Deutscher Autobauer vor dem Aus? VW trotzt der Krise, BMW kämpft um China – wer fährt als Sieger vom Platz?
Überlebt der deutsche Autobauer?
Es geht um alles. Der deutsche Autobauer stirbt – so klingt es in vielen Schlagzeilen. Doch was ist dran an diesem düsteren Szenario? Wer rettet sich aus dem Abwärtsstrudel, und wer droht tatsächlich unterzugehen?
Nach Monaten voller Hiobsbotschaften kommt endlich Bewegung in die Branche: BMW gelingt die kleine Sensation, den eigenen Sinkflug vorerst zu stoppen – und auch Volkswagen hält sich erstaunlich stabil. Doch die Zahlen offenbaren: Noch lange ist der Kampf nicht entschieden. Zwischen Handelskrieg, Elektro-Revolution und China-Krise tobt ein gnadenloser Überlebenskampf. Und der könnte am Ende einen deutschen Premium-Riesen das Leben kosten.
BMW: Comeback mit Risiko
Es klang zuletzt wie das Pfeifen im dunklen Wald: BMW werde sich schon fangen, sagten Analysten immer wieder. Nun liefern die Münchner tatsächlich handfeste Belege dafür, dass der freie Fall gestoppt ist.
Im ersten Halbjahr setzte BMW 1.207.388 Fahrzeuge der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce ab. Das sind zwar 0,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum – in diesem Umfeld aber fast schon eine Heldentat.
Noch wichtiger: Im zweiten Quartal drehte sich der Trend ins Positive. Der Absatz legte 0,4 Prozent zu.
Das bedeutet: BMW hat sich als einziger deutscher Premiumhersteller dem massiven Abwärtssog entzogen, der Mercedes-Benz und Audi gerade fest im Griff hat.
Doch der Preis dafür könnte hoch sein. Denn insbesondere in den USA verfolgt BMW eine riskante Strategie:
Dort stiegen die Verkäufe um 2,7 Prozent auf 193.000 Autos.
Allerdings fängt BMW die Mehrkosten der US-Zölle bislang selbst ab und reicht sie nicht an die Kunden weiter. Das schützt zwar den Marktanteil – frisst aber die Margen auf.
Das ist brandgefährlich. Analysten warnen: Sollte die US-Regierung die Zölle auf europäische Autos weiter hochschrauben – was Trump für den 1. August erneut angekündigt hat –, könnte sich diese Strategie als Bumerang erweisen.
Barclays und Jefferies: Hoffnungsschimmer für BMW
Trotz dieser Risiken glauben einige Analysten weiter an BMW:
Barclays hat BMW von „Underweight“ auf „Equalweight“ hochgestuft. Das neue Kursziel liegt nun bei 82,50 Euro, statt bislang 73,50 Euro.
Grund: Die Münchner haben ihre EBIT-Marge im Automobilbereich für Q2 „im Rahmen der Erwartungen“ bestätigt. Zudem gab es positive Signale beim Free Cashflow.
Barclays betont: Sollten die US-Zölle noch teilweise entfallen oder verrechnet werden („Netting“), könnten die Margen im zweiten Halbjahr sogar besser ausfallen als gedacht.
Die Konsensschätzungen für die operative Marge 2025 liegen aktuell bei 5,3 Prozent. BMW selbst peilt eine Spanne zwischen 5 und 7 Prozent an.
Auch das Analysehaus Jefferies bleibt optimistisch. Analyst Philippe Houchois hält an seinem „Buy“-Rating fest. Kursziel: 88 Euro. Der Analyst sprach jüngst von einem konstruktiven Ton bei BMWs Analystencall vor den Quartalszahlen – insbesondere mit Blick auf das Gesamtjahr. Jede Zollsituation, die sich zugunsten der Europäer entwickelt, könnte die Stimmung schlagartig verbessern.
China bleibt BMWs Wunderwaffe – und Achillesferse zugleich
Doch die größte Baustelle für BMW heißt: China. Hier liefern die Zahlen ein klares Bild – und es ist alles andere als erfreulich:
Im ersten Halbjahr verkaufte BMW in China 318.000 Fahrzeuge – ein Einbruch um 15,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Damit liegt BMW sogar schlechter als Mercedes-Benz (–14 Prozent) und Audi (–10 Prozent).
Die Ursachen: brutale Rabattschlachten, eine aggressive chinesische Elektro-Konkurrenz sowie eine schwächelnde Konsumstimmung.
Und das ist für BMW doppelt gefährlich. Denn kein Markt liefert so hohe Margen wie China. Bricht hier dauerhaft das Geschäft weg, wird es extrem schwer, die Gewinne aus anderen Regionen zu kompensieren.
