Wer sich an die Anlagestrategie von US-Starinvestor Warren Buffett hält, kann grundsätzlich nicht viel falsch machen. Seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway erzielt seit Jahrzehnten ein beträchtliches Wachstum. Von 1965 bis 2014 legte der Buchwert je Anteilsschein jedes Jahr um durchschnittlich 19,4 Prozent zu, der Börsenwert je Anteilsschein kletterte jährlich um 21,6 Prozent.

Buffetts Erfolgsgeheimnis liegt darin, dass er in grundsolide Unternehmen investiert, deren Geschäftsmodelle verständlich und nachvollziehbar sind. Zu seinen größten Beteiligungen gehören US-Konzerne wie die Finanzdienstleister Wells Fargo, American Express, US Bancorp und Goldman Sachs, die Konsumgüterhersteller Coca-Cola, Wal-Mart und Procter & Gamble sowie der Technologieriese IBM. Doch auch ein deutsches Unternehmen hat es in die Top-Ten des Amerikaners geschafft: Munich Re.

Aktuell belegt der weltgrößte Rückversicherer Platz sieben unter den größten Positionen in Buffetts Portfolio. Nach Angaben des jüngsten Geschäftsberichts besaß Berkshire Ende 2014 rund 20 Millionen Aktien im Wert von rund vier Milliarden Dollar. Das entspricht einer Beteiligung von 11,8 Prozent. Doch das war nicht immer so. 2008 lag die Investitionsquote noch bei einem halben Prozent. 2010 erhöhte das "Orakel von Omaha" auf mehr als drei Prozent. 2011 sprang dann der Funke richtig über und Buffet stockte auf 10,5 Prozent auf. Dabei hatte er die Aktien im Jahr 2008 noch als "Handelsbestand" klassifiziert und damit angedeutet, dass er die Papiere bereits nach wenigen Jahren wieder verkaufen könnte.

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Rückläufiger Gewinn, steigende Dividendenrendite

Buffetts gestiegenes Interesse an der Munich Re zeigt, dass er sich von seinem Investment in das Unternehmen ein langfristig lohnendes Geschäft verspricht. Große Nervosität vor der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch dürfte er allerdings nicht haben, denn der Konzern hat bereits Anfang Februar seine vorläufigen Eckdaten für das Geschäftsjahr 2014 veröffentlicht. Demnach fielen die gebuchten Bruttobeiträge von 51,1 auf 48,8 Milliarden Euro. Das Ergebnis aus Kapitalanlagen stieg von 7,2 auf 8,0 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis sank von 4,4 auf 4,0 Milliarden Euro. Der Konzernüberschuss ging leicht zurück - von 3,3 auf 3,2 Milliarden Euro. Die Kapitalanlagen legten von 202,2 auf 218,9 Milliarden Euro zu. Das Eigenkapital kletterte von 26,2 auf 30,3 Milliarden Euro.

Im Rückversicherungsgeschäft, dem größten Standbein der Munich Re, gingen die gebuchten Bruttobeiträge leicht zurück, von 27,8 auf 26,8 Milliarden Euro. Im Geschäft der Konzerntochter ERGO wurden wie bereits im Vorjahr 16,7 Milliarden Euro erzielt. Im Bereich Munich Health schrumpften die Beiträge von 6,6 auf 5,3 Prozent.

Nach Angaben des Managements hätten sich vor allem die Derivateentwicklung, Währungseinflüsse und Abschreibungen im ERGO-Geschäft negativ bemerkbar gemacht. Auf der anderen Seite habe sich der Konzern über einen unerwarteten Steuerertrag sowie geringere Belastungen aus Großschäden freuen können. Zudem hätten in der Schaden- und Unfallrückversicherung Rückstellungen für frühere Anfalljahre aufgelöst werden können.

Die Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr soll von 7,25 auf 7,75 Euro erhöht werden. Das entspricht einer Dividendenrendite von 4,2 Prozent - der zweithöchste Wert im Dax. Nur die Allianz bietet mit 4,7 Prozent noch mehr. Zudem soll der angekündigte Aktienrückkauf fortgesetzt werden. Nach Unternehmensangaben wurden im Rahmen des seit der Hauptversammlung April 2014 laufenden Aktienrückkaufprogramms bisher Papiere im Wert von rund 800 Millionen Euro erworben. Bis zur nächsten Hauptversammlung am 23. April 2015 sollen es insgesamt Aktien im Wert von einer Milliarde Euro werden, so die Munich Re.

Die Dividendenerhöhung kann man auch als Trostpflaster für den mauen Ausblick werten: Finanzvorstand Jörg Schneider ließ durchblicken, dass der Konzernüberschuss 2015 unter drei Milliarden Euro fallen könnte. Laut Rückversicherungsvorstand Torsten Jeworrek dürfte zudem die geringe Zahl großer Naturkatastrophen im vergangenen Jahr den Konkurrenzdruck im Katastrophengeschäft erhöhen. Demgegenüber stellte er die "breite Diversifikation" und die "stabilen Kundenbeziehungen".

