Denn der Niederbayer hat klargemacht, dass er spätestens Ende 2021 abtreten will. Siemens hat allerdings die Erwartungen schon gedämpft: Die neue Strategie werde "eher eine Evolution als eine Revolution", hieß es in Unternehmenskreisen.

Kern der Strategie bleibt Kaesers "Flottenverbund", mit dem er den einzelnen Sparten mehr Spielraum und Verantwortung geben will, um den Konzern mit seinen mehr als 372.000 Mitarbeitern noch steuerbar zu halten. Mit der Medizintechnik-Sparte Siemens Healthineers und der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa sind bereits zwei Sparten eigenständig an der Börse gelistet. Nach der Fusion mit dem französischen Rivalen Alstom wird auch der ICE-Hersteller Siemens Mobility eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Durch die Abgabe von Aufgaben an die operativen Einheiten werden Einsparungen in der Münchner Konzernzentrale erwartet.

Erste Konturen der "Vision 2020+" zeichnen sich schon ab. So soll die Zahl der Divisionen im Industriegeschäft mit Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Oktober laut Unternehmenskreisen auf drei von bisher fünf sinken. Das Geschäft mit der Automatisierung in der Prozessindustrie soll dazu der "Digitalen Fabrik" zugeschlagen werden, dem Aushängeschild von Siemens, das sich mit der Digitalisierung von Prozessen in der Produktion beschäftigt. Die Sparte "Energy Management" soll aufgeteilt werden: Die Stromverteilnetze gehen in der Gebäudetechnik auf, die Hochspannungsnetze werden mit der margenschwachen fossilen Kraftwerkstechnik zusammengefasst.

AUFSICHTSRAT TRIFFT SICH AM 1. AUGUST



Der Aufsichtsrat soll Kaesers Pläne am 1. August genehmigen. Die Sparten sollten höhere Rendite-Vorgaben erhalten als bisher, berichtete das "Manager Magazin" Ende Juni. Investoren forderten 13 bis 14 Prozent operative Umsatzrendite, Siemens peilt für das laufende Jahr 11 bis 12 Prozent an. Gespannt erwarten Mitarbeiter und Analysten, ob Kaeser für renditeschwache Sparten wie die Kraftwerkstechnik und die mechanischen Antriebe, die mit Digitalisierung und Automatisierung wenig zu tun haben, noch eine Zukunft im Konzern sieht. Bei der Verkehrstechnik und den Windanlagen wird nicht ausgeschlossen, dass sich Siemens auf längere Sicht von der Mehrheit trennt. Zur Medizintechnik, die wenig Synergien mit dem Rest des Geschäfts hat, hat sich Kaeser dagegen bekannt.

Eigentlich hatte Kaeser die neue Strategie schon im Frühjahr verkünden wollen. Denn die meisten Ziele, die er bei seinem Amtsantritt 2014 für 2020 ausgegeben hatte, sind schon erreicht. Doch die Auseinandersetzung um den Abbau von rund 6000 Stellen bei Gas- und Dampfturbinen verzögerte das Vorhaben. Im Mai gab es eine Grundsatzeinigung mit den Arbeitnehmervertretern, Einzelheiten sollen bis September ausverhandelt werden.

rtr