Rund zwei Milliarden Euro frisches Kapital hat der Essener Energiekonzern RWE durch die Ausgabe neuer Aktien eingesammelt. Die Kapitalerhöhung kam überraschend, die Gründe, sich mehr Geld zu besorgen, und die Ziele, die damit erreicht werden sollen, sind aber gut nachvollziehbar. Analysten halten auch das Timing für gelungen. Für die Altaktionäre, die vom Bezugsrecht ausgeschlossen waren, war die Kapitalmaßnahme zunächst keine erfreuliche Nachricht, verwässert doch die Ausgabe neuer Aktien ihren Anteil. Immerhin hält der Versorger an der Erhöhung der Dividende auf 0,85 Euro fest, die auch die Inhaber der neuen Aktien schon für 2020 erhalten sollen.

Kapital für schnellen Ausbau

Entscheidend für die Entwicklung der Aktie wird sein, ob es RWE gelingt, das frische Kapital sinnvoll einzusetzen. Der Nettoerlös soll für den "zusätzlichen, kurzfristigen Ausbau des Portfolios an erneuerbaren Energien verwendet werden", schrieb das Unternehmen in der Mitteilung zur Kapitalerhöhung. Darüber hinaus soll das Geld in die Entwicklung der Projektpipeline fließen sowie in weitere, sich mittel- und langfristig bietende Wachstumsmöglichkeiten investiert werden.

Konsequenter Schritt

Grundsätzlich steht der Konzern aussichtsreich da. Die vor gut einer Woche veröffentlichten Geschäftszahlen für das erste Halbjahr fielen gut aus. Die Auswirkungen der Pandemie auf RWE waren gering. Die Ziele für 2020 bestätigte das Unternehmen und peilt beim operativen Ergebnis (Ebit und Ebitda) den oberen Rand der angegebenen Spannen an.

Mit dem Konzernumbau vom Versorger alter Prägung, der überwiegend auf Kohle- und Atomkraft setzte, hin zum Anbieter erneuerbarer Energie liegt RWE im Trend. Investitionsprogramme etwa zur Energiewende in Deutschland oder vergleichbarer Vorhaben der Europäischen Union dürften RWE Rückenwind verschaffen.

Mit dem Erlös aus der Kapitalerhöhung haben die Essener Spielraum, um die Transformation bei sich bietender Gelegenheit durch Zukäufe zu fördern. In jedem Fall lassen sich die Integration der erneuerbaren Energien von Innogy und die von Nordex übernommenen Projekte beschleunigen.

Aussichtsreich: RWE geht den Weg zum grünen Energiekonzern mit aller Konsequenz. Die Aktie ist vielversprechend.