Wenn die ganz Großen der Welt Politik machen, geht es oft auch um diese kleine Insel im südchinesischen Meer: Taiwan. So auch in der laufenden Woche, in der US-Präsident Joe Biden zu einem virtuellen Demokratiegipfel 110 "fest etablierte und jüngere Demokratien" eingeladen hat. Nicht dabei ist die Volksrepublik China, stattdessen aber Taiwan. Für Peking ein übler Affront! Denn die "Insel Taiwan", so heißt es aus Chinas Regierungskreisen immer wieder, sei kein souveräner Staat, sondern lediglich eine abgespaltene Provinz der Volksrepublik.

Wie ernst es China damit ist, zeigt der Fall Litauen. Weil in der dortigen Hauptstadt Vilnius gerade ein Repräsentationsbüro Taiwans unter offiziellem Namen eröffnet wurde, hat China von heute auf morgen den Handel zwischen den beiden Ländern eingestellt. Vollständig.

In Taiwan selbst - einer seit Ende der 80er-Jahre höchst lebendigen Demokratie - hat man ebenfalls immer wieder mit Provokationen seitens des großen Nachbarn zu tun, etwa mit ständigen Militärmanövern. Doch trotz der Drohgebärden scheint eine Eskalation des Konflikts, also ein Angriff Chinas auf Taiwan, unwahrscheinlich - wegen der militärischen Präsenz der USA in Südostasien.

Dass es in der Region ruhig bleibt, ist auch für die Weltwirtschaft von immenser Bedeutung. Taiwan ist ein extrem wichtiges Glied in den Lieferketten der Welt. Ohne Komponenten - namentlich Halbleitern - "made in Taiwan" geht in vielen Branchen nichts. Etwa in der Autoindustrie oder im Bereich der elektronischen Konsumgüter. Man erinnert sich an den Bettelbrief des damaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier an das taiwanische Wirtschaftsministerium, in dem er wegen der Chip-Knappheit um Hilfe für deutsche Autobauer bat.

Prägnant formuliert: Auf der Insel werden die vermutlich besten Halbleiter der Welt entwickelt. Stellvertretend für die Dominanz in diesem Bereich steht Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, kurz TSMC, der größte Auftragsfertiger der Welt. Das Unternehmen ist mit über 53 Prozent Anteil weltgrößter Chip-Auftragsfertiger noch vor Samsung mit gerade einmal 18 Prozent.

TSMC fertigt dabei extrem hochwertige Chips für Smartphones, Laptops, E-Autos und Grafikkarten. Auf der Kundenliste findet sich das "Who is Who" der modernen Firmenwelt, so etwa Apple, Tesla, Nvidia. Allein Apple macht 25 Prozent des TSMC-Geschäfts aus. Auch Halbleiterunternehmen, die früher selbst fertigten, haben angesichts der technologischen Überlegenheit der Taiwaner ihre Produktion nach Fernost ausgelagert: Sogar Chip-Größen wie Intel und AMD lassen teilweise bei TSMC fertigen. Ebenso die deutsche Firma Infineon, die für Chips für den Automobilbereich bekannt ist.

Der weltweite Bedarf ist derart groß, dass die Produktionsstätten von TSMC zu 100 Prozent ausgelastet sind. Das Unternehmen expandiert daher. In Kaohsiung, einer Großstadt im Südwesten, entsteht eine neue Fabrik, wie der Hersteller bestätigt. Auch in Japan und den USA sollen Werke gebaut werden, was Neuland ist für TSMC.

TSMC ist auch an der Börse in Taipeh ein dominanter Faktor. Mit einer Marktkapitalisierung von rund einer halben Milliarde Euro macht die Aktie allein 29 Prozent des Börsenwerts des Leitindex Taiex aus. Beim MSCI Taiwan, den die hierzulande gehandelten ETFs abbilden, sind es derzeit gar 32 Prozent.

Industrieparks von Nord bis Süd

Mit etwa 15 Milliarden Euro Marktkapitalisierung ist ASE deutlich geringer gewichtet als TSMC, schafft es aber dennoch auf die Liste der 20 größten Unternehmen der Insel. Und es ist ein wichtiges Unternehmen, ein heimlicher Champion: Mit einem Marktanteil von 25 Prozent ist ASE Weltmarktführer, wenn es um die Montage und das Testen von Chips geht. ASE montiert Halbleiter in entsprechende Gehäuse oder setzt sie auf Platinen. Das Unternehmen führt also die letzten Schritte in der Chipherstellung durch, sobald die Komponenten aus den Fabriken kommen und bevor sie schließlich an die Kunden ausgeliefert werden. Auffallend positiv ist die Bewertung des Unternehmens, die im einstelligen Bereich liegt. Das ist ungewöhnlich in einer Branche, in der Bewertungen in den 50ern und 60ern an der Tagesordnung sind, wie man etwa bei der japanischen Lasertec oder bei ASML aus den Niederlanden sieht.

Abseits der größeren Firmen gibt es viele kleinere, gerade in Europa unbekanntere Zulieferer des Tech-Sektors. Ganze Industrieparks ziehen sich auf der Westseite der Insel von Norden bis in den Süden. Dies wiederum spricht für ein Investment in die Börse Taipeh insgesamt. Am besten per ETF, wovon es vier gut gehandelte an den deutschen Börsen gibt. Alle orientieren sich am MSCI Taiwan-Aktienindex, der die Wertentwicklung der 88 größten börsennotierten Unternehmen des Landes wiedergibt.

 


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