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Anleger und Analysten sind skeptisch

An der Reaktion der Börse kann man ablesen, dass die großzügige Dividendenpolitik bei den Anlegern auf Dauer nicht mehr ziehen könnte. In den Wochen nach der Vorlage der vorläufigen Eckdaten für 2014 hing die Aktie in einem Seitwärtstrend fest. Später, mit dem Nahen des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank, konnte sie sich befreien und in einen Aufwärtstrend zurückkehren. Unterm Strich ist der bisherige Kursverlauf 2015 eine Enttäuschung. Seit Jahresanfang hat die Munich Re-Aktie um 13,4 Prozent zugelegt. Damit liegt das Papier im Performancevergleich mit den anderen DAX-Mitgliedern im unteren Drittel. Der Leitindex selber kam auf ein Plus von 17,7 Prozent. Kaum befriedigender fällt der Vergleich für 2014 aus. Hier kam die Munich Re-Aktie auf einen Kursgewinn von 3,5 Prozent und einen Platz im Mittelfeld. Der DAX stieg 2,65 Prozent stieg.

Die Zurückhaltung bei den Anlegern ist auch bei den Analysten zu spüren. Aus allen Aktieneinschätzungen, die in den vergangenen zwölf Monaten abgegeben wurden und bei Bloomberg aufgeführt sind, ergibt sich ein Konsensrating von 2,83. Damit gilt die Munich Re bei den Experten als "schwacher Sell". Bei einem Konsensrating von 3,0 würde das Papier auf "Hold" hochgestuft werden. Von den 40 abgegebenen Urteilen lauten 7 auf "Buy", 22 auf Hold" und 11 auf Sell". Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 171,39 Euro und damit 8,4 Prozent unter dem aktuellen Kurs von 187,05 Euro.

Zu den besonders pessimistischen Analysten gehört Vikram Gandhi von der Societe Generale. Mit 145,50 Euro veranschlagt er von allen Experten das niedrigste Kursziel für die Munich Re-Aktie. Neben dem vergleichsweise schwachen Zahlenwerk für 2014 stört ihn auch die schwache Ergebnisse aus der Erneuerungsrunde im Januar und der herausfordernde Ausblick auf 2015. Lediglich die Anhebung der Dividende wertet er positiv.

Besonders positiv dagegen äußert sich Andreas van Embden von JPMorgan Chase, der mit 200,00 Euro das höchste Kursziel angibt. Anders als SocGen-Analyst Gandhi sieht er ein starkes und qualitativ hochwertiges Zahlenwerk. Die Ergebnisse der Erneuerungsrunde seien besser als gedacht, und die Dividende von 7,75 Euro je Aktie liege über der Markterwartung und nur leicht unter den von ihm prognostizierten 8,00 Euro.

Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass die Meinungen einiger Analysten zwar weit auseinander gehen, die Mehrheit der Experten aber sehr skeptisch ist, was das Kurspotenzial der Aktie betrifft. Viele Experten bemängeln vor allem, dass die Munich Re ihr Rückversicherungsgeschäft zum Jahreswechsel bereits deutlich zusammengestrichen hat und wegen des Preisverfalls auf unrentable Verträge mit Erstversicherern verzichtet. Bei der Erneuerungsrunde der Schaden- und Unfall-Rückversicherung zum 1. Januar fuhr der Konzern sein Vertragsvolumen um fast ein Zehntel auf 8,5 Milliarden Euro zurück. Dadurch konnte das Unternehmen den Preisrückgang auf 1,3 Prozent begrenzen.

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Was BÖRSE ONLINE empfiehlt

Es gibt viele Gründe, die gegen ein Investment in die Munich Re sprechen. Dazu gehören vor allem der Preisverfall im Kerngeschäft mit Katastrophen, die wachsende Konkurrenz durch Pensionsfonds und das begrenzte Kurspotenzial. Zudem müssen Anleger wegen des besonders katastrophenarmen Jahres 2014 im neuen Jahr wieder mit größeren Schäden rechnen.

Auf der anderen Seite stehen Argumente wie die überdurchschnittlich hohe Dividendenrendite, hervorragende globale Positionierung des Konzerns als Weltmarktführer, die Möglichkeit weiterer Aktienrückkaufprogramme und die moderate Bewertung der Aktie. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2016 liegt derzeit bei 10,9. Darüber hinaus macht auch die Charttechnik einen guten Eindruck. Nachdem das Papier Mitte Januar den Widerstand bei 168 Euro überwunden hatte, erhöhten wir das Kursziel zunächst auf 185 und später auf 215 Euro. Daraus ergibt sich auf Basis des aktuellen Kurses ein Zuwachspotenzial von fast 15 Prozent. Das ist nicht viel, angesichts der außerordentlich hohen Ausschüttungsquote aber kein Drama.

Sollte die Munich Re auf der Jahresbilanzpressekonferenz am Mittwoch keine Hiobsbotschaften verkünden, bleibt BÖRSE ONLINE beim bisherigen Urteil: die Aktie ist ein Basisinvestment für Langfristanleger.

Stoppkurs: 142,00 Euro

Kursziel: 215,00 Euro