Die Lücke wird stetig kleiner. Erstmals seit 2017 könnte der NYSE Arca Gold Miners Index, das bei Investoren an der Wall Street populäre Kursbarometer der weltweit größten Goldminenbetreiber, in der zweiten Jahreshälfte stärker anziehen als der Goldpreis selbst.

Dem liegt ein einfacher Ansatz zugrunde: Während die Förderkosten pro Unze des Edelmetalls, vor allem bei den zehn größten Unternehmen der Branche, weitgehend gleich bleiben, sollten ihre Gewinne durch den seit Ende Mai höheren Goldpreis in der zweiten Hälfte des Jahres deutlich anziehen.

Vorübergehend Zoff an der Spitze


Gerangel um die größten Förderkapazitäten und damit auch einen größeren Hebel für Gewinne gab es bis vor wenigen Wochen deshalb ausgerechnet zwischen dem neuen globalen Primus der Goldschürfer, Newmont Goldcorp, und der Nummer 2 Barrick Gold. Die Amerikaner haben die Kanadier bei der Gesamtförderung knapp überholt. Nachdem sich Barrick im September mit eigenen Aktien für sechs Milliarden Dollar den auf Afrika fokussierten Konkurrenten Randgold geschnappt hatte, ließ sich Newmont nicht lumpen und legte für Goldcorp im Januar zehn Milliarden Dollar in eigenen Aktien auf den Tisch.

Wenige Wochen später reagierte Barrick mit einer 17,8 Milliarden Dollar schweren feindlichen Offerte für Newmont, scheiterte jedoch. Schließlich siegte die Vernunft mit einen Joint Venture der beiden Riesen.

Newmont Goldcorp und Barrick Gold schürfen das gelbe Edelmetall künftig gemeinsam in Nevada. Das Joint Venture zählt nach Schätzungen von Analysten zu den Unternehmen mit den größten Goldreserven. Als Betreiber der Minen in Nevada hält der kanadische Partner Barrick 61,5 Prozent der Anteile, US-Partner Newmont Goldcorp den Rest. Andrew Kaip, Analyst der US-Bank BMO Capital Markets, schätzt die Kostenersparnis durch das Joint Venture auf bis zu 2,8 Milliarden Dollar. "Beide werden profitieren", sagt der ­Experte. In der Bilanz von Barrick sollte sich das Gemeinschaftsunternehmen durch zusätzliche Mittelzuflüsse von 250 Millionen pro Jahr bemerkbar machen, bei Newmont dürften es 170 Millionen Dollar sein, schätzt Kaip.

Dennoch ist der neue globale Primus Newmont Goldcorp für den Analysten nicht der Favorit. Probleme in einer Mine im kanadischen Ontario und einer weiteren in Mexiko bremsen derzeit die Produktion des amerikanisch Schürf­riesen. Barrick Gold kann sich währenddessen auf die Integration des Konkurrenten Randgold konzentrieren, der das Portfolio der Kanadier um Minen in Afrika erweitert hat.

Barrick schürft die Unze des gelben Edelmetalls für etwa 825 Dollar und ist damit einer der weltweit kostengünstigsten Betreiber. Die zusätzlichen Minen des Joint-Venture-Partners Newmont in Nevada bringen den Kanadiern weiteres Potenzial für Rendite.

Im zweiten Quartal verkaufte der Konzern 1,37 Millionen Unzen Gold zu einem durchschnittlichen Preis von 1.309 Dollar. Das entspricht einer Bruttomarge von knapp 60 Prozent. Im aktuellen Umfeld mit höheren Preisen sollte die Rendite weiter zulegen.

"Für Barrick Gold und Newmont Goldcorp ist es inzwischen sehr schwer, weiter zu wachsen, um damit ihre hohe Bewertung an der Börse zu rechtfertigen. Das war der Auslöser für die jüngsten Übernahmen. Der damit erreichte Zuwachs bei der Größe, aber auch bei der Liquidität, also der Handelbarkeit ihrer Aktien, macht die Konzerne an der Börse attraktiver. Ich erwarte deshalb weitere Deals der beiden", sagt Georges Lequime, Fondsmanager des Schweizer Vermögensverwalters Earth Ressource Investment Group und Experte für Gold- und Silberminenbetreiber.

