Gold mit immer neuen Rekorden: Nach einer historischer Rallye rechnen Analysten nun mit einer Verschnaufpause – langfristig bleibt der Trend aber klar aufwärts.
Es war ein weiteres Fanal in einem Ausnahmejahr: Am heutigen Freitag hat der Goldpreis mit 4.390 US-Dollar je Unze ein neues Allzeithoch markiert. Seit Jahresbeginn liegt das Plus bei atemberaubenden 62 Prozent – und damit weit vor sämtlichen anderen großen Anlageklassen. Der S&P 500 kommt im selben Zeitraum lediglich auf ein Plus von 13 Prozent, die Nasdaq auf +17 Prozent. Gold ist damit 2025 ohne jede Frage das Asset des Jahres.
Doch wo Euphorie herrscht, wächst auch die Nervosität. Marktbeobachter warnen zunehmend vor einer kurzfristigen Verschnaufpause – auch die Analysten der Bank of America (BofA). Zwar erwarten sie langfristig weiter steigende Preise bis 5.000 US-Dollar je Unze, rechnen aber in den kommenden Wochen mit einer möglichen Korrektur.
Überhitzungssignale am Goldmarkt
Nie war die relative Stärke des Edelmetalls so hoch wie jetzt. Auf kurzfristiger Basis ist Gold so überkauft wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In den vergangenen acht Wochen stieg der Preis nahezu ohne Unterbrechung. Das durchschnittliche tägliche Handelsintervall liegt laut Blue Line Futures mittlerweile bei rund 90 Dollar – ein klares Zeichen für eine stark gestiegene Volatilität.
Auch die Kapitalflüsse unterstreichen die Rallye: Laut BofA sind die Mittelzuflüsse in Gold-ETFs im September um 880 Prozent explodiert – ein Rekordwert. Insgesamt flossen über 14 Milliarden US-Dollar in entsprechende Fonds. Neben physischem Gold greifen zunehmend auch Privatanleger über börsengehandelte Produkte zu. Die Dynamik dieser Zuflüsse hat selbst die optimistischsten Prognosen übertroffen.
Doch dieser spektakuläre Run birgt Risiken. „Wir bleiben für Gold langfristig bullish, sind aber besorgt, dass die Preise kurzfristig konsolidieren könnten“, schreiben die BofA-Strategen. Das Momentum sei zwar ungebrochen – aber kaum nachhaltig in dieser Geschwindigkeit fortzusetzen.
Drei Katalysatoren für eine mögliche Korrektur
Die Analysten sehen derzeit mehrere Faktoren, die eine kurzfristige Gegenbewegung beim Goldpreis auslösen könnten. Zum einen spielt die Tarifpolitik eine entscheidende Rolle: Ein mögliches Urteil des Supreme Court zu den von Präsident Trump verhängten Zöllen könnte geopolitische Spannungen entschärfen und damit einen wichtigen Preistreiber für Gold abschwächen. Zum anderen rückt die Geldpolitik der Fed in den Fokus. Sollte sich die Konjunktur überraschend stabilisieren, wäre ein „hawkisher Pivot“ der US-Notenbank denkbar.
Eine restriktivere Haltung würde den Inflationsdruck dämpfen, den Dollar stärken – und damit den Goldpreis belasten. Hinzu kommt die politische Dimension: Ein Machtwechsel bei den Midterms könnte die Ausgabenpolitik der Regierung verändern und die bislang unkonventionelle Linie des Weißen Hauses abschwächen. „Die Diskussion um kurzfristige Abwärtsrisiken wird intensiver“, heißt es bei BofA. Zwar erwarten die Strategen keinen Crash, doch eine Konsolidierungsphase, in der der Goldpreis vorübergehend unter 4.000 Dollar fällt, halten sie für durchaus wahrscheinlich.
Warum der langfristige Aufwärtstrend intakt bleibt
Gleichzeitig bleiben die strukturellen Argumente für Gold klar bullish. Die Bank of America verweist auf mehrere fundamentale Treiber, die das Edelmetall auch 2026 weiter nach oben tragen könnten. Entscheidend sind die anhaltend hohen Haushaltsdefizite in den USA und weltweit, die wachsende Staatsverschuldung mit zunehmenden Zweifeln an der Schuldentragfähigkeit sowie eine lockerere Geldpolitik, obwohl sich die Inflation bei rund drei Prozent einzupendeln scheint.
In diesem makroökonomischen Umfeld bleibt Gold für viele Investoren die ultimative Absicherung gegen Währungsentwertung und finanzielle Instabilität. Auch Ray Dalio, Gründer des Hedgefonds Bridgewater, warnt seit Monaten vor den fiskalischen Ungleichgewichten der USA und empfiehlt, Gold als strategischen Baustein im Portfolio zu verankern. Historisch betrachtet profitiert das Edelmetall besonders dann, wenn die Kaufkraft des US-Dollars sinkt – genau das geschieht derzeit durch Zölle, eine expansive Fiskalpolitik und die beginnende nächste Zinssenkungsrunde der Federal Reserve.
Erinnerungen an 2011: Was ein Rückschlag bedeuten kann
Dass ein steiler Anstieg auch Rückschlagpotenzial birgt, zeigt die Historie: Nach den Allzeithochs 2011 stürzte Gold in den folgenden Jahren um rund 45 Prozent ab, als sich das makroökonomische Umfeld stabilisierte. Zwar sehen Marktbeobachter ein solches Szenario derzeit nicht unmittelbar – doch eine scharfe Korrektur von 10 bis 20 Prozent wäre angesichts der Rallye keineswegs ungewöhnlich.
„Es ist die schiere Geschwindigkeit der Bewegung, die Anlass zur Vorsicht gibt“, sagt Phil Streible, Chefstratege bei Blue Line Futures. „Allein seit September ist der Preis um 700 Dollar gestiegen – das ist außergewöhnlich. Selbst wenn BofA recht behält und wir 2026 die 5.000 Dollar sehen, wird der Weg dorthin nicht linear verlaufen.“
Zwischen Euphorie und Übertreibung
Gold bleibt einer der wichtigsten Investmenttrends der Gegenwart. Der historische Preisanstieg reflektiert ein geopolitisch und wirtschaftlich angespanntes Umfeld – mit Inflation, Defiziten und politischen Unsicherheiten als stützende Faktoren.
Doch die jüngste Rallye hat das Edelmetall auch verletzlich gemacht. Eine Korrektur ist nicht nur wahrscheinlich, sondern könnte sich als notwendige Atempause entpuppen. Wer langfristig auf Gold setzt, dürfte eine vorübergehende Konsolidierung als Einstiegschance betrachten – vorausgesetzt, man kann kurzfristige Schwankungen aushalten.
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