Einer der bekanntesten Sprüche von Börsen-Altmeister André Kostolany lautete: "Investiere bei einem Goldrausch nicht in die Goldgräber, sondern in Schaufeln." Gemeint ist damit, bei einem neuen Trend nicht direkt in die Boomfirmen - also die Goldgräber - zu investieren, sondern in die Werkzeuge oder Technologie, die dem Boom zugrundliegen, also die Schaufeln. Denn während einige Unternehmen in einem neuen Trend sehr groß werden können, scheitern gleichzeitig viele. Dagegen sind die Hersteller der Werkzeuge oder Technologie so etwas wie eine sichere Bank. Diese machen zwar vielleicht nicht so spektakuläre Höhenflüge wie die Stars der Goldgräber, dafür bleibt deren Entwicklung aber viel nachhaltiger und man ist vor unliebsamen Überraschungen geschützt. Wenn man zu Beginn des Internetzeitalters auf die heutigen Stars Amazon und Google (Alphabet) gesetzt hat, war man in den Top-Goldgräbern investiert. Gleichzeitig gab es aber eine Vielzahl von Firmen, die völlig in der Versenkung verschwunden sind oder sogar pleitegingen.

Der Goldrausch am Kryptomarkt fand in diesem Jahr im DeFi-Bereich statt. Viele Token aus diesem Bereich verzeichneten fantastische und teilweise auch völlig überzogene Kursgewinne von mehreren Hundert Prozent in kürzester Zeit. Zuletzt schlug das Pendel aber um und viele zuvor hochgejubelte DeFi-Token stürzten ab. Ein Paradebeispiel dafür ist der SushiSwap-Token. Anfang September bei 11 Dollar gestartet, hat er seither einen Wertverlust von fast 95 Prozent erlitten. SushiSwap ist dabei eine Kopie der erfolgreichen dezentralisierten Kryptobörse Uniswap. Dies zeigt einen der negativen Auswüchse des DeFi-Booms, nämlich einem erfolgreichen Projekt durch simple Kopie Marktanteile abzujagen. Diese Entwicklung wird schon als Protokollkrieg bezeichnet.

Die Vielzahl der DeFi-Token sind bezogen auf den obigen Spruch die Goldgräber. Ethereum liefert dagegen die Schaufeln. Denn praktisch alle DeFi-Token laufen auf der Ethereum-Blockchain, egal ob es sich um dezentralisierte Kreditvergaben, Verzinsungsangebote, Yield Farming oder synthetische Derivate handelt. Dies hat zuletzt dazu geführt, dass das System überlastet war und die Transaktionsgebühren bei Ethereum in die Höhe schossen. Seit 2 Monaten lagen die Gebühren höher als beim Bitcoin, die längste bisher gesehene Periode. Abhilfe könnte die schon lange erwartete Einführung von Ethereum 2.0 bieten und die Skalierungsprobleme lösen. Bis die Probleme gelöst sind, wird es allerdings noch dauern. Deswegen drängt sich die Frage nach möglichen Interimslösungen auf, die gerade wieder diskutiert werden.

Trotzdem bleibt Ethereum im Bereich Smart Contracts das, was Bitcoin im Bereich digitales Gold ist, nämlich unangefochtener Marktführer. Dies zeigt sich auch bei den Stable Coins, die ständig an Bedeutung gewinnen. Die Zentralbank von Singapur hat gerade dem Zahlungsinstitut Xfers die Ausgabe eines digitalen Singapur-Dollars genehmigt, der auf der Ethereum-Blockchain läuft. Die Ausnahmestellung von Ethereum spiegelt sich auch in der Performance wieder. Seit Jahresbeginn konnte Ethereum über 180 Prozent zulegen und damit mehr als das Dreifache des Bitcoins. Zwar kam der Preis gegenüber dem Bitcoin seit Anfang September wieder etwas zurück. Ein Blick auf den Langfristchart gegenüber dem Bitcoin zeigt aber weiter erhebliches Potenzial (vgl. den ETH/BTC-Chart unten). Ethereum könnte deshalb den Bitcoin auch in Zukunft weiter deutlich outperformen.