Für Autos aus den USA wird der Zollsatz nach einem von Präsident Recep Tayyip Erdogan unterzeichneten Dekret auf 120 Prozent verdoppelt, berichtete das Amtsblatt "Resmi Gazete" am Mittwoch. Bei alkoholischen Getränken werde er auf 140 und bei Tabak auf 60 Prozent angehoben. Auch für andere Waren gelten künftig höhere Zölle, darunter Kosmetika, Reis und Kohle. Insgesamt entsprächen die Zollerhöhungen 533 Millionen Dollar, sagte Handelsminister Ruhsar Pekcan nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Das Verhältnis zwischen den Nato-Partnern ist wegen verschiedener Themen angespannt. Zugespitzt hat sich der Streit wegen des US-Pastors Andrew Brunson. Ein Gericht lehnte dessen Antrag ab, aus dem Hausarrest in der Türkei befreit zu werden und Reisefreiheit zu bekommen. Brunsons Anwalt sagte Reuters, die nächst höhere Instanz werde nun über den Fall entscheiden.

Ankara zeigte sich am Mittwoch überzeugt, dass die Probleme mit Washington beigelegt werden können. Die USA müssten nur ihre Versuche aufgeben, die türkische Justiz zu beeinflussen, sagte Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin. Wenn die USA eine konstruktive Haltung einnähmen, sei man zur Fortsetzung der Gespräche bereit. Ein Treffen zwischen Erdogan und US-Präsident Donald Trump sei aber nicht geplant. Zur Ankündigung der USA, die vereinbarte Lieferung von F-35-Kampfflugzeugen auszusetzen, sagte Kalin, die Türkei würde in einem solchen Fall rechtliche Maßnahmen prüfen.

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Bereits am Dienstag hatte Erdogan als Reaktion auf eine Anhebung der Zölle durch die USA Sanktionen gegen den iPhone-Hersteller Apple angekündigt. "Wir werden einen Boykott über elektronische Produkte aus den USA verhängen", sagte er. Der Handelsstreit mit der weltgrößten Volkswirtschaft ist einer der Gründe für den Absturz der Lira, die seit Jahresbeginn fast 40 Prozent an Wert verloren hat und zu Wochenbeginn auf ein Rekordtief von 7,24 zum Dollar gefallen war. Inzwischen hat sich der Kurs etwas stabilisiert: Der Dollar verbilligte sich um sieben Prozent auf 5,89 Lira.

Ein Grund dafür: Die Bankenaufsicht schränkte Devisen-Tauschgeschäfte heimischer Institute mit ausländischen Investoren weiter ein. Diese Devisen-Swaps dürfen künftig nur noch 25 Prozent des Eigenkapitals einer Bank ausmachen. Bei derartigen Transaktionen werden Devisen gekauft. Zugleich wird vereinbart, sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzugeben. Geldhäuser nutzen diese Geschäfte beispielsweise, um sich gegenüber Wechselkursrisiken abzusichern.

Neben dem Handelszwist trugen zur Währungskrise auch Befürchtungen bei, Erdogan könnte sich massiv in die Wirtschaft und die Währungspolitik einmischen. "Eine glaubwürdige politische Wende würde den negativen Entwicklungen höchstwahrscheinlich ein Ende setzen", sagte Damien Buchet vom Anlagehaus Finisterre Capital. Noch halte die Türkei das Steuer in der Krise selbst in der Hand.

Viele Investoren haben inzwischen kalte Füße bekommen, wie sich an den Abflüssen aus börsennotierten Indexfonds (ETF) ablesen lässt. Ein bei ausländischen Anlegern beliebter ETF, der iShares MSCI Turkey vom Vermögensverwalter Blackrock, hat seinen Börsenwert innerhalb von fünf Wochen nahezu halbiert. Momentan beträgt sein Wert 155 Millionen Dollar, nachdem er Mitte Juli einen Höchststand von 276 Millionen verzeichnet hatte. Alarmiert ist auch die Schweizer Notenbank, da der Franken angesichts der Lira-Krise wegen seines Status als sicherer Hafen merklich aufgewertet hat. Sollte er weiter an Wert gewinnen, halten Analysten neuerliche Interventionen der Währungshüter für möglich, um die Schweizer Währung künstlich zu schwächen.

Da Pastor Brunson nicht ausreisen darf, hat Trump die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei verdoppelt. Ermittler werfen Brunson Verbindungen zu dem in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gülen vor, der nach Darstellung der Regierung hinter dem Putschversuch vor zwei Jahren steckt. Die USA hatten am Dienstag mit weiterem wirtschaftlichen Druck gedroht, sollte Brunson noch länger festgehalten werden. Die USA sind für die Türkei der viertwichtigste Importpartner mit einem Volumen von zwölf Milliarden Dollar im vergangenen Jahr. Umgekehrt exportierte die Türkei für knapp neun Milliarden Dollar in die Vereinigten Staaten, die damit der fünftgrößte Exportkunde des Landes sind.

rtr