Es wird immer konkreter: Die britische Firma Skyports plant in Singapur den weltweit ersten Landeplatz für Flugtaxis am Marina Bay Sands Hotel, bekannt wegen seines Dachpools. Gleichzeitig wird mit den Behörden des Stadtstaats beraten, wo noch weitere Landeplätze ­entstehen könnten. Das Experiment mit den Passagierdrohnen steht beispielhaft für den Geist Singapurs: Egal um welche Innovation es auch geht, man will stets ganz vorn mit dabei sein. Singapur war und ist immer eine Art Labor für den Rest der Welt. Und aktuell geht es eben um neue Firmen in Zukunftsbranchen wie Fintech, Gesundheit, Automatisierung und Mobilität. Kein Wunder, dass im neuesten Ranking der privaten Wirtschaftshochschule IMD Singapur unter den wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsstandorten inzwischen auf Rang 1 rangiert, vor Hongkong und vor den USA, die den Spitzenplatz 2018 innehatten.

Gut zu sehen ist das auch daran, dass kaum ein anderes Land das Internet derart konsequent nutzt: Die Verwaltung wird zu einem großen Teil papierlos abgewickelt, staatliche Kliniken betreuen Tausende von Patienten inzwischen auch per App, und bald soll sogar Bargeld komplett dem elektronischen und digitalen Zahlungsverkehr weichen. Ohnehin ist man mit Geldgeschäften schon immer weit vorn gewesen: Mit Handel und Finanzwirtschaft hat man in den zurückliegenden Jahren viel Geld angezogen. Nach London und New York belegt man etwa Rang 3 im Währungshandel.

Alle zehn Jahre eine Zäsur


Singapur ist aber auch dazu verdammt, sich immer neu zu erfinden. Der Flecken von der Fläche Hamburgs, auf dem aber dreimal so viele Einwohner leben, ist unter Druck - gerade jetzt, wo der Geist des Protektionismus viele Teile der Welt erfasst hat. Schließlich hat man sich in den zurückliegenden Zeiten auch dank großer Auslandsinvestitionen modernisiert. Dass jetzt weniger Geld fließt, zeigt Wirkung: Gut möglich, dass Singapur im laufenden Jahr unter allen Ländern Südostasiens den stärksten Wachstumseinbruch verkraften muss. Nach einem Zuwachs von 3,2 Prozent im vergangenen Jahr sieht es für 2019 nur noch nach einem Plus von 0,6 Prozent aus. Ungefähr alle zehn Jahre, so scheint es, kommt es zu einer Zäsur. Zuletzt 1998 und im Krisenjahr 2008.

Und trotzdem: Singapur kann viel vorweisen. Bei einer Umfrage der Londoner HSBC-Bank wählten mehr als 27 000 international tätige Arbeitnehmer aus 159 Ländern den Stadtstaat zum angenehmsten Wohnort der Erde.


Damit nicht genug: Bis 2024 will Singapur zur "Smart Nation" werden - zum ersten "datengetriebenen" Staat der Welt. Konkret sieht das dann so aus: Selbstfahrende Taxis und Busse sollen dann selbstverständlich sein, ebenso Telemedizin, Pflegeroboter oder etwa Straßenlaternen, bestückt mit Kameras und Sensoren, die helfen sollen, Verkehrsströme und Luftqualität zu analysieren. Für derlei Vorhaben hat Singapur eine eigene Technologiebehörde, die GovTech. Dazu den Campus CREATE, an dem mehr als tausend internationale Wissenschaftler aus über 40 Ländern - auf Staatskosten - für Singapur forschen. Indiens nationalistischer Regierungschef Narendra Modi hat daraufhin angekündigt, sich das Modell Singapur zum Vorbild zu nehmen.

Mischkonzerne und Staatsfonds


Ausdruck der ständigen Neuausrichtung Singapurs sind Mischkonzerne wie Jardine Matheson. Die Firmen unter dem Holding-Dach decken ein breites Spek­trum ab, vom Immobilienentwickler über die Hotelgruppe Mandarin Oriental bis hin zu einem der größten Autohändler in China. Ebenfalls typisch sind seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1965 die beiden Staatsfonds Temasek und GIC, die dabei helfen, die Wirtschaft immer wieder neu anzuschieben.

Ein wichtiges Investment im Temasek-­Portfolio ist Keppel. Das Unternehmen ist in den Bereichen Immobilien und Bau tätig, betreibt Werften und ist in der Telekommunikation sowie im Energiesektor engagiert. Keppel ist zudem einer der weltweit größten Hersteller von Bohrplattformen für Erdöl. Schlagzeilen machte der Konzern, weil er die Federführung beim Bau einer ganzen Stadt in China übernahm. In Tianjin, direkt im Südosten Pekings, entsteht auf einer Fläche von 30 Quadratkilometern für 350 000 Bewohner eine Siedlung, die ganz auf nachhaltige Kriterien ausgerichtet sein soll: von der Begrünung der Anlagen über den Energiehaushalt bis zum Wassermanagement.

Allein auf Immobilien konzentriert ist CapitaLand. Auch hinter diesem Konzern steht Temasek mit einem Anteil von 40 Prozent. CapitaLand managt ein Immobilen-Portfolio im Wert von umgerechnet 117 Milliarden Euro, darunter vor allem Gewerbe- und Einzelhandelsimmobilien, aber auch Wohnprojekte. Mit einer Präsenz in mehr als 200 Städten in über 30 Ländern konzentriert sich die Gruppe auf Singapur und China als Kernmärkte, während sie in Märkten wie Vietnam, Indien oder auch Australien expandiert. Ein Investment wert ist aber auch - via ETF - der Markt insgesamt: Das KGV ist im Schnitt mit 11,5 recht günstig.