Immobilienaktien sind durch die Zinserhöhungen und die allgemeine Angst vor Abwertung massiv unter Druck gekommen. Vor allem in Europa finden wir massiv Bewertungen unter NAV. Ist dies ein Warnsignal oder die perfekte Einstiegsgelegenheit? Von Johann Werther

Zinsen – Gift für Immobilien

In dieser Woche verkündete die Notenbank der USA zum dritten Mal in Folge eine Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte und gab den Zielzinssatz oberhalb von vier Prozent an. Dass dies für Immobilien, deren Preis sich durch den aktuellen Zins berechnet, Gift ist, dass sollte jedem klar sein. Doch gerade in Europa, wo die Zinsanhebungen noch ausstehen, sind viele Immobilienaktien deutlich mehr unter Druck geraten. Aber was ist der Grund dafür?

Krisen über Krisen in Europa

Auch wenn die EZB in eher homöopathischen Dosen begonnen hat, den Leitzins zu erhöhen, ist dies vermutlich nicht der wahre Grund. Einerseits ist Europa von jeher schlechter bewertet als Nordamerika, was vor allem am unterentwickelten Kapitalmarkt und am wackeligen EU-Konstrukt liegt. Dazu kommt außerdem eine Fülle an weiteren Krisen, welche in den USA gar nicht bekannt sein dürften, wie die Angst vor dem Blackout, den russischen Aggressionen und die starke politische Spaltung unter den Mitgliedsländer.

Wie soll also in einem solchen Umfeld für Immobilien noch eine Performance drin sein, da diese ja schon vom Namen her “immobil” und nicht wie zum Beispiel Gold überallhin transportierbar sind?


Vonovia – klassisches Beispiel für Kauf oder Finger weg?

Als klassisches Beispiel taugt hier sehr gut die Vonovia, der bekanntlich größte Vermieter in ganz Europa. Die Aktie hat vom Hoch bereits mehr als die Hälfte verloren und notiert trotz konservativer Finanzierungsmethoden inzwischen ca. 70 Milliarden unter dem eigenen NAV.

Grund dafür sind natürlich zum einen die Übernahmen, die das Unternehmen getätigt hat und sich damit scheinbar etwas zu übernommen haben scheint. So ist immer noch fraglich, was mit der Integration der deutschen Wohnen passiert und die Beteiligung am Adler Konzern wirkt nachträglich auch etwas ambitioniert, da dem Immobilienunternehmen vermehrt Bilanzfälschung vorgeworfen wurde.

Aber damit nicht genug der Probleme des Konzerns, durch den schwierigen Winter wird es, so erwarten Experten, vermehrt zu Schäden an Immobilien durch zu wenig Wärme und Mietausfällen durch gestiegene Kosten kommen. Und am Ende der Kette steht natürlich auch noch die Angst vor einer Abwertung des Immobilienmarktes durch steigende Zinsen.

Deswegen sollten Anleger, die mit ihren Investments gerne ruhig schlafen die Aktie lieber früher als später aus dem Depot werfen, da es hier noch einige Risiken gibt, die sich materialisieren könnten. Doch wer hingegen mutig ist und Chancenorientiert denkt kann ein Aktie mit dem vierfachen NAV haben und ein Unternehmen, welches solide genug aufgestellt ist, diesen Sturm zu überleben. Dabei ist keineswegs ausgeschlossen, dass das Papier noch mal 30, 40 oder mehr Prozent nach unten gehen könnte, doch sollte die Krise wieder vorbei sein, dürfte sich auch der Wert der Aktie dem inneren Wert des Unternehmens wieder deutlich annähern.