Volkswirte zeigen sich in Mai-Umfrage wieder skeptischer. Bremsspuren im Außenhandel mit China. Hoffnung auf Belebung im zweiten Halbjahr

Die wirtschaftlichen Perspektiven für Deutschland haben sich zuletzt wieder leicht eingetrübt. Das signalisieren Daten des Statistischen Bundesamts zur Industrieproduktion, die zuletzt deutlich zurückgegangen ist, aber auch zum Außenhandel, insbesondere mit den wichtigen Handelspartnern China und USA.

Auch die im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag befragten Volkswirte schätzen die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Mai wieder etwas schlechter ein als im Vormonat. Der entsprechende Barometerwert ging in der jüngsten Umfrage um 2,7 Prozent auf 42 Punkte zurück. Noch deutlicher trübt sich der Ausblick für die kommenden Monate ein: Mit 39 Punkten liegt er um 6,5 Prozent unter dem Vormonatswert.

Damit setzt sich die labile, durch starke Schwankungen gekennzeichnete Entwicklung des Barometers der vergangenen Monate fort. Das Ökonomen-Barometer basiert auf einer exklusiven monatlichen Umfrage unter führenden deutschen Volkswirten.

Die Teilnehmer begründen ihre vorsichtigere Einschätzung mit hartnäckig hoher Inflation und dem hohen Zinsniveau, der noch nicht ausgestandenen Bankenkrise und rückläufiger Nachfrage insbesondere beim Konsum und im Bausektor.

In den vergangenen Tagen hatte es zudem eine Serie unerwartet schlechter Konjunkturdaten gegeben, die neue Sorgen vor einer Rezession in Deutschland schürten. So ging nach teils kräftigen Einbrüchen bei Einzelhandel, Exporten und Industrieaufträgen nun auch die Industrieproduktion im März um 3,3 Prozent zurück — so stark wie seit einem Jahr nicht mehr.


China-Handel bricht ein

Auf die Stimmung drückten insbesondere Außenhandelsdaten. Die deutschen Exporte nach China brachen im ersten Quartal um zwölf Prozent ein, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch mit Bezug auf das Statistische Bundesamt meldete. Die Hoffnungen auf eine Belebung des China-Geschäfts nach Ende der Corona- Beschränkungen hätten sich demnach nicht erfüllt.

Immerhin rechnen die meisten Volkswirte im zweiten Halbjahr mit einer Konjunktur-belebung. Sowohl Bundeswirtschaftsministerium wie OECD sehen die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr mit Raten von 0,3 beziehungsweise 0,4 Prozent auf Wachstumskurs.

Die meisten deutschen Industriekonzerne kommen in diesem Umfeld vergleichsweise gut zurecht. In der laufenden Berichtssaison schnitten viele besser als erwartet ab). So legte auch der Weltmarktführer für Schwerlaster, Daimler Truck, Rekordzahlen bei Absatz, Umsatz und Profitabilität vor. Dennoch bremsen noch immer Lieferprobleme das Wachstum des Konzerns, der bei der Jahresprognose lieber den Ball flach hält.

In der Mai-Umfrage beschäftigten sich die Ökonomen außerdem mit den Plänen des Wirtschaftsministeriums für einen staatlich vergünstigten Indus-triestrompreis. Gegen diese Subvention sprechen sich 72 Prozent der befragten Volkswirte aus. Auf noch klarere Ablehnung stößt Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de -Galhau, der kürzlich den Kampf gegen den Klimawandel als eine Kernaufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) bezeichnete. 96 Prozent der Teilnehmer lehnen diese Aussage ab.

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Dieser Artikel erschien zuerst in Euro am Sonntag 19/2023. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.

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