Das Land hat die Corona-Pandemie scheinbar völlig unter Kontrolle. Seit dem 12. April gab es keine einzige registrierte Corona-Übertragung mehr - das sind mehr als 200 Tage. Und insgesamt kommt man auf lediglich 554 Fälle. Und das, obwohl Taiwan mit 23,6 Millionen Einwohnern kein kleines Land ist. Und zudem dicht besiedelt. Noch erstaunlicher ist dabei vielleicht, dass dies erreicht wurde, ohne dass jemals ein Lockdown oder andere drastische Einschränkungen für die Einwohner des Landes verhängt wurden.

Letztlich basiert der Erfolg Taiwans auf effizienten und strikten Kontrollen. Schon im Januar, als erste Gerüchte um ein neuartiges Virus die Runde machten, wurden alle Flugreisenden aus dem chinesischen Wuhan, dem Ursprungsort der Pandemie, kontrolliert. Ab dem 21. Januar wurden dann die Einreisen aus Wuhan komplett gestoppt. Zudem wurden alle Reisenden aus Festland-China, Hongkong und Macau überprüft. Zu dem Zeitpunkt schrillten im Rest der Welt noch nicht einmal die Alarmglocken. Weil die Zahl der Infizierten in Taiwan im März dann trotzdem die 100er-Marke erreichte, riegelten die Behörden das Land erst einmal komplett ab. Nur noch Diplomaten und Einheimische durften einreisen. Das half.

Ein Vorteil Taiwans war dabei sicherlich die Insellage. Zudem hatte man bereits Erfahrungen mit Pandemien gesammelt, vor allem mit der Sars-Epidemie im Jahr 2003, die damals mehr oder weniger auf Zentralasien beschränkt blieb. Eine damals schon gegründete Behörde koordiniert auch jetzt alle Maßnahmen: etwa die Produktion von Gesichtsmasken und Schutzausrüstung. Außerdem investierte die Regierung viel Geld in Massentestungen und funktionierende Apps.

Der Lohn der Mühen: Taiwan ist eines der wenigen Länder, für die der Internationale Währungsfonds IWF im laufenden Jahr tatsächlich keine schrumpfende Wirtschaftsleistung erwartet. Andere wie das Taiwan-Institut für Wirtschaftsforschung rechnen sogar mit einem Wachstum von 1,8 bis 2,0 Prozent. "Taiwans Wirtschaft lässt souverän die Covid-19-Schwäche hinter sich", sagt Sean Darby, der Chefstratege des Investmenthauses Jefferies.

Hightech-Standort

Dass die Konjunktur stabil bleibt, liegt daran, dass zum einen die Binnenkonjunktur weitergelaufen ist wie gewohnt: Als Bürger Taiwans konnte man sich im Land schließlich frei bewegen wie sonst auch. Zum anderen profitiert der Hightechstandort Taiwan mit seinen starken Chip- und Elektronikunternehmen vom pandemiebedingten globalen Trend zur Arbeit von zu Hause oder von unterwegs. Taiwanische Auftragsfertiger wie beispielsweise Foxconn (an der Börse unter Hon Hai Precision gelistet) stellen in chinesischen Fabriken Elektronik für die weltweit größten Marken her, beispielsweise für Apple. Die Bauteile dafür stammen überwiegend aus Taiwan. Daher kommt es, dass mehr als 40 Prozent der taiwanischen Exporte Richtung Volksrepublik China gehen.

Und noch eine eindrucksvolle Zahl: Insgesamt ist Taiwan mit einem Weltmarktanteil von 17 Prozent nach den USA der zweitgrößte Halbleiterproduzent der Welt. Dass der amerikanische Softwarekonzern Microsoft gerade den Bau eines Datenzentrums auf der Insel angekündigt hat, zeugt von der technologischen Bedeutung in Asien. Unterstützt wird dies zudem von höchster politischer Stelle. "Unsere Zusammenarbeit ist ein weiterer Schritt vorwärts in der Partnerschaft zwischen Taiwan und den USA", so Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen.

Dass Microsoft in Taiwan expandiert, hat eben auch eine politische Dimension. Der große Nachbar China macht keinen Hehl daraus, dass man Taiwan als Teil der Volksrepublik sieht. Entsprechend gibt es immer wieder Drohgebärden - aus beiden Richtungen. So ließ Chinas starker Mann Xi Jinping zuletzt Richtung Washington wissen, dass man keiner Macht erlauben werde, "die Nation zu spalten". Man werde solchen Versuchen "frontal entgegentreten", so Xi während Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Koreakriegs.

Gleichzeitig rüstet Taiwan sein Militär auf - mit Waffen vornehmlich aus den USA. Und vergangene Woche flog ein US-Kampfflieger nach Angaben Chinas bis in den Luftraum über der taiwanischen Hauptstadt Taipeh. Dass es, Drohgebärden hin oder her, tatsächlich zu einem Angriff der Volksrepublik auf den Inselstaat kommt, halten politische Beobachter allerdings für unwahrscheinlich - zumindest für die nähere Zukunft.

Leitindex mit 921 Aktien

Die Börse in Taipeh bleibt daher interessant. Zwar hat man im Frühjahr des Jahres wie alle anderen Börsen auch korrigiert, doch inzwischen gehört der Leitindex Taiex mit seinen 921 Aktien im Vergleich zum Beginn des Jahres zu den besten weltweit. Ein gutes Investment sind die beiden wichtigsten Unternehmen des Landes: Hon Hai Precision zum einen und zum anderen Taiwan Semiconductor (TSMC), der nach Intel und Samsung weltweit drittgrößte Halbleiterhersteller und der weltweit größte unabhängige Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte. TSMC profitiert derzeit auch von der Übernahme des amerikanischen Chipherstellers Xilinx durch den den Konkurrenten AMD, da AMD im Gegensatz zum Rivalen Intel komplett auf externe Produktion setzt und dabei eng mit TSMC zusammenarbeitet. Außerdem sind die Zahlen von TSMC top: Zuletzt gab es ein Umsatzwachstum von 34 Prozent und eine Gewinnmarge von 42 Prozent.