Tilmann Galler, Experte bei J.P. Morgan Asset Management verrät uns im exklusiven Interview, warum US-Aktien in den kommenden Jahren wohl weniger gut laufen werden und welche Anlagen und Aktien er jetzt empfiehlt.

BÖRSE ONLINE: Sie haben ja mit Ihrem Haus J. P. Morgen Asset Management einen langfristigen Kapitalmarkt-Ausblick gegeben und kürzlich veröffentlicht. Da waren einige spannende Sachen enthalten. Sie erwarten, dass es mit US-Aktien in den nächsten Jahren gar nicht so viel Rendite geben soll wie mit Aktien aus den Schwellenländern und Europa?

Tilmann Galler: Ja, ich denke schon. Denn wenn wir mal auf die Aktienmärkte schauen, dann hatten wir eine sehr, sehr lange Phase der US-Outperformance. Gerade auch gegenüber dem Rest der Welt. Es war schon außergewöhnlich, was passiert ist. Und das hinterlässt natürlich auch die Spuren bei den Bewertungen. Und wenn wir die Bewertungsseite anschauen, kommen langsam die anderen Regionen für uns etwas in den Vordergrund. Das heißt also gerade auch, wenn wir in die heimische Region nach Europa schauen oder teilweise nach Japan und in die Schwellenländer, sind da zumindest aus längerfristiger Sicht die Ertragsaussichten sogar etwas besser als für die US-Aktien. 

BÖRSE ONLINE: Sollten Anleger dann jetzt ihre US-Aktien verkaufen?

US-Aktien verkaufen und umschichten?

Tilmann Galler: Aber ich glaube, gerade wenn man den US-Aktienmarkt anschaut, muss man da auch etwas fair und vorsichtiger sein. Denn wir erleben ja momentan eine enorme Marktkonzentration. Gerade auch jetzt in diesem Jahr. Die Kursbewegungen beim S&P500 wurden durch sehr wenige Unternehmen verursacht. Von den großen Glorreichen sieben, den Mega Caps, die nicht nur den Kurs, aber eben auch die Bewertung von US-Aktien nach oben gebracht haben. Aber wenn man mal außerhalb der Glorreichen Sieben den US-Markt anschaut, dann findet man bei den 493 anderen Werten sehr gute Aktien. Da sind auch aus langfristiger Sicht die Ertragserwartungen gar nicht so schlecht. Das heißt, wenn man mal ein reines Zahlenwerk nehmen, trauen wir in den nächsten 10 bis 15 Jahren US-Aktien für Euroinvestoren 5,3 Prozent pro Jahr zu.

BÖRSE ONLINE: Auf welche Aktien und Märkte sollten Anleger dann jetzt besser setzen?

Tilmann Galler: Zunächst mal ist auch unsere erwartete Rendite der US-Aktien nicht schlecht. Das ist durchaus ordentlich, mehr als Inflation. Man kann auch weiterhin realen Kapitalsteigerung erzielen, aber kann nicht ganz mithalten mit den Erwartungen für Europa-Aktien von knapp acht Prozent. Aber da muss man dann auch vorsichtig sein. Denn man kann mit US-Aktien die Renditen erhöhen, wenn man mehr auf Dividenden schaut, wenn man etwas mehr auf die Substanzwerte schaut, da kann man noch nach unseren Schätzungen noch mal über ein bis anderthalb Prozent mehr als die 5,3 Prozent erwirtschaften. Und ein weiterer Punkt: Der Dollar ist für uns eine relativ teure Währung und wir erwarten einen fairen Kurs gegenüber dem Euro in 10 bis 15 Jahren von 1,31. Das heißt nichts anderes, als dass wir im Schnitt eine Abwertung von 1,7 Prozent pro Jahr erwarten. Und das ist natürlich auch ein gewisser Gegenwind, dann auch für die US-Aktien. Auf Lokalwährungsebene sieht es gar nicht so schlecht aus. Und wenn man vielleicht auch währungsgesicherte Strategien nimmt, dann kann man da auch noch mal etwas höhere Rendite erzielen.

Wie es mit Immobilien, Künstlicher Intelligenz und Small- und Mid-Caps weitergeht und welche Ertragserwartungen Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege für die DACH-Region und Osteuropa bei J. P. Morgan Asset Management, für die einzelnen Märkte hat, das erfahren Sie jetzt im exklusiven Video-Interview auf unserem Youtube-Kanal BÖRSE ONLINE.

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