Elon Musk hat die DOGE-Kommission verlassen und ist Vollzeit bei Tesla zurück. Aber ist der EV-Pionier noch das gleiche Unternehmen wie vor einem halben Jahr?

Man kann es wohl die turbulenteste Achterbahnfahrt eines Mag 7-Unternehmens in den vergangenen Jahren nennen: Teslas furiose Jahresendrallye, die von einer regelrechten Fahrt in die Hölle gefolgt wurde. Die Kultaktie vollzog in den vergangenen sieben Monaten einen klassischen „Roundtrip“: von Kursen bei 213 Dollar direkt vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl auf neue Allzeithochs bei 488 Dollar kurz vor Weihnachten auf ziemlich genau wieder das Ausgangsniveau bei 218 Dollar im Zuge des Zoll-Schocks Anfang April. 

Seitdem hat Tesla wieder einen Gang hochgeschaltet und mit Kurszuwächsen von über 65 Prozent auf 358 Dollar so massiv zugelegt wie keine andere Mag 7-Aktie. Tesla ist und bleibt also eine Aktie der Extreme. Aber wie geht es nun nach dem Comeback weiter?

DOGE-Auftrag beendet: Elon Musk mit neuem Fokus für Tesla

Katalysator für die weitere Entwicklung ist die vollständige Rückkehr von CEO Elon Musk. Der reichste Mann der Welt hatte in den vergangenen Monaten eine zentrale Rolle in der DOGE-Kommission der Trump-Administration eingenommen, mit seiner Verbindung zu Trump und der MAGA-Bewegung aber auch für viel Irritationen unter früheren Tesla-Fans gesorgt. 

„Ich habe einen Tesla gekauft, bevor Elon verrückt wurde“, lautet ein bekannter Aufkleber, der seit einigen Monaten von Tesla-Fahrern als Rechtfertigung auf die E-Autos geklebt wird. Der hohe Preis für das politische Engagement ist bekannt: Tesla-Absätze im entfremdeten Europa brachen im ersten Quartal so massiv ein wie nie.   

Dan Ives: „Nur noch 5 Prozent Markenschaden übrig“

Kann Elon Musk mit dem Abschied aus Washington die Uhr nun einfach zurückdrehen und Tesla so steuern, als hätten die politischen Ausfälle nicht stattgefunden? Der Meinung ist offenbar Tech-Staranalyst Dan Ives von Wedbush Securities. „Nur noch 5 Prozent Markenschaden sind übrig“, befindet Ives gegenüber der Finanzpublikation „Barron’s“. „Es gibt noch viel zu tun für Tesla, aber sie haben wieder ihren Anführer im Pilotensitz.“

 Ähnlich äußert sich auch Ross Gerber: „Wenn sich Musk aus der Politik heraushält und keine menschenfeindlichen Tweets veröffentlicht, denke ich, dass der Markenschaden in einem Jahr verblasst“, erklärt der CEO von Gerber Kawasaki gegenüber dem Finanzmedium. „Aber Elon ist Elon, und ich weiß nicht, ob er aus seinem DOGE-Desaster etwas gelernt hat.“

Bullcase für Tesla: Autonomes Fahren, Robotaxi, Optimus 


Die zahlreichen Argumente für Tesla sind bekannt: Der Grund für Teslas zurückgewonnene Billionen-Bewertung liegt kaum in der Entwicklung des stagnierenderen bis rückläufigen Kerngeschäfts mit Autoverkäufen, sondern in der Aussicht auf zukünftige Produktinnovationen. 

Zentraler Hoffnungsträger ist dabei Teslas geplante Robotaxi-Flotte, die im Juni 2025 in Austin, Texas, starten soll. CEO Elon Musk sieht darin den Beginn eines „goldenen Zeitalters der Autonomie“. Wedbush-Analyst Dan Ives hob daraufhin vergangene Woche das Kursziel deutlich auf 500 Dollar an und prognostiziert damit ein Kurspotenzial von bis zu 40 Prozent, sollte Tesla seine KI-Strategie erfolgreich umsetzen. 

Zudem arbeitet Tesla an einem günstigeren Tesla-Modell, das auf einer neuen Plattform basiert und die Massenmärkte erschließen soll. Ebenso bekräftigte Musk zuletzt immer wieder seine Vision rund um den humanoiden Roboter „Optimus“. Dessen Nachfrage werde „unersättlich“ sein, prophezeite er vergangene Woche in einem Interview mit CNBC. Die Maschine soll in naher Zukunft in Tesla-Fabriken eingesetzt werden – und langfristig in Haushalten weltweit. Optimus ist laut Musk das Produkt mit dem größten disruptiven Potenzial seit dem iPhone. Nach Vorstellung des 53-Jährigen soll es „das größte Produkt überhaupt“ werden.

Bearcase: Anhaltender Markenschaden, längerer Rollout

Tesla-Skeptiker dürften dagegen anführen, dass der heftige Markenschaden kaum dadurch abgehakt wird, dass Elon Musk seine Arbeit in der DOGE-Kommission beendet hat. Seine politische Haltung ist schließlich hinlänglich bekannt und der nächste potenzielle Eklat nur ein Tweet entfernt.  

Seine Unterstützung für Donald Trump und rechte Parteien in Europa führte zu Boykottaufrufen und einem massiven Rückgang der Verkaufszahlen, insbesondere in Deutschland, wo die Neuzulassungen im Februar 2025 um 76 Prozent einbrachen.

 Dazu kommt neue Konkurrenz. Besonders in Europa verliert Tesla Marktanteile an den chinesischen Rivalen BYD, der im ersten Quartal über eine Million Elektrofahrzeuge verkaufte und damit Tesla deutlich übertraf. BYD setzt zudem auf aggressive Preissenkungen von bis zu 30 Prozent, was den Preisdruck auf Tesla erhöht.

Ob die versprochenen Innovationen nach dem ambitionierten Zeitplan ausgeliefert werden können, wird zudem von vielen Marktbeobachtern bezweifelt. In der Vergangenheit fiel Musk immer wieder durch große Ankündigungen auf, die sich in der Folge dann aber doch oft verzögert haben oder bis heute nie eingelöst wurden (etwa der Autopilot). 

Für Tesla-Aktionäre bleibt das Investment also vor allem eine Glaubensfrage und Wette auf Elon Musk: Kann der 53-Jährige in den kommenden Jahren seine hochfliegenden Ankündigungen Wirklichkeit werden lassen oder nicht? 

Hinweis auf Interessenkonflikte Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Apple.