VW: Der stille Sieger
Während Mercedes-Benz und Audi in den Seilen hängen, zieht Volkswagen stoisch seine Kreise.
Im ersten Halbjahr verkaufte der Konzern weltweit 4.405.300 Autos, ein Plus von 1,3 Prozent.
Verantwortlich für das Plus sind insbesondere die Kernmarke VW und Tochter Skoda. Porsche und Audi hingegen schwächeln weiterhin.
In China, dem größten Automarkt der Welt, gelingt VW beinahe ein Kunststück:
Während Mercedes-Benz dort dramatisch verliert (–14 Prozent), Audi 10 Prozent einbüßt und BMW 15,5 Prozent verliert, liegt der Rückgang bei VW nur bei 2,3 Prozent.
Im zweiten Quartal kann VW in China sogar um knapp 3 Prozent zulegen.
Grund: VW setzt im Reich der Mitte stärker auf Verbrenner, während die Premiumhersteller längst fast alles auf teure Elektro-Modelle gesetzt haben.
Diese Strategie schützt die Wolfsburger kurzfristig – könnte aber langfristig riskant werden. Denn chinesische Hersteller wie BYD oder Nio wachsen im Elektrosegment rasant.
Elektro-Offensive in Europa – doch US-Probleme belasten VW
In Europa läuft es für VW prächtig. Der Elektro-Boom beflügelt die Absätze:
Im ersten Halbjahr lieferte Volkswagen weltweit 465.500 batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) aus – ein Plus von 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
In Europa wuchs der BEV-Marktanteil von VW sogar um 89 Prozent auf jetzt 28 Prozent.
Doch in den USA kracht es gerade gewaltig. Die Auslieferung des heiß erwarteten elektrischen ID. Buzz wurde gestoppt. Offizielle Begründung: ein technischer Rückruf wegen zu breiter Rücksitze. Doch Insider berichten: In Wahrheit stecken die 25 Prozent Importzölle dahinter, die Donald Trump im April verhängt hat.
Das Problem: Der ID. Buzz wird in Hannover gebaut. Damit unterliegt er den US-Strafzöllen. Die USA verlangen bereits jetzt einen Basistarif von 10 Prozent auf europäische Autos – der könnte ab 1. August drastisch steigen, wenn kein Deal zwischen der EU und den USA zustande kommt.
Mercedes-Benz und Audi: Die Verlierer der ersten Halbzeit
Die härtesten Schlagzeilen dieser Halbjahreszahlen kassieren zwei andere deutsche Premiumriesen:
Audi verliert weltweit 6 Prozent auf 783.500 Autos. Besonders dramatisch: China bricht zweistellig weg. In Nordamerika verliert Audi 9 Prozent.
Mercedes-Benz liegt noch tiefer im Minus. Der Absatz sinkt um 8 Prozent auf 1,08 Millionen Fahrzeuge. In China verliert Mercedes-Benz sogar 14 Prozent.
Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer erklärt das Mercedes-Minus auch mit der Strategie, sich auf teurere Fahrzeuge zu konzentrieren. Doch die Luxus-Strategie hat einen Haken: In einem schwächelnden Markt schrumpft genau dieses Kundensegment besonders stark.
Europa: Der letzte sichere Hafen?
Europa bleibt derzeit die stabilste Region für die deutschen Hersteller:
BMW wächst hier um 8,2 Prozent auf fast eine halbe Million Fahrzeuge.
Mercedes-Benz und Audi verlieren zwar leicht, aber wesentlich weniger als in China oder den USA.
Der VW-Konzern kann in Europa sogar noch leicht zulegen – vor allem getrieben durch den Elektro-Boom.
Hier zeigt sich bislang nur wenig Druck durch chinesische Hersteller. Doch viele Marktbeobachter warnen: Das könnte sich sehr schnell ändern.
Wer stirbt – und wer überlebt?
Die Halbjahreszahlen liefern ein brutales Zwischenfazit:
BMW hat das Steuer herumgerissen – doch der Konzern balanciert weiter auf Messers Schneide. China bleibt ein gigantisches Risiko, und die US-Strategie könnte noch teuer werden.
VW scheint derzeit der stabilste Player. Doch der Stopp beim ID. Buzz zeigt, wie sehr auch Wolfsburg im Visier geopolitischer Spannungen steht.
Mercedes-Benz und Audi stecken tief in der Krise. Hier muss schnell eine Wende her – sonst droht wirklich, dass am Ende „ein deutscher Autobauer stirbt.“
Eines ist klar: Das Rennen ist nicht entschieden. Aber die nächsten Monate werden die härtesten, die die deutsche Autoindustrie je erlebt hat.
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Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Mercedes.