Der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer AG musste in der vergangenen Woche eine erneute Hiobsbotschaft verkraften. Kehrt nun der alte Albtraum in Form von rechtlichen Haftungsrisiken in den USA zurück?

Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Washington hat am Donnerstag im Fall „Erickson“ ein Urteil verkündet, das mehrere Aspekte der Klagen wegen mutmaßlicher Gesundheitsschäden durch PCB am Sky Valley Education Center (SVEC) betrifft. Das Gericht entschied, ein vorinstanzliches Urteil gegen Bayer wieder in Kraft zu setzen. Konkret ging es um angebliche Gesundheitsschäden durch PCB (Polychlorierte Biphenyle) – und eine ursprüngliche Entschädigung in Höhe von rund 185 Mio. Dollar, die Bayer bislang für unzulässig hielt. Das Gericht verwarf diese Haltung und setzte das Urteil zurück.

Comeback der Risiken bei Bayer?

Damit steigen nicht nur die unmittelbaren Kostenrisiken erneut, sondern vor allem das strukturelle Risiko: Acht weitere Verfahren gegen Bayer seien noch offen, heißt es – und die Frage nach Schadenersatz bleibt deshalb in den USA ein großes Thema. Unter den Investoren kehrte nun die Skepsis zurück, was sich am vergangenen Donnerstag in einem Tagesverlust von in der Spitze mehr als fünf Prozent niedergeschlagen hat, von dem ein Teil mittlerweile aber wieder aufgeholt wurde. Nur zur Erinnerung: Vor etwas mehr als zehn Jahren kostete die Bayer-Aktie noch mehr als 138 Euro (aktuell: 26,90 Euro). Derzeit sieht es so aus, als ob die Risiken einfach nicht verschwinden möchten.

Auch aus charttechnischer Sicht überwiegen derzeit eindeutig die Molltöne. Laut Daten der Website TradingView.com ist die Aktie von Bayer technisch stark angeschlagen. Die Mehrzahl der technischen Indikatoren bewegen sich derzeit im negativen Bereich. So legen zum Beispiel von den insgesamt 26 erfassten Parametern gegenwärtig 13 das „Verkaufen“, zehn das „Halten“ und lediglich drei das „Kaufen“ der Aktie nahe, was zu dem Gesamturteil „Verkaufen“ führt.

Hochspannung wegen anstehender Q3-Zahlen

Dabei hatte Bayer zuletzt sogar eine kleine Erfolgsgeschichte vorzuweisen: Dreimal in Folge gelang es dem Konzern nämlich, die Analystenschätzungen beim Gewinn je Aktie zu übertreffen. Doch genau diese Serie könnte mit der Bekanntgabe der Q3-Zahlen in der nächsten Woche (12. November) reißen. Laut TradingView ergeben die Analystenschätzungen einen Durchschnittswert von 0,37 Euro je Aktie.

Fazit: Bayer steckt in einer gefährlichen Gemengelage: Zum einen belastende US-Rechtsverfahren, bei denen jetzt wieder ein Schlüsselurteil gegen den Konzern entschieden wurde. Zum anderen befindet sich bei dem Unternehmen sowohl aus fundamentaler (hohe Schulden und rechtliche Risiken im Glyphosat- und PCB-Bereich) als auch aus charttechnischer Sicht ziemlich viel „Sand im Getriebe“. Bayer befindet sich trotz der diesjährigen Erholung eher im Krisen­ als im Rallymodus. Anleger sollten daher wachsam bleiben – dieser Konzern schleppt noch einige ungelöste Probleme mit sich. Deshalb drängt sich der Kauf des DAX-Werts derzeit nicht auf.

Hier finden Sie den von BO entwickelten Reversal Index. Diesen zehn ehemaligen Highflyern aus dem Technologiesektor traut die Redaktion einen Turnaround zu.


Bayer (WKN: BAY001)

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