DAX und MDAX eilen von Allzeithoch zu Allzeithoch. Folge: Deutsche Aktien werden immer teurer. Noch günstige Titel zu finden, ist schwer möglich.

Einige wenige DAX- und MDAX-Werte weisen jedoch gewaltige Schwankungen auf. Das erlaubt es Investoren, diese Titel mithilfe von Discountzertifikaten doch zum attraktiven Preis zu erwerben. Mit solchen Papieren kaufen Anleger Aktien mit Rabatt auf den Börsenkurs. Der Rabatt wirkt gleichzeitig wie ein Puffer. Erst wenn er aufgebraucht ist, machen Zertifikatebesitzer Verlust.

Beim MDAX-Wert Varta und dem DAX-Titel Wirecard sind aktuell Abschläge von bis zu fast 50 Prozent auf den Aktienkurs realisierbar, bei einer Laufzeit der Discountpapiere bis Dezember 2020. Grund für den hohen Rabatt ist die enorm hohe erwartete Volatilität von rund 55 Prozentpunkten bei Varta und etwa 49 Prozentpunkten bei Wirecard für die nächsten neun Monate. Beide Titel bewegen sich seit Monaten hin und her. Zum Vergleich: Bei Daimler beträgt die implizite Neun-Monats-Volatilität 24, bei SAP 18 Prozentpunkte.

Der Rabatt entsteht dadurch, dass am Terminmarkt eine Option auf den Basiswert veräußert und dafür eine Prämie vereinnahmt wird. Diese ermöglicht es, den Abschlag abzubilden. Je größer die Volatilität des Basiswerts ist, desto höher ist die Prämie und damit auch der Rabatt. "Bei Discountzertifikaten wird Unsicherheit verkauft. Je höher die Erwartungen an künftige starke Kursschwankungen sind, desto attraktiver sind die Konditionen bei diesen Produkten", bringt es Matthias Hüppe, Zertifikateexperte bei HSBC Deutschland, auf den Punkt.

Für Käufer von Einzelaktien bedeuten kräftige Schwankungen also hohe Gefahren, Inhaber von Discountpapieren profitieren dagegen davon. Ihr Verlustrisiko geht zurück.

Nachteil: die Gewinnlimitierung


Allerdings gibt es nichts geschenkt: Erträge sind durch den Cap, eine festgelegte Kursobergrenze bei Discountzertifikaten, limitiert. Wird diese überschritten, sind keine weiteren Gewinne mehr möglich - anders als bei der Direkt­anlage in Aktien. Es gilt: Je höher der Discount, desto niedriger ist der maximale Ertrag und umgekehrt.

So offeriert das Rabattpapier der DZ Bank auf Varta zwar einen Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs von etwa 88 Euro von 45,3 Prozent, maximal sind bis zur Fälligkeit Mitte Dezember jedoch nur höchstens vier Prozent Rendite erzielbar. Discountpapiere mit so hohen Rabatten werden Deep-Discountzertifikate genannt. Bei ihnen befindet sich der Cap weit unter dem Kurs des Basiswerts, der Puffer ist entsprechend groß.

Keine Alternative zu Anleihen


Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktie so tief sinkt, ist niedrig. "Die Kurse dürfen sogar noch stärker nachgeben als bei üblichen Discountzertifikaten. Trotzdem erwirtschaften die Investoren am Laufzeitende positive Erträge", hebt Marcus Landau, Derivateexperte der DZ Bank, die Vorzüge der Produkte hervor.

Eine Alternative zu Unternehmens­anleihen sind die Papiere jedoch nicht. Sie eignen sich eher für sicherheitsbewusste Anleger, die nicht vor hochvolatilen Aktien zurückschrecken, um ihre Rendite aufzupeppen. "Im Negativzins-Umfeld ist nun einmal keine auskömmliche Rendite mehr erzielbar, ohne ein moderates Risiko einzugehen", ordnet Benjamin Feingold, Gründer der Börsen- und Derivate-Informationsplattform Feingold Research, die Deep-Discounter ein.

