Eine Aktie, zwei Autoren, zwei Meinungen. In der Redaktion von BÖRSE ONLINE gehen diesmal die Meinungen zur Palantir-Aktie auseinander. Das müssen Anleger jetzt wissen.
BO-Autor Nils Jacobsen sagt: "Der KI-Vorreiter brilliert mit Rekordquartal und spielt in eigener Liga"
Es gibt wohl kaum eine teurere und spektakulärere Erfolgsstory an der Börse: 130 Prozent Plus seit Jahresbeginn, 560 Prozent Plus binnen eines Jahres, gar 1800 Prozent Plus in fünf Jahren. Der Wahnsinn hat einen Namen: Palantir.
Was einst als Geheimtipp im Regierungsauftrag begann, entwickelt sich mit wachsender Dynamik zum strategischen Infrastrukturanbieter der KI-Ära. Die Zahlen des zweiten Quartals 2025 lassen keinen Zweifel: Palantir spielt in einer eigenen Liga – technologisch, finanziell und strategisch.
Im zweiten Quartal durchbrach das 22 Jahre alte US-Unternehmen erstmals die Umsatzmilliarde – ein Plus von 48 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Noch beeindruckender: Der KI-Spezialist steigerte den operativen Gewinn um 83 Prozent auf 464 Millionen Dollar. Die operative Marge? Beachtliche 46 Prozent – eine Benchmark im Softwaresektor.
Die Zahlen belegen eindrucksvoll, wie rasant Palantirs KI-Plattform AIP in den Unternehmensalltag Einzug hält. Vor allem im US-Markt greift das Angebot: Im kommerziellen Geschäft verdoppelte sich der Umsatz nahezu. Während europäische Kunden noch zögern, nutzen US-Konzerne AIP bereits, um Ausfallzeiten zu reduzieren, Logistik zu optimieren und Kosten zu senken. KI mit echtem Return on Investment – nicht als Vision, sondern als Werkzeug.
"Betriebssystem des modernen Unternehmens im KI-Zeitalter"
CEO Alex Karp spricht inzwischen von Palantir als „Betriebssystem des modernen Unternehmens im KI-Zeitalter“ – viel Pathos, das allerdings durch die Quartalszahlen gedeckt wird. Denn auch das angestammte Government-Geschäft wächst stabil: 373 Millionen Dollar Umsatz in Q2, plus 36 Prozent. Besonders bemerkenswert: ein Megadeal mit dem US-Militär, der über 75 Einzelverträge hinweg ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Dollar bündeln könnte. Der staatliche Sektor bleibt die tragende Säule – der kommerzielle wird jedoch zum Turbolader.
Die Börse feiert Palantir nahezu ohne Unterlass. Mit einer Marktkapitalisierung von inzwischen über 400 Milliarden Dollar lässt der Konzern mittlerweile Schwergewichte wie IBM oder Salesforce hinter sich – selbst die höchsten Kursziele werden inzwischen im Wochenrhythmus pulverisiert.
Für Wedbush-Staranalyst Dan Ives ist Palantir der „Messi der künstlichen Intelligenz“, ein Unternehmen mit der Genialität und Führungsstärke wie der argentinische Weltfußballer. Ives sieht den US-Defense-Techpionier langfristig sogar auf dem Pfad in Richtung Billionenbewertung, was noch einmal einem Aufschlag von 150 Prozent entspräche.
Keine Frage: Die Bewertung ist gemessen an den Fundamentaldaten inzwischen extrem ambitioniert. Aber Kursperformance an der Börse wurde noch nie nur mit dem Rechenschieber gemacht. Im Bullenmarkt werden für die größten Wachstumswerte die höchsten Multiples gezahlt. Und Palantir ist neben Nvidia der ultimative Champion des KI-Zeitalters.
BO-Autor Simon Ax sagt: "Teuer, teurer, Palantir – ein Investment drängt sich nicht auf"
Der Name „Palantir“ stammt aus „Der Herr der Ringe“ — dort sind Palantíri magische „sehende Steine“, mit denen man über weite Entfernungen Informationen erlangen kann. Das passt zur Unternehmensmission von Palantir, das nach diesen mächtigen Werkzeugen benannt ist: Die Welt durch Daten sehen und verstehen ist das selbst erklärte Motto des Big-Data- und AI-Spezialisten.
Gegründet in den Nachwehen der Terroranschläge vom 11. September, entwickelte sich das in der Anfangsphase von FBI, CIA und NSA mitfinanzierte Softwareunternehmen zu einem wahren Superhelden der Branche. Die Aktie ist nicht nur ein Tenbagger, sondern hat sich seit dem IPO mehr als verfünfzehnfacht. Je nach Einstiegszeitpunkt danach hat sich der Aktienkurs sogar fast verdreißigfacht – eine beachtliche Performance.
Doch je höher der Kurs steigt, desto mehr stellt sich die Frage, ob die Bewertung noch angemessen ist. Sollte Palantir die selbst gesteckte Umsatzprognose für 2025 von 4,15 Milliarden Dollar erreichen, würde das einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von aktuell 99,3 entsprechen. Beim erwarteten KGV für 2025 wären es dann schon 284. Klar, Palantir verzeichnet starkes Wachstum, wie es unlängst bewiesen hat. Der Börsenwert von rund 412 Milliarden Dollar legt jedoch nahe, dass bereits einiges – um nicht zu sagen vieles – an Wachstum eingepreist ist.
"Gewaltigen Risiken"
Ebenso klar dürfte sein: Auf dem aktuellen Bewertungsniveau können selbst kleine Abweichungen von der Prognose zu herben Kursrückschlägen führen. Auch bei guten Ergebnissen kann es zu Gewinnmitnahmen kommen, die den Kurs drücken.
Doch nicht nur von der Bewertungsseite könnte Gegenwind auf die Anleger zukommen. Ein erheblicher Teil der Umsätze stammt von staatlichen Institutionen. Das schafft zwar planbare Einnahmen, bedeutet jedoch auch, dass es sich häufig um sehr sensible Daten handelt, für die Palantir verantwortlich ist. Politiker und Aktivisten weltweit kritisieren daher immer wieder die Datenkrake.
So sprach etwa der Grünen-Politiker Konstantin von Notz von mit dem Einsatz der Software verbundenen „gewaltigen Risiken“. Zudem sieht er den Einsatz der Palantir-Lösungen mit europarechtlichen Vorgaben wie dem AI Act nicht vereinbar. Aktuell wird in Deutschland über eine Einführung der Software diskutiert.
Ausbleibende staatliche Aufträge könnten künftig schwer auf die ohnehin extrem hohe Bewertung durchschlagen.
Hinweis: Der Artikel stammt aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE, die Sie hier finden.
Lesen Sie dazu: Palantir erzielt im 2. Quartal erstmals Umsatz-Milliarde – Aktie mit neuem Allzeithoch
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