Der Münchner Industriekonzern Siemens rechnet für das laufende Geschäftsjahr 2015 mit einem Umsatz auf Niveau des Vorjahres. Den Nettogewinn will Konzernchef Joe Kaeser laut soeben veröffentlichter Konzernprognose um mindestens 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Darin dürften laut Kaeser allerdings auch Veräußerungsgewinne enthalten sein. Das Unternehmen hatte zeitgleich den Verkauf der Hörgerätesparte an den schwedischen Finanzinvestor EQT und die Hexal-Gründerfamilie Strüngmann für 2,15 Milliarden Euro bekannt gegeben. "Wegen geopolitischer Spannungen wird das Geschäftsumfeld 2015 komplex sein", gab sich Kaeser vorsichtig.

Der Siemens-Chef bezeichnete das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr als "Jahr des Aufbruchs". Das Jahresziel beim Gewinn wurde mit einem Zuwachs beim Nettoergebnis um 25 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro erreicht. Die Münchner hatten sich zum Ziel gesetzt, den Nettogewinn des Vorjahres von 4,4 Milliarden Euro um mindestens 15 Prozent zu übertreffen. Der Umsatz sank jedoch um zwei Prozent auf 71,9 Milliarden Euro. Kaeser gestand ein, Marktanteile gegenüber dem Wettbewerb verloren zu haben. "Wir hinken beim Wachstum hinterher", sagte der Siemens-Chef.

Der Industriekonzern blieb zudem mit seinen Quartalszahlen für das abgelaufene Quartal leicht hinter den Erwartungen zurück. Siemens steigerte den Umsatz zwar um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 20,6 Milliarden Euro, Analysten hatten im Schnitt jedoch mit 21 Milliarden gerechnet. Der operative Gewinn der vier Sektoren erreichte mit knapp 2,2 Milliarden Euro immerhin nah an die Schätzungen von 2,24 Milliarden heran. Beim Auftragseingang lief es im letzten Quartal des Geschäftsjahres besser, die Ordereingänge überstiegen mit 20,7 Milliarden die Erwartungen leicht.

Erneut drückten unerwartete Belastungen das Ergebnis der Bayern. Nachdem zuletzt vor allem das Geschäft mit Stromanbindungen für Verdruss gesorgt hatte, rutschte dieses Mal der Bereich Windturbinen in die Verlustzone. Technischer Probleme mit Rotorblättern sowie Lagerschäden verursachten laut der neuen Energie-Chefin Lisa Davis Kosten in Höhe von 223 Millionen Euro. Laut Davis sank überdies der Auftragseingang im Bereich Energietechnik um fünf Prozent im Quartal. "Wir haben einiges an Arbeit vor uns", so die Energiechefin, die im Frühjahr vom Ölriesen BP zu Siemens gekommen war und vom texanischen Houston aus das Energiegeschäft lenkt.

Kaeser will den Münchner Industriekonzern weiter umbauen und setzt dabei zunehmend auf den Energiebereich. Zuletzt hatte Siemens mit dem amerikanischen Kompressorenhersteller Dresser Rand sowie der Turbinensparte der britischen Rolls Royce zwei Milliardenübernahmen gestemmt. Der Siemens-Chef will mit Ausrüstungstechnik vom boomenden Geschäft mit dem so genannten Fracking profitieren.

Vom fallenden Ölpreis zeigt sich Kaeser unterdessen unbeeindruckt. "Wir rechnen keineswegs mit einer fallenden Nachfrage nach Ausrüstung", sagte der Siemens-Chef. Die durchschnittliche Gewinnschwelle in der Frackingbranche liege bei 57 Dollar für das Fass Rohöl. Derzeit liegt der Preis für die US-Sorte WTI bei 78 Dollar.

Kaeser kündigte für das abgelaufene Geschäftsjahr die Ausschüttung einer Dividende von 3,30 Euro an, was etwas über den Erwartungen lag. Die Aktie lag 1,2 Prozent im Plus.