch und nicht pro-zyklisch wie die nach Marktkapitalisierung gewichteten Anleihen-Indizes. Bei diesen werden schließlich im Prinzipt jene Anleihen besonders hoch gewichtet, die bei den Anlegern am beliebtesten sind oder vielmehr waren.

Lombard Odier setzt daher vor allen in den Unternehmensanleihen ETFs stärker auf die weniger gefragten Titel. Dazu kommt: Durch die jeden Monat durchgeführte Überprüfung der Fundamentaldaten werden (mitunter gefährliche) Ungleichgewichte schnell korrigiert und Kurschancen genutzt. So waren etwa vor der Finanzkrise 2008 Bankenanleihen in vielen Rentenindizes hoch gewichtet. Weil deren Anleihen dann besonders massiv abstürzten, mussten Anleger schmerzhafte Verluste in Kauf nehmen. Durch die Kursverluste der Banken-Anleihen sank auch deren Bedeutung am Anleihenmarkt. Als Folge sank auch ihr Anteil in den Anleihen-Indizes und den dazugehörigen ETFs. Als sich die Bankenanleihen später kräftig erholten, waren deshalb ETF-Anleger kaum dabei. Erst nach den Kursgewinnen wurde der Anteil der Bankenpapiere in Indizes und ETFs wieder erhöht.

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Bessere Anlagestrategie



In den Lombard-Odier-Indizes lief der Gewichtungsprozess umgekehrt. Während traditionelle Indizes den Märkten hinterher liefen, agierten die Lombard-Odier-Indizes eher vorausschauend. Bei ihnen wurde der Bankenanteil vor dem Absturz heruntergefahren und danach wieder erhöht. Anleger konnten so also auch von der Erholung der Bankanleihen profitieren.

Drei der neuen Lombard-Odier-Anleihen-ETFs sind in Deutschland an der Stuttgarter Börse notiert. Wer jetzt mit ETFs breit gestreut in Anleihen investieren will, darf mit gutem Gewissen zu diesen Fonds greifen.

ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental ETF

Anlagefokus: Internationale Unternehmensanleihen

ISIN: IE00BSVYHV63

Gesamtkostenquote: 0,35 Prozent



ETFS Lombard Odier IM Euro Corporate Bond Fundamental ETF

Anlagefokus: Eurozone Unternehmensanleihen

ISIN: IE00BSVYHT42

Gesamtkostenquote: 0,30 Prozent



ETFS Lombard Odier IM Global Government Bond Fundamental ETF

Anlagefokus: Internationale Staatsanleihen

ISIN: IE00BSVYHQ11

Gesamtkostenquote: 0,25 Prozent