"Wir haben es mit einem dramatisch veränderten Sicherheitsumfeld zu tun", warnte der scheidende Nato-Chef. Die Allianz will bei ihrem Treffen Stärke gegenüber Russland demonstrieren und der Regierung in Kiew Unterstützung signalisieren. Um die militärische Schlagkraft an der Ostgrenze des Bündnisses zu erhöhen, wird die Schaffung einer Schnellen Eingreiftruppe mit 4000 Soldaten erwogen. Anders als in der Vergangenheit ist Russlands Präsident Wladimir Putin nicht zu dem Gipfel eingeladen.

Vor Beginn der Gespräche war am Tagungsort ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Barack Obama und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko geplant.

Rasmussen sagte in Newport mit Blick auf den Sieben-Punkte Plan, den Putin am Vortag vorgelegt hatte, die Nato begrüße Bemühungen um eine Beilegung des Ukraine-Konflikts. Entscheidend sei aber, was tatsächlich im Konfliktgebiet der Ostukraine geschehe. Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, mit Soldaten und Kriegsgerät direkt in die Kämpfe zwischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen einzugreifen. Die Führung in Russland hat dies zurückgewiesen. Allerdings gibt es nach Nato-Darstellung Beweise für eine massive Militärpräsenz Russlands im Nachbarland. Auch wurden dort zahlreiche russische Soldaten festgenommen.

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RUSSLAND BEKRÄFTIGT PUTINS SIEBEN-PUNKTE-PLAN

Russland bekräftigte seine Vorschläge unterdessen: Putins Plan zeige den Willen Moskaus zu einer Entspannung der Lage in der Ukraine beizutragen, sagte Außenminister Sergej Lawrow laut Nachrichtenagentur Interfax. "Gemeinsam mit der OSZE sind wir bereit, praktische Schritte zu einer Deeskalation zu unternehmen." Putins Sieben-Punkte-Plan sieht unter anderem die Entsendung internationaler Beobachter in die umkämpfte Ostukraine vor. Zunächst sollen Separatisten und Regierungstruppen ihre Kämpfe beenden. Zudem ist darin ein Rückzug der ukrainischen Soldaten vorgesehen.

Putin hatte weiter erklärt, dass seiner Einschätzung nach bis Freitag eine Einigung zwischen der Regierung in Kiew und den prorussischen Separatisten erzielt werden könne. An dem Tag wollen die EU-Staaten über neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland entscheiden. In Kiew waren die Reaktionen auf Putins Äußerungen unterschiedlich: Während Präsident Poroschenko nach eigenen Worten davon ausgeht, dass bereits am Freitag Friedensgespräche beginnen werden, zeigte sich Ministerpräsident Arseni Jazenjuk kritischer. Er warf Putin vor, nur neue Sanktionen verhindern zu wollen. Eigentlich wolle Putin die Ukraine zerstören und die Sowjetunion wieder aufleben lassen.

Wegen des Ukraine-Konflikts sind die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland so sehr abgekühlt wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr.

Die 28 Staats- und Regierungschefs der Nato wollen bei ihrem Gipfel ihr Verhältnis zu Russland neu bestimmen. Der Gastgeber des Gipfels, der britische Premierminister David Cameron, drohte Russland damit, dass der Druck erhöht werde. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach sich gegen eine Änderung der bestehenden Verträge mit Russland aus. Auch wenn Russland die Grundakte mit der Nato gebrochen habe, dürfe diese nicht von Seiten der Allianz aufgekündigt werden, sagte sie. "Die gemeinsamen Regeln der Sicherheit sind uns wichtig, die wollen wir nicht einfach aufgeben", sagte von der Leyen im ZDF. Es könne nicht einfach eingerissen werden, was in der Vergangenheit aufgebaut worden sei. "Es wird eine Zeit geben nach Präsident (Wladimir) Putin, eine Zeit nach der Krise."

In den baltischen Staaten und in Polen war die Grundakte zuletzt in Frage gestellt worden. In ihr wird die Zusammenarbeit der Nato mit der Regierung in Moskau festgelegt. Unter anderem verbietet sie die dauerhafte Stationierung "substanzieller" Truppenkontingente auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion.

Reuters