Anzahl der Übernahmen legt zu


Schließlich gibt es in der Branche derzeit aussichtsreiche Möglichkeiten. Es gibt so einige Minenbetreiber, die gemessen am Verhältnis der Nettovermögenswerte (NAV) zu ihrem Börsenwert noch günstig zu haben sind. "Bisher warten Investoren und mittelgroße Gold- und Silberschürfer, die zukaufen wollen, ab, ob der schnelle Preisanstieg bei Gold nachhaltig ist", meint Lequime. Hält der Goldpreis zumindest sein ak­tuelles Niveau, prognostiziert der Branchenkenner "einen deutlichen Anstieg der Übernahmen nach den folgenden sechs Monaten".

Dass in der Branche durch neue Projekte weltweit mehr von dem begehrten gelben Edelmetall gefördert wird, zeigt ein Blick in die Statistik. Nach Angaben des Branchendiensts Mining.com wurden im vergangen Jahr 109 Millionen Unzen Gold gefördert. Das sind 23 Millionen mehr als im Jahr 2000 und ein neuer Rekord in der Produktion.

Aufsteiger wie die beiden kanadischen Minenbetreiber Continental Gold und Sabina Gold & Silver, die derzeit viel Geld in Minenprojekte investieren und jeweils ab 2020 und 2022 voraussichtlich Gewinne buchen, würden gut in die Portfolios von größeren Konzerne passen. Aber auch ohne Übernahmefantasie sind die Firmen aussichtsreiche Investments. "Die Margen der Unternehmen, die derzeit viel in Minenprojekte investieren, werden auch von hohen Schulden belastet. Von dem jüngsten Preisanstieg bei Gold profitieren sie deshalb am meisten", erklärt Lequime.

Rund 65 Prozent des Volumens im Earth Gold Fund, den Lequime verwaltet, ist in Aktien mittelgroßer Minen­betreiber angelegt, weitere zehn bis 15 Prozent in Papieren von kleineren Gold- und Silberschürfern.

Aufsteiger aus Kanada


Zu den Aufsteigern, die ihre Förderung derzeit stark ausbauen, gehört auch Kirkland Lake Gold. Die Kanadier investieren vor allem in ihre Macassa- Mine im Norden der Provinz Ontario. In Fosterville im australischen Bundesstaat Victoria betreibt Kirkland Lake Gold eine weitere Mine.

Im laufenden Jahr soll die Gesamtförderung um fast 40 Prozent auf mindestens 950.000 Unzen hochgefahren werden. Stabilisiert sich der Goldpreis, profitiert Kirkland davon 2019 mit deutlich höheren Mittelzuflüssen und viel mehr Gewinn. Der Börsenwert des aufstrebenden Minenbetreibers hat sich seit 2016 mehr als verzehnfacht. Analysten trauen Kirkland Lake Gold deshalb zu, eigene Aktien auch zur Finanzierung von Übernahmen einzusetzen.

Investor-Info

Kirkland Lake Gold
Dynamischer Aufsteiger


Während der ersten sechs Monate des Jahres stieg die Goldförderung um 43 Prozent auf mehr als 446.000 Unzen. Damit ist Kirkland im Plan, 2019 mindestens 950.000 Unzen zu fördern. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um 31 Prozent auf 281,3 Millionen Dollar, der bereinigte Nettogewinn um 66 Prozent auf 105,5 Millionen Dollar. Für das Gesamtjahr erwarten Analysten 67 Prozent mehr Gewinn. Daran gemessen ist die Aktie günstig.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 45,00 Euro
Stoppkurs: 28,40 Euro

Barrick Gold
Erfahrener Riese


Die moderate Senkung des US-Leitzinses brachte alle Goldaktien unter Druck, auch Barrick. Mit dem Kauf von Randgold und den ausstehenden Anteilen an Acacia hat der Konzern sein Afrika-Portfolio erweitert und dürfte deshalb 2019 ein Fünftel mehr Umsatz buchen. Die Nummer 2 der Branche fokussiert sich auf Top-Minen mit einer jährlichen Produktion von mehr als 500 000 Unzen und Reserven für mehr als zehn Jahre. Gemessen am KGV ist die Aktie anspruchsvoll bewertet.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 18,00 Euro
Stoppkurs: 11,00 Euro

Fonds und ETF
Ein Papier für die Branche


Mit mehr als 40 Prozent Plus seit Januar ist der von Georges Lequime verwaltete Earth Gold Fund mit Gold- und Silberminenaktien der Schweizer Earth Resource Investment Group bisher der beste in seiner Kategorie. Von den fünf größten Konzernen ist Kinross unter den zehn größten Positionen. Die jährliche Verwaltungsgebühr von 2,64 Prozent ist jedoch etwas happig. Ein günstige Alternative ist der ETF iShares Gold Producers (ISIN: IE 00B 6R5 203 6). Darin enthalten sind die wichtigsten Goldproduzenten der Welt.