Gute Nerven brauchen dagegen Anleger, die direkt in Varta-Aktien investieren. 2019 hat sich der Titel fast vervierfacht. Anfang Januar stürzte der Wert dann innerhalb eines Tages um 22 Prozent ab. Das Unternehmen mit Sitz in Ellwangen erwirtschaftet gut 80 Prozent seines Umsatzes mit Micro-Batterien für Hörgeräte und kabellose Kopfhörer. Lange Zeit hatte Varta quasi eine Monopolstellung in diesem Sektor. Aufkeimende Angst, dass Konkurrenz aus China die Technologie von Varta kopieren könnte, führte zum Kurssturz.

Zudem treibt Börsianer die Sorge um, dass Varta nicht die Kapazitäten habe, um die hohe Nachfrage in dem Segment zu befriedigen. Kunden würden daher nach Alternativen Ausschau halten.

Auch die nach der Super-Hausse hohe Bewertung mit einem KGV von fast 40 für 2020 führte dazu, dass sich viele Anleger von dem Titel trennten. Zuletzt hat sich der Wert aber wieder stabilisiert und ist gestiegen. Denn Varta hat weder Auftragsvolumen noch wichtige Kunden verloren. Überdies soll das Segment kabellose Kopfhörer von aktuell 14,6 bis 2025 auf 26,5 Milliarden US-Dollar Volumen anwachsen.

Wer der Sache trotzdem nicht so ganz traut, kann sich mit dem genannten Deep-Discountpapier der DZ Bank mit viel Risikopuffer engagieren. Fällt der Aktienkurs bis Mitte Dezember nicht um mehr als 43,1 Prozent unter den Cap von 50 Euro, ist eine Maximalrendite von vier Prozent erzielbar.

Mehr Risiko, mehr Ertrag


Wer bereit ist, mehr Risiko zu tragen, und dafür eine um 3,1 Prozentpunkte größere Renditechance zu haben, für den eignet sich das Discountpapier von HSBC. Der Abstand des Aktienkurses von 31,7 Prozent bis zum Cap bei 60 Euro und einem Puffer von 36 Prozent, bevor Verlust eintritt, sind immer noch sehr ansehnlich.

Auch die Aktie des DAX-Mitglieds Wire­card schwankt heftig. Die Firma ist wegen Bilanzfälschungsvorwürfen immer wieder in den Schlagzeilen. Bisher konnten die Gerüchte nicht bewiesen werden. Einräumen musste das Unternehmen nur, dass in der verhältnismäßig kleinen Niederlassung in Singapur Geschäfte falsch verbucht wurden. Um die Vorwürfe zu beseitigen, hat Wire­card eine Sonderprüfung bei KPMG in Auftrag gegeben. Bis der Bericht vorliegt, dürfte der Verlauf der Aktie volatil bleiben. Wirecard wickelt für Einzelhändler, Reise- und Telekomfirmen Zahlungen ab. In den kommenden Jahren wird mit hohem Wachstum gerechnet.

Wegen der intransparenten Informationslage ist viel Risikopuffer ratsam. Das Deep-Discountpapier der DZ Bank offeriert einen Abschlag von 40 Prozent vom Aktienkurs bei 137 Euro bis zum Cap von 82 Euro. Wird der Cap bis zur Fälligkeit nicht unterboten, ist ein Maximalertrag von 4,15 Prozent erreichbar.

3,6 Prozentpunkte mehr Rendite sind mit dem Discounter von Morgan Stanley erzielbar. Der Cap ist hier aber nur 30 Prozent vom Aktienkurs entfernt, Verluste entstehen bereits, wenn der Titel um mehr als 35,4 Prozent fällt. Im Vergleich zur Aktie ist das Risiko aber harmlos: Die schwankte in den vergangenen zwölf Monaten kräftig zwischen 98 und 161 Euro hin und her.