BÖRSE ONLINE: Das Marktumfeld ist volatil. Warum haben Sie sich ausgerechnet jetzt für den Börsengang entschlossen?


Thomas Grübel: Das Risiko eines schlechten Kapitalmarktumfelds ist nie auszuschließen. Für mich ist entscheidend, dass für uns genau jetzt der optimale Zeitpunkt für einen Börsengang ist. Der Markt für E-Scooter in Europa ist noch sehr jung und gewinnt gerade deutlich an Fahrt. Als führender europäischer Hersteller von Elektrorollern können wir mit den Mitteln aus dem Börsengang aktuelle Chancen optimal nutzen und in eine neue Größenordnung aufsteigen.

Sie streben ein Emissionsvolumen von rund 90 Millionen Euro an, bis zu 75 Millionen sollen über eine Kapitalerhöhung ins Unternehmen fließen, vor allem in den Ausbau der Produktion. Was passiert damit konkret?


Es geht ganz klar um Wachstumsfinanzierung. Die Erlöse sollen insbesondere in den Ausbau unserer Produktion in Polen investiert werden. Zudem möchten wir unser Produkt- und Serviceportfolio ausweiten. Ziel ist es, unseren Vorsprung in der E-Scooter-Sharing-Industrie in Europa weiter auszubauen. Außerdem wollen wir uns im Endkundenmarkt deutlich stärker positionieren.

Stehen Zukäufe auch auf dem Programm?


Ja, durchaus. Strategische Akquisitionen zur Erweiterung unseres Produktportfolios mit neuen Modellen oder komplementären Produkten, wie beispielsweise Ersatzteile oder Zubehör, sind Bestandteil unserer Strategie. Mit der Übernahme der Elektroroller-Marke Elmoto im Juli konnten wir unser Privatkundenangebot bereits sehr gut ergänzen.

Wie sieht die derzeitige Aktionärsstruktur aus, und wie soll sie nach dem Börsengang aussehen?


Derzeit sind die größten Aktionäre das Family Office Dquadrat Equity Partner aus Ludwigsburg mit rund 84 Prozent der Anteile sowie das Govecs-Management mit rund 13 Prozent. Der Großteil der Emissionserlöse wird aus einer Kapitalerhöhung stammen. Nur der Hauptaktionär Dquadrat gibt einen kleineren Teil seiner Aktien im Rahmen der Basistransaktion ab. Das Management verkauft keine Aktien. Bei vollständiger Platzierung der angebotenen Aktien inklusive Mehrzuteilung wird der Streubesitz nach der Transaktion voraussichtlich bei rund 62 Prozent liegen. Das Angebot richtet sich an institutionelle Investoren sowie an Privataktionäre.

Können Sie sich auch eine Zusammenarbeit mit einem strategischen Partner vorstellen, der sich möglicherweise auch an Govecs beteiligt? Also zum Beispiel mit einem Fahrzeughersteller, dessen Vertriebsnetz mitgenutzt werden kann, oder einem Unternehmen wie der Deutsche-Post-Tochter Streetscooter?


Eine strategische Partnerschaft ist kurzfristig nicht geplant, da wir den kompletten Fokus auf unser eigenes Wachstum setzen. Mittel- bis langfristig wollen wir das nicht ausschließen, aber es kommt eben auf den Partner und die Art der strategischen Partnerschaft an.

Welche Wachstums- und Renditeziele streben Sie nach dem Börsengang an?


Wir haben in den vergangenen Jahren die Basis für dynamisches Wachstum geschaffen. Im Geschäftsjahr 2017 haben wir einen Absatz von 2885 Rollern erzielt sowie einen Umsatz von rund 15 Millionen Euro, doppelt soviel wie im Vorjahr. Aufgrund der Geschäftsentwicklung und des starken Auftragsbuchs rechnen wir für 2018 mit einem Umsatzwachstum auf 24 bis 28 Millionen Euro. Govecs wird weiter stark in den Produkte, Produktion sowie in Marketing und Vertrieb investieren. Der Fokus liegt aktuell auf Wachstum und nicht auf Gewinn.

Wie haben Sie Ihr Wachstum bislang finanziert?


Als junges Wachstumsunternehmen sind unsere Finanzschulden gering und lagen am Ende letzten Jahres bei ungefähr zwei Millionen Euro. Bisher haben wir unser Wachstum und die Entwicklung unserer Technologie über unseren Hauptgesellschafter Dquadrat Equity finanziert.

Und wann wollen Sie die Gewinnzone erreichen?


Bei weiterer Margenverbesserung beabsichtigen wir die Gewinnschwelle beim Vorsteuerergebnis (Ebit) in den nächsten 24 bis 30 Monate zu erreichen.

Sie sagten eingangs, dass der Markt für E-Scooter deutlich an Fahrt gewinnt. Welche Entwicklung erwarten Sie?


Vor zwei Jahren hat fast noch niemand in Deutschland etwas von E-Scootern gehört. Jetzt beginnt der Endkunden-Markt richtig zu wachsen. Parallel dazu werden auch die E-Flotten von Sharing-Anbietern und Delivery-Diensten stetig erweitert, und in beiden Märkten sind wir schon etabliert. Govecs verkauft derzeit die meisten E-Scooter in europäische Länder außerhalb von Deutschland. Der E-Scooter-Markt in Europa und auch in Deutschland wird weiter sehr stark wachsen. Experten erwarten künftige Wachstumsraten von über 25 Prozent pro Jahr bis zum Jahr 2026. Einer aktuellen Studie zufolge sind bereits im ersten Quartal 2018 die Registrierungen von E-Mopeds und E-Rollern in Europa um mehr als 50 Prozent gestiegen.