Allerdings: In den vergangenen knapp zwei Jahren, in denen der Konflikt nach und nach immer weiter eskalierte, war ein Abkommen schon häufiger in greifbare Nähe gerückt. Es scheiterte dann aber immer wieder an unannehmbaren oder kaum umsetzbaren Forderungen auf beiden Seiten sowie letztlich auch an der Sprunghaftigkeit Donald Trumps. Dies ist auch dieses Mal nicht auszuschließen.

Kernstück des Teilabkommens ist nach Aussage des US-Präsidenten die Bereitschaft der Chinesen, amerikanische Agrarprodukte im Wert von 40 Mrd. bis 50 Mrd. US-Dollar pro Jahr abzunehmen. Auch Teil der Lösung sollen höhere Importe von Boeing-Flugzeugen mit einem Umfang von bis zu 20 Mrd. US-Dollar sein. Darüber hinaus soll es eine erste Verständigung in den kritischen Streitpunkten zu Währungsfragen und zum Schutz geistigen Eigentums gegeben haben, worüber aber noch nichts Näheres bekannt ist. Im Gegenzug erklären sich die Amerikaner bereit, auf die für heute (15. Oktober) geplante Zollerhöhung auf Importe aus China mit einem Warenwert von 250 Mrd. US-Dollar zu verzichten. Die Zölle sollten von 25% auf 30%angehoben werden. Noch ist das Teilabkommen allerdings weit davon entfernt, unterschriftsreif zu sein. Die bis jetzt bekannten Details stützen sich hauptsächlich auf Aussagen Trumps und sind besser noch mit Vorsicht zu bewerten.

Vor allem der Plan, dass die Chinesen bis zu 50 Mrd. US-Dollar an US-Agrargütern importieren sollen, könnte sich als Luftnummer erweisen. Nicht nur, dass China selbst zu Hochzeiten vor Ausbruch des Konflikts kaum mehr als 25 Mrd. US-Dollar für US-Agrarprodukte ausgegeben hat - das Ziel käme also wenigstens einer Verdopplung der bisherigen Einfuhren gleich, gemessen am deutlich niedrigeren Wert aus dem Jahr 2018 sogar einer Vervierfachung, und entspräche dann mindestens einem Drittel aller Einfuhren Chinas aus den USA. Das allein wirkt schon schwer umsetzbar. Darüber hinaus ist die Nachfrage Chinas nach Sojabohnen, dem wichtigsten Agrarimport aus den USA, aufgrund der in China grassierenden Schweinepest deutlich gesunken. Die Soja-Läger sind randvoll. Auch das würde die Ausweitung der Importe aktuell erschweren. Und ohnehin könnten auch die US-Farmer die Lieferungen an China aktuell nur langsam aufstocken. Sie haben angesichts der schwachen Soja-Nachfrage aus China für die kommende Erntesaison auf eine alternative Aussaat gesetzt und könnten erst 2021 die Soja-Ernte wieder deutlich erhöhen. Lediglich eine Ausweitung der Schweinefleisch-Lieferungen, auf die China jetzt angewiesen ist, ist vorstellbar. Aber dabei handelt es sich um deutlich niedrigere Volumina. Der Plan ist also bestenfalls mittelfristig realisierbar.

Positiv - und das schon in der kurzen Frist - ist dagegen, dass Trump die nächste Anhebung der Strafzölle gegen China erst einmal aussetzt. Sollte die nun gefundene Übereinkunft tatsächlich Mitte November schriftlich besiegelt werden, ist auch die Streichung der noch für Dezember geplanten Zollanhebung wahrscheinlich. Dies würde erheblichen Druck von Chinas Exportkonjunktur nehmen und die zuletzt deutlich eingetrübten Wachstumsperspektiven des Landes wieder etwas aufhellen, auch wenn ein Großteil der Zollbelastung weiter bestehen bliebe. Der gewichtete Zollsatz läge dann aber nur bei gut 15% statt bei 25%. Möglich ist auch, dass Trump bei der Streichung der Zölle die eigene Wirtschaft im Blick hat, weil ihm allmählich schwant, dass die US-Wirtschaft unter dem Zollkonflikt zu leiden beginnt. Das würde zumindest die Erfolgschancen des als "Phase 1" beschriebenen Partialabkommens deutlich erhöhen und womöglich auch den Weg für eine weitere Annäherung ebnen.

Bis es allerdings so weit ist, ist Vorsicht angesagt, da der für seine Volten bekannte US-Präsident seine Meinung auch genauso schnell wieder ändern kann. Daher wird uns die Unsicherheit, die aus dem Hin und Her im Handelsstreit entstanden ist und die auf die weltweite Konjunktur drückt, allemal erhalten bleiben. Auch wäre es verfrüht, nun auch im Konflikt mit der EU ein Einlenken Trumps zu erwarten. Im Gegenteil: Nicht ausgeschlossen, dass sich der US-Präsident nach einer Einigung mit China erst recht auf die Europäer "einschießt". Für Euphorie ist es momentan sicherlich zu früh.

Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.