Für immer ein Gewinner? Wie Chef Satya Nadella den Softwareriesen zu einem Unternehmen formt, das seine Stärken nutzt, um Techtrends schneller und erfolgreicher umzusetzen als die Rivalen

Sieben Prozent legte der Aktienkurs von Microsoft nach den starken Quartalszahlen Anfang Mai zu. Bei damals knapp 2900 Milliarden Euro Börsenwert ist das eine ganze Menge, mehr als 200 Milliarden Euro. Zur Einordnung: Europas größter Softwarekonzern SAP, aktuell auch mit dem höchsten Börsenwert auf dem Kontinent, ist nur etwas mehr als 300 Milliarden wert. Microsofts Erlöse legten im dritten Quartal des Geschäftsjahres bis Ende Juni um 13 Prozent auf mehr als 70,1 Milliarden Dollar zu, bei der Cloud-Tochter Azure waren es plus 33 Prozent. Azure ist ein Teil von Microsofts Intelligent-Cloud-Segment, das 26,8 Milliarden erlöste. Über alle Sparten legten die Erlöse in der Datenwolke um ein Fünftel auf 42,2 Milliarden zu. Das sind rund 60 Prozent der Gesamterlöse.

Microsoft als Trendsetter

Mit Chef Satya Nadella, seit Februar 2014 an der Spitze, haben sich das Geschäftsmodell und die Firmenkultur des Softwareentwicklers aus Redmond im US-Bundesstaat Washington komplett gewandelt. Nadella schaffte das Silodenken ab und formte ein Schwergewicht, das seine Stärken nutzt, um bei neuen Trends schneller zu sein als die Konkurrenz. So wurde Microsoft mit seiner Strategie für Cloud und seit 2022 bei künstlicher Intelligenz (KI) das wertvollste Unternehmen der Welt. Mit einen globalen Marktanteil von etwas mehr als 70 Prozent auf Computern von Privatnutzern und Firmen ist Microsofts Betriebssystem Windows weiterhin dominant. Windows sichert dem Konzern eine unvergleichbar große Kundenbasis. Wichtig ist das vor allem in dem weiterhin sehr profitablen Geschäft mit Unternehmen, auch im Zeitalter von Cloud und KI. Weltweit setzen mehr als zwei Millionen Unternehmen das Cloud-Bürosoftware-Paket Microsoft 365 ein.

Bis Ende des Jahres dürften 350 Millionen Menschen Microsofts Videokonferenzplattform Teams nutzen. Mit Nadella, der vor seinem Aufstieg an die Spitze Chef der Cloud-Sparte war, ist Microsoft der weltweit zweitgrößte Cloud-Dienstleister nach Amazon. Beim Einsatz von KI, bisher vor allem über die exklusive Partnerschaft mit ChatGPT-Entwickler Open AI, hat Microsofts Azure Amazons Cloud-Tochter AWS nach Einschätzung von Experten überflügelt, vor allem wegen Microsofts großer Expertise bei Software. Wie konsequent Microsoft KI intern einsetzt, macht sich im Kerngeschäft bemerkbar: 20 bis 30 Prozent der Programme werden laut Microsoft von Software geschrieben.

Microsoft (WKN: 870747)

Bewährungsprobe für OpenAI-Allianz

Erst Cloud, jetzt KI: Chef Nadella treibt den Ausbau der Technologie, der bahnbrechende Veränderungen in allen Bereichen der Wirtschaft und des täglichen Lebens zugetraut werden, schnell voran. Überraschend ist nun jedoch, dass sowohl für Nadella als auch für OpenAIs Mitgründer und Chef Sam Altman, der die beiden Firmen einst als „die besten Partner in der Techbranche“ bezeichnete, die Exklusivität der Allianz nicht mehr so wichtig zu sein scheint. OpenAI nutzt für das Training seiner KI nicht mehr nur Microsoft Azure sondern auch Rechenzentren bei anderen Dienstleistern, etwa bei Börsenneuling Corewave. Für Nadella ist die Abhängigkeit von OpenAI-KI inzwischen offensichtlich zu riskant. Microsoft nutzt inzwischen auch die KI des französischen Entwicklers Mistral und baut nun auch für Microsofts KI-Assistenten-Familie Copilot Alternativen zu OpenAI auf. 

Um selbst einen Algorithmus wie OpenAI aIs GPT-4 zu entwickeln, holte sich Nadella im vergangenen Jahr für 650 Millionen Dollar Mustafa Suleyman und das Team seines KI-Start-ups Inflection ins Haus. Suleyman ist Mitgründer der britisch-amerikanischen Firma Deepmind, die mit sogenannten neuronalen Netzen eine Basistechnologie für große KI-Sprachmodelle wie GPT-4 (Large Language Models, LLMs) entwickelt hat. Die Firma wurde 2014 von Alphabet übernommen. Schnell war jedoch klar, dass die Entwicklung einer besseren Alternative zu GPT-4 wesentlich schwieriger ist als gedacht.

KI-Boom noch lange nicht vorbei

Microsoft setzt deshalb bis auf Weiteres bevorzugt auf OpenAI. ChatGPT hat wöchentlich 250 Millionen aktive Nutzer, elf Millionen Abos und rund eine Million Firmenkunden. Ein exklusives Potenzial, das die meisten von Microsofts KI-Werkzeugen antreibt, wie auch GitHub Copilot für die weltweit 150 Millionen Nutzer der Github-Plattform, Entwickler von Open-Source-Software, bereitstellt. Github gehört seit 2018 zu Microsoft. Bloomberg schätzt, dass langfristig 75 Prozent der Github-Nutzer Copilot einsetzen werden und erwarten deshalb, dass sich die Copilot-Erlöse auf Github von 1,1 Milliarden für 2024 bis 2032 auf mehr als 37 Milliarden vervielfachen. Softwareentwickler sind bereit, für KI zu bezahlen. OpenAIs Exklusivität gilt bis 2030. Sie früher zu beenden, ist ein hohes Risiko.

Hinweis: Dieser Text stammt aus der BÖRSE ONLINE 22/25. Hier geht es zum Heft.

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