So klingt professioneller Optimismus. "Die Lieferketten der Zukunft werden gerade neu gedacht, wir haben die Produkte dafür. Ich bin sicher, dass Siemens deshalb gestärkt aus der Krise hervorgehen wird", sagt Joe Kaeser. Der Siemens-Chef stellt sodann die Quartalszahlen mit Vize Roland Busch vor, der ab Oktober die Geschäfte de facto übernimmt. Kurz vor seinem Abschied von der Konzernspitze muss Kaeser, der das Unternehmen seit August 2013 leitet, jedoch die Vorhersage für das Geschäftsjahr aufgeben. "Wir können die Prognose nicht bestätigen", so der Niederbayer.

Siemens hat sich im Zeitraum bis Ende März achtbar geschlagen. Der Auftragseingang sank zwar um neun Prozent, der Orderbestand liegt mit 150 Milliarden Euro dennoch auf Rekordniveau. Im Vorjahr profitierte die Verkehrstechniksparte Mobility zudem von einzelnen Großaufträgen.

Der Umsatz blieb mit 14,2 Milliarden Euro trotz Krise fast unverändert. Die Verkehrstechnik und die börsennotierte Medizintechniktochter Siemens Healthineers glichen Corona-bedingte Rückgänge im Automatisierungsbereich Digital Industries (DI) aus. Das operative Ergebnis des industriellen Geschäfts fiel um 18 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Beim US-Konkurrenten General Electric, der unter dem Niedergang der Luftfahrtindustrie leidet, war der operative Gewinn um rund die Hälfte zurückgegangen.

Erfreulich solide hielt sich die Automatisierungsparte DI, die zum künftigen Kern von Siemens zählt. Umsatzrückgängen von rund zehn Prozent stand ein Plus beim Auftragseingang von zwei Prozent gegenüber. Der Zuwachs stammt etwa aus dem margenstarken Softwarebereich. Laut Finanzchef Ralf Thomas gab es auch eine lebhafte Nachfrage etwa aus der Halbleiterindustrie sowie Vorratsbestellungen bei Komponenten vor allem von asiatischen Kunden. Analysten hatten bei DI wegen der Schwäche klassischer Absatzbranchen wie der Autoindustrie oder des Maschinenbaus starke Einbußen befürchtet.

Talsohle bis Ende Juni

Das härteste Quartal nicht nur für DI, sondern für den gesamten Konzern ist jedoch das laufende. Laut Kaeser sollte die Talsohle bis Ende Juni aber durchschritten sein. Statt eines moderaten Umsatzanstiegs drohe 2020 nun ein moderates Minus, sprich bis zu fünf Prozent Umsatzschwund. Zum Gewinn gab es keine Aussage.

Trotz Ölpreiskrise und hoher Verluste im Energiegeschäft bleibt es beim Plan, Siemens Energy, zu der auch die Windkraftsparte Siemens Gamesa gehört, bis Ende September an die Börse zu bringen. Im Energiebereich gab es im Quartal zwar ein dickes Minus. Doch für Kaeser ist der Spin-off zentraler Teil seiner Vision 2020+, die Siemens auf die Digitalisierung konzentrieren und anderen Sparten unternehmerischen Freiraum geben soll. Geht alles glatt, so wird Kaeser Aufsichtsratschef von Siemens Energy. Das wird angesichts der Konjunkturkrise eine Aufgabe, die eine ganze Menge professionellen Optimismus verlangt.

Lohn: Die Erwartungen waren im Vorfeld gedämpft, die Aktie reagierte mit einem Sprung. Die Digitalstrategie sammelt Punkte.

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