Streaming-Hits wie „Maxton Hall“ und das Boomsegment Young Adult bescheren dem Verlag aus Köln starke Zahlen. Doch nicht alles glänzt, was die Bilanz vermeldet.
Es klingt nach einer Erfolgsstory, wie sie im Buche steht: Ein Kölner Traditionsverlag profitiert von der Leselust junger Zielgruppen, die Marke LYX wird zum Synonym für Bestseller und die Amazon-Adaption „Maxton Hall“ katapultiert Mona Kastens Romane an die Spitze der Charts. Das Young- und New-Adult-Segment ist für Bastei Lübbe zum Wachstumsmotor geworden — mit Umsatzsprüngen von 14 Prozent bei LYX und zweistelligen Zuwächsen bei der Jugendmarke ONE. Doch wie nachhaltig ist dieser Boom? Der Markt für junge Belletristik ist heiß umkämpft. Trends entstehen auf Tiktok über Nacht und sind ebenso schnell wieder vergessen. Die Community-getriebenen Erfolgsmodelle, mit denen Bastei Lübbe 39 Prozent seines Umsatzes generiert, sind fragil:
Sie leben von Hypes, Social-Media-Algorithmen — und der Hoffnung, dass die nächste Mona Kasten in den Startlöchern steht. Die TV-Adaption von „Maxton Hall“ war ein Coup, der den Umsatz kräftig befeuerte. Doch wie sehr kann sich ein Verlag auf solche externen Impulse verlassen? Serienhits sind selten planbar und der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der jungen Zielgruppe wird härter: Verlage, Selfpublisher, Streamingdienste und Plattformen wie Wattpad buhlen um dieselbe Leserschaft. Bastei Lübbe hat Marken, die sich ständig neu erfinden müssen, um relevant zu bleiben. Dennoch ist die Zuversicht groß, und der Verlag will mit LYX den amerikanischen Markt erobern. „Der US-Markt ist riesig. Entsprechend ambitioniert, aber auch vorsichtig gehen wir vor“, sagt Mathis Gerkensmeyer, Finanzvorstand von Bastei Lübbe, im Gespräch mit BÖRSE ONLINE. Im Herbst sollen in den USA die ersten Titel veröffentlicht werden, parallel zum Aufbau einer Community. „Das ist essenziell, weil die Zielgruppen dort ähnlich ticken wie hier: Inspiration für neue Bücher kommt längst mehr aus Social Media als aus der Buchhandlung.“
Die Wurzeln der Buch-Aktie
Wer Bastei Lübbe aber nur als modernen Hype-Verlag wahrnimmt, blendet die Wurzeln aus. Jahrzehntelang garantierten Heftserien wie „Jerry Cotton“, „John Sinclair“ oder „Professor Zamorra“ Millionenauflagen. Heute ist das Segment auf 7,1 Millionen Euro Umsatz geschrumpft — und auch das nur dank Webshop und digitalen Produkten. Der Kioskverkauf, einst Rückgrat der Marke, verliert an Bedeutung. Die Erträge bleiben zwar stabil, doch die Zukunft dieser Sparte ist unsicher.
Beim Gesamtverlag beeindruckt das Zahlenwerk für 2024/25. Der Umsatz steigt um 3,3 Prozent auf 114 Millionen Euro, das Ebit legt um 22 Prozent auf 17,1 Millionen Euro zu. Die Ebit-Marge erreicht mit 15 Prozent einen Branchenbestwert. Die Dividende wird auf 36 Cent je Aktie erhöht. Doch das Umsatzwachstum ist überschaubar. Die letzte Prognose wurde knapp verfehlt, was vor allem am schwachen Buchmarkt im ersten Quartal lag. Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit ist von 2,7 auf 0,6 Millionen Euro gesunken, der Free Cashflow drehte sogar ins Minus. Ursache sind hohe Vorauszahlungen an Autoren, gestiegene Vorräte und das Ende des Factorings. Die Bilanz bleibt solide, doch die steigenden Investitionen in Vorschüsse und neue Projekte bergen Risiken. Vor allem, wenn der nächste Hype ausbleibt.
Der Anteil von E-Books und Audio ist indes auf 31 Prozent gestiegen, die Umsätze bei Downloads und Streaming wachsen zweistellig. Doch Amazon, Audible und zahlreiche Selfpublisher drängen auf den Markt. Die Margen im Digitalgeschäft sind attraktiv, aber die Abhängigkeit von Plattformen und Algorithmen wächst. Der Verlag muss massiv in IT, Marketing und Community-Management investieren, um seine Position zu halten.
Ist Bastei Lübbe noch ein Kauf?
Für das laufende Geschäftsjahr gibt sich der Vorstand optimistisch: Bis zu zehn Prozent Umsatzplus werden in Aussicht gestellt, Bestseller von Dan Brown, Ken Follett und Mona Kasten sollen das Geschäft befeuern. Die Ebit-Marge dürfte auf rund zwölf Prozent zurückgehen — ein klares Indiz dafür, dass das Wachstum teurer wird. Neue Marken sowie der Einstieg in den US-Markt mit LYX sind mit Risiken behaftet. Bastei Lübbe hat die Transformation Richtung Community und Digital vorangetrieben und mit „Maxton Hall“ einen Treffer gelandet. Die Bilanz ist robust, die Dividende attraktiv. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 13 ist der Titel noch moderat bewertet. Der Aktienkurs tendiert in Richtung Allzeithoch. Anleger kaufen zu.
Hinweis: Der Artikel stammt aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE (31/25), die Sie hier finden.
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