Noch vor der Sommerpause werden weitere vier Börsengänge erwartet, unter ihnen der nordbayerische Autozulieferer Novem, der seine Pläne am Dienstag öffentlich machte.

Laut der Unternehmensberatung PwC arbeiten mindestens zehn weitere Firmen an einem Börsengang für das zweite Halbjahr. PwC geht davon aus, dass die Emissionen in Deutschland 2021 sowohl nach der Anzahl (18) als auch nach dem Volumen der ausgegebenen Aktien (11,35 Milliarden Euro) die Werte von 2018 übertreffen werden. Damals hatten Siemens Healthineers und Knorr-Bremse Milliarden-Börsengänge hingelegt. Allein von April bis Juni 2021 zählte PwC zehn Neuemissionen, so viele wie seit 20 Jahren nicht in einem Quartal.

Dabei wachsen die Bäume für die Börsenkandidaten nicht in den Himmel. Im zweiten Quartal lagen die Ausgabepreise regelmäßig am unteren Ende der Preisspanne. Beim Online-Optiker Mister Spex, dessen Zeichnungsfrist noch bis Mittwoch dauert, dürfte es besser laufen: Die begleitenden Banken signalisierten am Dienstag einen Preis von 25 bis 26 Euro - die Spanne, zu der die Aktien zur Zeichnung angeboten werden, reicht von 23 bis 27 Euro.

Investoren würden angesichts der Flut von Börsengängen und der teilweise enttäuschenden Kursentwicklung nach dem Debüt deutlich zurückhaltender und selektiver, erklärte PwC. Cherry-Aktien traten beim Börsendebüt auf der Stelle und pendelten auch im Handelsverlauf um den Ausgabepreis von 32 Euro. Sie waren im unteren Viertel der Spanne zugeteilt worden, die bis 38 Euro reichte.

CHERRY HAT ÜBERNAHMEN IM BLICK


Vorstandschef Ralf Unterberger zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters zufrieden: "Mit dem Börsengang sind wir so aufgestellt, dass wir auch mittlere und größere Akquisitionen angehen können - aber wir sehen uns dadurch nicht unter Druck." Man sei mit dem einen oder anderen Unternehmen bereits im Gespräch. Cherry profitiert vom Computerspiele-Boom in der Corona-Krise. Größtes Geschäftsfeld sind Gaming-Switches, die passionierten Spielern besonders schnelle Reaktionen auf der Tastatur erlauben. "Wir bleiben bei unserer Erwartung, dass Cherry in diesem Jahr um 30 bis 40 Prozent wachsen wird", sagte der Vorstandschef. "Und wir gehen auch künftig von zweistelligen Wachstumsraten aus."

Zum Ausgabepreis wird Cherry an der Börse mit 778 Millionen Euro bewertet. Mit dem Börsengang gibt der US-Finanzinvestor Argand Partners seine Mehrheit ab, der erst im Herbst 66 Prozent der Anteile übernommen hatte. An Cherry beteiligt bleibt auch der Hamburger Investor Genui.

22 Kilometer entfernt vom Cherry-Hauptquartier in Auerbach hat der Zierteile-Spezialist Novem seinen Sitz. Das Unternehmen aus Vorbach bei Bayreuth will mit dem Börsengang 50 Millionen Euro einsammeln, unter anderem für kleinere Übernahmen. Zudem will sich der langjährige Eigentümer Bregal, eine Holding der Unternehmerfamilie Brenninkmeijer ("C&A"), von Anteilen trennen. Finanzkreisen zufolge könnte Novem bei der Emission mit 1,5 Milliarden Euro bewertet werden. Das Unternehmen sieht sich bei Auto-Zierteilen aus Holz, Aluminium, Karbon und Kunststoff - von Armaturenbrettern, Mittelkonsolen bis zu Türverkleidungen - mit 46 Prozent als Weltmarktführer und beliefert damit vor allem die deutschen Oberklasse-Hersteller Mercedes, Audi und BMW.

rtr